| Abraham MelzerNeu Isenburg, 7. Oktober 
            2002
 
 Jüdisches Museum BerlinzHv Frau Cilly 
            Kugelmann
 Lindenstr. 9-14
 10969 Berlin
 
 Ausstellung: "Ich bin kein Antisemit" 
             
 Sehr geehrte Frau Kugelmann,  die neue Ausstellung im Jüdischen Museum, die unter dem 
            Titel "Ich bin kein Antisemit" von Ihnen, sozusagen als Debüt zu 
            Ihrer Ernennung als Programmdirektorin im September 2002, 
            organisiert und eröffnet worden ist, und die Sie als "die schmutzige 
            Wäsche der Antisemiten" genannt haben, macht mich ratlos und zornig. 
            Denn diese Ausstellung tut genau das, was in einem der ausgestellten 
            Briefe zu lesen ist: Sie bringen die Juden in Deutschland "in ein 
            schlechtes Licht". Ich weiß nicht warum ich bei dem Nachdenken über 
            diese Ausstellung immer wieder auch an die berühmt, berüchtigte 
            Nazi-Ausstellung "entartete Kunst" denken muss. Heute wie damals 
            werden Menschen an den Pranger gestellt. Damals wurden Künstler 
            ausgestellt, deren Bilder "undeutsch" waren und heute werden Briefe 
            und Mails ausgestellt, die angeblich "antisemitisch" und deshalb 
            offensichtlich "deutsch" sind. Auch wenn Sie das nicht expressis 
            verbis in Ihrer Pressemitteilung sagen, so wird es aber von den 
            meisten verstanden.  Damals stellten die "Deutschen" die entartete Kunst der 
            Juden und "Undeutschen" an den Pranger und heute stellen die "Juden" 
            die entarteten Briefe von "Deutschen an den Pranger, mit derselben 
            Absicht wie von den Nazis gewollt, die Schreiber und Urheber dieser 
            Mails und Briefe als "entartet" zu diffamieren.  Damals wurden die Künstler nicht gefragt und nicht 
            benachrichtigt darüber, dass ihre Objekte im Museum ausgestellt 
            werden und heute tun Sie das Gleiche.  Als ob es nicht den Artikel 1 unseres Grundgesetzes 
            gibt, in dem es heißt, dass die Würde eines jeden Menschen 
            unantastbar ist. Als ob es in den Gesetzen der Bundesrepublik kein 
            Gesetz über "Persönlichkeitsrecht" gibt und als ob es keinen Schutz 
            für "Urheber" gibt, die selbst bestimmen dürfen, wem sie ihre Texte 
            überlassen wollen, einem Verlag, einer Zeitung oder einem Museum. Im 
            Leitsatz für das Allgemeine Persönlichkeitsrecht heißt es: "Briefe 
            oder sonstige private Aufzeichnungen dürfen in der Regel nicht ohne 
            Zustimmung des noch lebenden Verfassers und nur in der vom Verfasser 
            gebilligten Weise veröffentlicht werden. Das folgt aus dem in GG Art 
            1, GG Art 2 verankerten Schutz der Persönlichkeit und gilt daher 
            auch dann, wenn die Aufzeichnungen nicht die individuelle 
            Formprägung aufweisen, die für einen Urheberschutz erforderlich 
            ist."  Sie setzen sich über all diese Gesetze und Normen 
            hinweg, als ob diese nicht für das "Jüdische Museum" gemacht wurden 
            und sie in diesem Land "Narrenfreiheit" haben und jenseits von 
            Gesetz und Ordnung stehen, weil Sie eben ein "Jüdisches Museum" 
            sind. Meinen Sie nicht auch, dass gerade eine solche Haltung mehr 
            Antisemitismus verursachen könnte, als all die Briefe, die Sie 
            witzigerweise wie "schmutzige Wäsche" an die Wäscheleine gehängt 
            haben? Wer kam denn auf diese makabere, aber sehr originelle Idee? 
            Die schmutzige Wäsche der Antisemiten? Wer hat denn diese Wäsche 
            gewaschen und aufgehängt? Wer hat denn bestimmt, wer Antisemit ist 
            und ab wann ein Brief oder ein Mail als antisemitisch zu gelten hat? 
             Ist denn ein Bürger, der, an wen auch immer schreibt: 
            "Armes Deutschland, arme Christenheit. Arme FDP." Ein Antisemit? Und 
            wie ist es mit dem Brief oder Mail: "Juden find ich doof."?  Oder ist jemand, der Michel Friedman als "Dandy" 
            bezeichnet und als "typisch deutsches Arschloch" beleidigt gleich 
            ein Antisemit, weil Michel Friedman nicht Michel Friedman ist, 
            sondern "die Juden?"  Oder ist jemand ein Antisemit, der geschrieben hat. "Ich 
            liebe Möllemann und Westerwelle..." oder ein anderer, der 
            festgestellt hat: "Das ach so alte Vorurteil, Juden seien selbst 
            verantwortlich für Antisemitismus, fängt an sich zu bewahrheiten?" 
            Nach welchen Kriterien wurde hier ausgewählt und wer hat 
            entschieden, was "eindeutig antisemitischen und hetzerischen ebenso 
            wie latent antisemitischen" Charakter hat?  Briefe und Mails, "die Unterstützung und Sympathie für 
            Herrn Broder, Michel Friedman oder die Jüdische Allgemeine Zeitung 
            zu Ausdruck brachten", waren wohl leichter zu bestimmen. Wenn die 
            JAZ und Henryk M. Broder "insgesamt", wie Sie in Ihrer 
            Pressemittelung schreiben, 350 Briefe und Mails erhalten haben, und 
            die sogenannten "sauberen" auch darunter sind, dann muss man davon 
            ausgehen, dass "antisemitische" Briefe, wie vielleicht der Folgende, 
            viel weniger sind.  "Ich bin kein Antisemit, ganz im Gegenteil: auf Grund 
            meiner Affinität zur jüdischen Geschichte und Kultur sowie 
            zahlreicher persönliche Kontakte, würde ich mich selbst sogar eher 
            als "semitophil" bezeichnen (was, wie ich weiß, allerdings auch 
            höchst problematisch ist). Aber gerade deswegen plädiere ich 
            vehement dafür, den rassistischen "Artenschutz" für prominiente 
            jüdische Mitbürger in Deutschland endlich aufzuheben! Zur Normalität 
            gehört eben auch, dass legitime Kritik an Juden bzw. israelischer 
            Politik nicht mehr a priori tabuisiert werden darf, denn genau diese 
            moralische Privilegien schüren den Unmut und Antisemitismus in der 
            deutschen Bevölkerung." Und woran, bitte sehr, haben Sie erkannt, 
            dass es sich hier um einen antisemitischen Brief handelt?  Haben wir nicht "Meinungsfreiheit" in diesem Land? 
            Dürfen ungescholtene Bürger nicht ihre Meinung in Briefen und Mails 
            zum Ausdruck bringen? Und haben wir nicht Gesetze, die die Intimität 
            und Würde der Absender schützen? Wer gibt Ihnen eigentlich das Recht 
            solche Bürger öffentlich zu verurteilen und an den Pranger zu 
            stellen, bzw. ihre Meinung auf einer Wäscheleine zu hängen und sie 
            als "schmutzige Wäsche" zu bezeichnen? Meinen Sie nicht auch, dass 
            diese Praxis schon im Mittelalter fragwürdig und inhuman war? Und 
            müssen Sie, bzw. das Jüdische Museum Deutschland "schmutzige Wäsche" 
            waschen und zum "Austrocknen" aushängen, um der Welt zu zeigen, dass 
            es in Deutschland doch noch mehr als zweihundert Antisemiten gibt? 
            Haben die soeben stattgefundenen Wahlen nicht ganz was anderes 
            gezeigt? Oder haben Sie es verpasst die Aussage des Präsidenten des 
            Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, zur Kenntnis zu 
            nehmen, "dass in der Bundesrepublik eine gesunde und funktionierende 
            Demokratie herrscht."? Wenn dem so ist, warum und wozu diese 
            Ausstellung? Oder ging es Herrn Broder darum, dass die Juden nicht 
            wieder "zur Tagesordnung übergehen", weil sie nach seiner Meinung 
            "den Antisemitismus nicht verstehen."? Hätte es dann nicht gereicht, 
            wenn man diese Wäscheleine im Foyer der Jüdischen Gemeinde in Berlin 
            gezogen hätte? Oder die Briefe in der Jüdischen Allgemeinen Zeitung 
            abgedruckt, wohin sie auch adressiert waren? Mails wie "Juden finde 
            ich doof" passen allerdings besser in das Forum von Henryk M. 
            Broder, wo sich viele gleichgesinnte Fans auf diesem Niveau 
            ausdrücken  Glauben Sie, dass dass Sie mit dieser polemischen und 
            niveaulosen Ausstellung zum guten Ruf des Jüdischen Museums 
            beigetragen haben? Ein Besucher schrieb mir, dass man das Ganze 
            "besser" nicht im Museum ausgestellt hätte. Und er schließt seine 
            Mail mit: " Eines kann ich Ihnen aber versichern: es lohnt sich 
            nicht, wegen dieser "Ausstellung" nach Berlin zu kommen."  Auch ich habe früher "antisemitische" Briefe erhalten. 
            Ich habe sie so entsorgt, wie jeder von uns solchen widerlichen 
            Tinnef entsorgt.  Wenn es sich nur darum handeln würde, dann würde ich es 
            unter der Rubrik "Peinlichkeiten" einordnen und schnell vergessen. 
            Leider hat aber ihre "Ausstellung" eine Qualität, die das Ganze zu 
            einem öffentlichen Skandal macht. In Ihrer Pressemitteilung weisen 
            Sie ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei den Exponaten um 
            "Briefe an den Journalisten Henryk M. Broder und die Allgemeine 
            Jüdische Wochenzeitung" handelt, die während der sehr erhitzten 
            Debatte zwischen Möllemann und Friedman im Frühjahr dieses Jahres 
            bei den Empfängern eingegangen sind. Meine Frage an das "Jüdische 
            Museum", ob es sich "ausschließlich" um Briefe und Mail an diese 
            zwei o.g. Andressen handelt, "oder gibt es auch andere Beiträge in 
            der Ausstellung?" wurde mir am 02. Okt.2002 um 16:38 so beantwortet: 
            "Alle ausgestellten Briefe gingen an Herrn Broder oder an die JAZ." 
             Das finde ich deshalb merkwürdig, weil es eine 
            offensichtliche Unwahrheit ist und ich mir nicht vorstellen kann, 
            dass es sich dabei um einen Irrtum handelt oder eine Unachtsamkeit, 
            sondern um eine bewusste Manipulation der Presse und der 
            Öffentlichkeit.  Von verlässlicher Seite ist mir nämlich mitgeteilt 
            worden, dass ein Mail, welches ich am 29.Mai 2002 an den SPIEGEL 
            verschickt habe, in der o.g. "Ausstellung" in einem Ordner zu finden 
            ist. Nicht nur das, im Ordner befindet sich nicht mein Originalmail 
            von 15:35 an den SPIEGEL, sondern die Kopie, die ich drei Minuten 
            später, um 15:38 an die FDP-Geschäftsstelle geschickt habe. Ich 
            frage mich, wie es kommt, das ein Mail an die FDP in einer 
            Ausstellung von Briefen und Mails an "Henryk M. Broder und die JAZ" 
            auftaucht? Wurde es Ihnen zugespielt? Von wem? Ich habe bewusst an 
            den SPIEGEL geschrieben und eine Veröffentlichung dort erlaubt. Zu 
            einer Schaustellung im Jüdischen Museum bin ich nicht gefragt worden 
            und nicht einmal informiert worden. Auch wenn ich zu dem, was ich 
            geschrieben habe, voll und ganz stehe, betrachte ich die Ausstellung 
            meines Mails in diesem von Ihnen zusammengestellten Kontext als eine 
            Beleidigung und Ehrabschneidung. Ich halte die Veranstaltung für 
            eine billige und unseriöse Polemik, die völlig überflüssig ist und 
            die Art und Weise, wie sich Herr Broder als Inquisitor und Richter 
            über "Gut und Böse" aufbläst, halte ich für lächerlich und borniert 
            und den jüdischen Interessen, wenn es solche überhaupt gibt, für 
            äußerst schädlich.  Es kommt aber noch schlimmer. Während Sie meine Mail an 
            den SPIEGEL in den Ordnern zeigen, haben Sie auf eine Wäscheleine 
            einen Beitrag von mir aufgehängt, welches ich im Diskussionsforum 
            der FDP veröffentlicht habe. Reichten Ihnen die Briefe und Mails 
            nicht, dass Sie auch noch in diversen Foren nach Beiträgen gesucht 
            haben? Und warum verschweigen Sie es in Ihrer Pressemitteilung?  Zwar wurde dieser Beitrag in der Tat an die Jüdische 
            Allgemeine von einem mir unbekannten Herrn Ren Lenclud (?) am 
            6.Juni 2002 um 23:42 gemailt, aber schon bei einfacher Sicht kann 
            man erkennen, dass es sich um eine Übernahme des Beitrages eines 
            Autors, der sich "semit" nennt, der auch am 06.06.02 um 18:23 ins 
            Web gestellt worden ist. Zumindest muss man Ihnen hier 
            Schludrigkeit, Ungenauigkeit und unprofessionelles Verhalten 
            vorwerfen.  Was man Ihnen aber am heftigsten vorwerfen muss, ist die 
            Manipulation mit der "schmutzigen Wäsche" der "deutschen" 
            Antisemiten. Wenn Sie auch die vielen Schreiben der anderen Mails 
            nicht gekannt haben können, es sei denn zufällig, so werden Sie 
            nicht leugnen, dass Sie mich kennen und von meiner Zeitschrift SEMIT 
            auch schon was gehört haben. Es wäre also ach hier Ihre Pflicht als 
            "seriöse" Wissenschaftlerin und Programmdirektorin der Presse und 
            den Besuchern mitzuteilen, dass unter den Absender der "insgesamt 
            350 Briefe" auch Juden sind, die offensichtlich nicht aus 
            antisemitischen Impulsen geschrieben haben, sondern allein aus dem 
            Bedürfnis die Herren Friedman oder Broder zu kritisieren. Das ist 
            doch wohl noch erlaubt? Oder muss ich als Jude die eben genannten 
            Herren vorher um Erlaubnis fragen?  Und wenn Sie in einem von mir zufällig entdeckten Fall 
            manipuliert haben, woher habe ich und die Öffentlichkeit die 
            Gewissheit, dass es nicht noch mehr Manipulationen in dieser 
            entarteten Ausstellung gibt? Sie haben bewusst die Presse für Ihre 
            Zwecke instrumentalisiert, wobei ich aber immer noch nicht sicher 
            bin, welche Zwecke das sind. In Ihrer Rede bei der 
            Ausstellungseröffnung haben Sie gesagt, dass es sich bei den 
            Exponaten um "verschriftlichten Stammtisch" handelt. Seit wann wird 
            so was in Deutschland in Museen ausgestellt? Oder sind Sie wirklich 
            davon überzeugt, dass ein Brief, in dem der offensichtlich pubertäre 
            Absender meint, dass die Juden "doof" sind, so wichtig und 
            weltbewegend ist, dass man es ausstellen muss?  "Erschütternd" soll ein Ausstellungsgast die Exponate 
            gefunden haben. Leider wissen wir nicht wie er das gemeint hat. Und 
            ein anderer Besucher meinte, wohl im Hinblick auf die Verfasser: "Da 
            hilft nur Null Toleranz". Ist das der "Zweck" der Ausstellung? Null 
            Toleranz gegenüber unpassenden Meinungen? Und wenn man dann noch 
            liest, dass dieser andere Besucher "kein Umdenken erwartet", dann 
            stellt sich in der Tat die Frage: Was bedeutet "Null Toleranz"? 
            Sollen die Verfasser so behandelt werden, wie seinerzeit die 
            Künstler durch die Nazis?  Wenn Sie schon die Nazis kopieren wollten, wäre es nicht 
            besser gewesen, Sie hätten die Briefe am "Opern-Platz" in Berlin 
            öffentlich verbrannt? Sie, oder Henryk M. Broder hätten dann in 
            einer großartigen theatralischen Inszenierung vor laufenden Kameras 
            sagen können: "Und ich übergebe hiermit den Flammen die 
            antisemitschen Briefe des Juden Abraham Melzer." Sie hätten auch 
            sicherlich nicht vergessen den israelischen Botschafter einzuladen 
            und den gesamten Vorstand des Zentralrates der Juden in Deutschland. 
             Alles in Allem stelle ich fest, dass die sogenannte 
            "Ausstellung", alles andere als seriös ist. Sie ist "polemisch, 
            perfid und gehässig", alles Attribute, die in der Frühjahrsdebatte 
            sowohl Friedman wie auch Broder angehängt wurden. Und wenn Sie jetzt 
            unter der Assistenz von Herrn Broder und unter Missbrauch 
            öffentlicher Gelder, den Deutschen wohl einen Spiegel vorhalten 
            wollen, in dem sie eine hässliche Fratze sehen sollen, dann haben 
            Sie möglicherweise genau das Gegenteil erreicht, dass man nämlich in 
            diesem Spiegel eine verlogene und heuchlerische Fratze sieht. Raten 
            Sie mal wessen?  Aus den o.g. Gründen fordere ich Sie hiermit auf mein 
            Mail aus allen Ordnern zu entfernen und mir die Ausführung bis 
            spätestens Freitag, den 11.Oktober zu bestätigen. Sollte mir eine 
            solche Bestätigung bis zum o.g. Zeitpunkt nicht vorliegen, werde ich 
            juristische Mittel in Anspruch nehmen.  Abraham MelzerHerausgeber 
            und Chefredakteur von
 SEMITTIMES - das jüdische Meinungforum
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