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Das Schweigen der Sieger der Geschichte
   
Gysi, Stasi & Co

Seit Jahren wehrt sich Gregor Gysi gegen die Darstellung, er habe der DDR-Staatssicherheit Informationen zugetragen. Egal ob er Spitzel, Informant oder Inoffizieller Mitarbeiter genannt wurde, stets beteuerte er seine Unschuld. Energisch ging er mit Klagen oder Unterlassungsbegehren gegen Berichte, Gutachten, Artikel oder Interviewäußerungen vor, bis hin zum Bundesverfassungsgericht.

Gysi führte auch an, die Stasi habe ihn schon 1980 für ungeeignet befunden. Insofern könne er kein Spitzel gewesen sein. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen ihn, weil er eine falsche Eidesstaatliche Erklärung über seine Kontakte zur Stasi abgegeben haben soll. Mehr bei www.zeit.de ...

Kommentar Al: Ich halte Gysi für einen der fähigsten, weil schlitzohrigsten Politiker, die zurzeit aktiv sind. Er hat nur ein entscheidendes Problem: Er war und ist in der falschen Partei.

Aus durchsichtigen Gründen werden jetzt wieder Stasi-Vorwürfe gegen ihn erhoben. Es ist Wahlkampf und Gysi ist der Spitzenkandidat von Die Linke. Die Motivation für diese Aktion ist genau so klar und eindeutig wie die Tatsache, dass Gysi Teil der Stasi war. In seiner Funktion als Anwalt von Regimekritikern war das notwendig und systemimmanent. Aber es spricht (im Gegensatz zu IM Sekretär ...) für die Cleverness von Gysi, dass es dafür keine gerichtsfesten Beweise gibt.

Wer nach "IM Notar" googelt, erhält 5.490 Dokumente, immer noch 3.550 bei "IM Notar" + Gysi. Der "gesunde Menschenverstand" sagt jedem, der in diesen Dokumenten liest, das kann nur Gysi gewesen sein. Wer sonst? Aber vor Gericht zählt der "gesunde Menschenverstand" nichts. Das ist eine entscheidende Schwachstelle des Rechtsstaates, und mit der spielt Gysi virtuos.

Ich bin sicher, man wird ihm auch jetzt keinen Meineid nachweisen können. Es gibt keine neuen Beweismittel. Aber seine politischen Feinde haben mal wieder die Vergangenheit ans Licht gezerrt. Fraglich, ob ihnen das nützt. Sie sollten sich lieber mit Vehemenz und Sachverstand auf die aktuellen Probleme konzentrieren: Bildungssystem, Schuldenkrise, Umwelt, Energiesparen ...

 

Vorteile im Dunstkreis der Macht

 

In jeder Diktatur gibt es Menschen,
deren Überlebensstrategie ist es,
sich im Enddarm der Herrschenden
häuslich niederzulassen.
Wer Intelligenz, aber keine Größe besitzt,
tut gut daran, nach dem Ende der Diktatur
diese Schäbigkeit als Tugend zu verkaufen.

Wer als Anwalt in der DDR arbeiten wollte,
hatte dazu, wie viele andere auch, 
im Enddarm der SED 
seinen Platz einzunehmen. 
Dazu zu stehen, hätte Größe vorausgesetzt.

Quelle: www.freitag.de ...

 

 

Sprachlose Kommunisten

70 Jahre lang wähnten sie sich als Sieger der Geschichte und im Besitz der einzigen, "wissenschaftlichen Weltanschauung". Dann kam unerwartet schnell der Absturz. Totalschaden. Warum haben die Altkommunisten Stalins Terror klaglos hingenommen und danach eisern geschwiegen? Siehe: Apparat ohne Seele Und warum schweigen die vielen "Gesellschaftswissenschaftler" der DDR und ihre vormalige und jetzige Partei zu der überaus spannenden Frage, warum das gesamte "Sozialistische Lager" und mit ihm die DDR sang- und klanglos implodiert sind? Siehe: Kuczynski's Erben und Linke Vergangenheitsbewältigung ...

 

Intelligenz ohne Format und Haltung

Beide Fragen werden mit diesem Zitat beantwortet: Sie schämen sich, diese Leute. Sie schämen sich, dass sie ihr ganzes Leben kopflos (aber mit wissenschaftlicher Weltanschauung ...) einem idealistischen Phantom hinterhergerannt sind und sie haben nicht den Mut und den Willen, sich diesen fundamentalen Irrtum einzugestehen.

Sie haben keinen Arsch in der Hose.

Damit verharren sie weiter in Schockstarre und Selbstbetrug, und stricken an Legenden. Dagegen würde in der Analyse dieser Fehleinschätzung auch die Chance eines Neubeginns liegen. Dazu aber bedarf es eines erheblichen Masses an menschlicher Grösse. Eine Partei umzubenennen und auf ein Parteiprobramm zu verzichten, ist wesentlich einfacher.

 

 

Jürgen Albrecht, 03. März 2012
update: 04.05.2013

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