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Bilder aus Ostfriesland 2/3

 

 

Moor und Moorbauern
Moor und Heide sind typisch für das Hinterland der Nord- und Ostsee. Nördlich von Emden und westlich von Aurich erstreckten sich noch vor 300 Jahren riesige Moorflächen. Sie sind nach der letzten Eiszeit entstanden und wachsen nach der Faustformel: Ein Meter Torf in 1.000 Jahren. Zwei Moormuseen habe ich mir angesehen, eines liegt in Berumerfehn, nicht weit weg vom Ewigen Meer, das andere in Moordorf. Besonders dieses Museum ist sehenswert, denn Moordorf wurde gegründet, nachdem 1765 König Friedrich II das Urbarmachungsedikt erlassen hatte: Das Moor soll trocken gelegt werden, um es landwirtschaftlich nutzbar zu machen.
Im Moormuseum von Moordorf ist zu sehen, was das für eine unsägliche Schinderei war. Der hier bis zu sechs Meter dicke Torf wurde abgestochen, entwässert und als Brennstoff verkauft. Kanäle wurden zur Entwässerung angelegt. Daraus wurde das Wasser mit Windmühlen abgepumpt, aber auch der Torf wurde über diese Kanäle transportiert. Die Moorbauern wohnten zuerst in Sodenhütten, es gab nicht einmal Lehm. Die Erträge des Torfstechens und der Landwirtschaft reichten kaum für das Überleben aus. Unvorstellbar, wie die Moorbauern, unter einem Dach mit vielen Kindern und einigen Ziegen, die Winter überlebt haben. Aber im Verlauf von 250 Jahren hat sich durch sie die Landschaft völlig verändert. Typische Moorlandschaften gibt es heute nur noch in der direkten Umgebung der grossen Meere und sie stehen jetzt unter Naturschutz!
Der Spruch der ersten Siedlergeneration hat sich bewahrheitet: Dem Ersten der Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot. Aber bis zum Brot hat es nicht drei, sondern der Arbeit von sechs bis acht Generationen gebraucht.


Hochmoor am Ewigen Meer


Am Ewigen Meer


Torfabbau in Moordorf


Noch im Jahr 1905 hat man im Schrank geschlafen - anders waren die Winter nicht zu überstehen

 

Ostfriesentee aus Leer
„Leer ist eine kleine, aber sehr lebhafte und nahrhafte Stadt. Die Häuser sind beinahe alle aus roten Ziegelsteinen gebaut. Sie stehen mit den Giebeln in die Strasse und sind sehr bunt und burlesk. Die Strassen sind gut gepflastert und werden abends durch Laternen erleuchtet. In der Stadt herrscht durchgehend eine grosse Reinlichkeit. Das ganze gewährt einen freundlichen Anblick und gibt zugleich die Idee von der Wohlhabenheit der Einwohner.“ So beschreibt J. G. Hoche, Doktor der Philosophie aus Ravensberg, 1798 den Flecken Leer in Ostfriesland.
Die Stadt an der Leda wurde wohlhabend durch die Leineweberei und den Hafen. Hier wurde nicht nur Fischfang betrieben, sondern die Schiffe fuhren bis dahin, wo der Pfeffer wächst. Mit Pfeffer, Tee, Wein und chinesischem Porzellan konnte man gute Geschäfte machen. Reiche Bürgerhäuser und nicht zuletzt das stattliche Rathaus, höher als alle Kirchen, zeugen noch heute davon. Kein Wunder, dass mein Grossvater sein Leben lang nichts mit der Kirche am Hut haben wollte. Er wurde hier im Jahre 1867 als armer Schlucker geboren. Er lernte Klempner und arbeitete auf der Insel Norderney, bevor er auf die Wanderschaft ging. Er kam nicht mehr nach Leer zurück: In Schlesien nahm ihn meine Oma in die Arme und liess ihn nicht mehr los. Opa arbeitete viel und gut und am liebsten in Kupfer. Alle fünf Kinder mussten mit anfassen. Er brachte es zu einem grossen Betrieb, der Klempner- und Dachdeckermeister. Aber 1945 war alles vorbei …


Im Bünting-Tee-Museum in Leer - von hier kommt seit 1806 der Ostfriesentee!
Der Tee wurde mit Schiffen aus Indien geholt und bei Bünting in Leer verarbeitet.


Reiche Bürgerhäuser in der Altstadt von Leer


Das Rathaus von Leer mit der Waage, direkt am Hafen

Solche Kupferdeckungen waren die Spezialität meines Grossvaters


An diesem Kriegerdenkmal von 1871 ist schon mein Grossvater vorbei gegangen


Was hat er von diesem Spruch am Denkmal gehalten?
Er war weder opferwillig noch kampfbereit.
Er war Klempner.

 

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