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Stürmische Nacht ... Seite 2/3

Trotz weißem Rauschen und dem Schreien von Möwen, Gänsen und Enten, die auch bei diesem Wetter und in dieser Nacht unterwegs waren. Immer wieder hatte ich dabei das herrliche Gefühl, im Trocknen und im Warmen bequem zu liegen, während es draußen reichlich ungemütlich war!!

Um 7 Uhr wurde der Countdown für den Zeltabbau gestartet: Ich stand auf und räumte den gesamten Inhalt des Zeltes in meine beiden Rucksäcke. Schlafsack, Luftmatratze, Wäsche, Sleepy, Steine, Essen, Thermometer, Taschenlampe usw. Draußen, unter dem Vorzelt, standen nur ein paar Wasserflaschen. Die klapperten bei ganz gewaltigen Böen vor Angst und zeigten an, daß das jetzt Windstärke 6,5 war. Den Rest aus Saft- und Wasserflaschen füllte ich in meine Trinkflasche um. Dann war alles gepackt und ich hatte mein rotes, langes Regencape an, die Hosen hochgekrempelt und die Sandalen an den nackten Füßen.

Jetzt raus in Regen und Sturm, es ist 7:35 Uhr. Die Rucksäcke raus aus dem Zelt, das Zelt schnell wieder zu, denn sofort gibt es einen Wassereinbruch! Einen Rucksack hinten, einen vorn, so laufe ich durch die Dünen (ca. 300 Meter) zum Waschraum. Dort deponiere ich die beiden Rucksäcke. Dann wieder zurück zum Zelt mit zwei blutenden, großen Zehen. Aus völlig unerfindlichen Gründen sind sie seit zwei oder drei Tagen von den Supersandalen aufgescheuert: Sonnenbrand?

Jetzt kommt der schwierigste Teil der Operation: Das Zelt muß bei Wind und Wetter abgebaut werden, möglichst ohne dabei das Innenzelt mehr als nötig naß zu machen und möglichst, ohne alles im nassen Sand zu wälzen! Schwierige Forderungen! Zuerst ziehe ich alle kurzen Heringe raus, mit denen das Zelt auf der Düne 'angenagelt' ist. Dann ziehe ich die Alu-Folie unter dem Zelt hervor und stecke sie in den vorbereiteten Müllsack, in dem schon Müll und die Wasserflaschen deponiert sind (da kann er nicht wegfliegen, der Müllsack). Heringe kommen in den Zeltsack. Jetzt hängt das Zelt nur noch an den Sturmleinen. Aber es steht noch und es will abheben, weil jetzt der Wind auch von unten unter das Zelt pfeifen kann. Gefährlich! Woher kommt der Wind? Von vorn: Also ziehe ich erst die beiden langen Heringe von hinten raus. Jetzt klappt der hintere Alu-Bogen zusammen und der Wind will das Zelt als Fahne benutzen. Ich klappe schnell auch den vorderen Bogen um – schon ist der Windwiderstand fast Null. So kann ich die vorderen Heringe aus dem Sand ziehen und dann packe ich das ganze Zelt an den beiden Alu-Bögen wie an Henkeln an: Sofort reißt es der Wind waagerecht (mit allen Leinen!) in die Luft! Vorteil: Wasser und Sand werden vom Sturm kräftig abgeschüttelt.

 

So laufe ich auf den Waschraum zu: Das Zelt steif im Wind stehend in der rechten Hand, Müllbeutel mit den Flaschen und Zeltsack mit den Heringen in der linken Hand. In der Mitte ein roter Ballon: mein Regencape. Ein Bild für die Götter ! Leider kein Foto.

Als ich am Waschraum ankomme, habe ich gewonnen und es ist ungefähr 8 Uhr. Sandalen von den blutenden Füßen (es sieht viel schlimmer aus, als es tatsächlich ist). Barfuß gehe ich in den bereits geöffneten kleinen Laden und hole mir 1,20 DM für die leeren Flaschen zurück. Danke. Dann wasche ich im Fußwaschbecken den Sand von den Heringen und von meinen Füßen, klebe Pflaster auf meine Wunden und ziehe die warmen Socken an, die ich für diesen Fall schon im kleinen Rucksack parat habe. Das Überzelt wird vom Innenzelt gelöst und auf dem gekachelten Fußboden zusammen gelegt. Es ist kaum Sand dran. Dann erst werden die beiden Zeltbögen (Alu-Steck-Gestänge) demontiert. Das war der entscheidende technologische Trick, den ich mir in der Nacht überlegt hatte: Hätte ich diese Bögen draußen im Sturm auseinander genommen, wären sie ersten kaputt gegangen und zweitens wäre ein geordneter Rückzug mit diesem Zelt dann nicht mehr möglich gewesen. Es erweist sich eben immer wieder als Vorteil, einen Ingenieur bei solchen Unternehmungen dabei zu haben! Jetzt können die beiden Zeltteile zusammengerollt und in den Sack gesteckt werden, Gestänge und Heringe dazu – alles ist erledigt. Das Zelt ist zwar naß, aber ordentlich und heil im Sack.

Jetzt muß nur noch der große Rucksack aus- und wieder neu eingepackt werden, denn da gehört der Zeltsack hinein. Das geht einfach und schnell, denn das ganze Zeug darin steckt in zwei Müllsäcken (wichtiges Knoff-Hoff wegen der Luftfeuchtigkeit, besonders am Morgen und natürlich bei Regenwetter). Diese Säcke müssen nur rausgezogen werden und genau so einfach ist wieder das Einpacken. Fertig! Es ist 8:30 Uhr und jetzt kann ich mir sogar noch die Zähne putzen. Inzwischen – oh Wunder – regnet es auch deutlich weniger !!! Ich verzichte auf das Regencape und ziehe meine schöne Regenjacke an (Sie ist von erlesener Qualität und von H/H. Erst als ich sie schon gekauft hatte, habe ich einen schwerwiegenden Mangel festgestellt: Sie hat die Farben Schwarz, Rot und Gelb!! Aber es ist so wenig Rot dabei, daß mir das erst später aufgefallen ist.) Dann verabschiede ich mich vom Chef des Campingplatzes mit der vorwurfsvollen Frage, warum er sich denn in der letzten Nacht so schlecht benommen hat. Er betont, sein möglichstes getan, aber das letzte nicht erreicht zu haben. Ich schultere meine beiden Rucksäcke und gehe die paar hundert Meter bis zur Bushaltestelle. Starker Wind, aber fast kein Regen mehr! Nur fünf Minuten muß ich auf den Bus warten.

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