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Inhalts- und funktionslose Kunst

'Die Kunst der Moderne', das ist die Gegenwartskunst oder das, was man jetzt als Kunst bezeichnet. Was waren das doch für schöne, übersichtliche und einfache Zeiten für die Kunst, als 'Künstler' benötigt wurden, um ganz einfach das, was aktuell existierte, abzubilden, um es der Nachwelt zu überliefern. Es gab keine Photographie, keinen Computer, kein Video und kein Rapid Prototyping. Damit gab es keine Bilder, keine bewegten Szenen und keine 3D-Skulpturen, es sein denn, man hatte soviel handwerkliches Geschick und Können, Bilder zu malen und Bildnisse aus dem Marmor zu hauen. Das, was diese Künstler kunstvoll schufen, war der Anfang von Kunst und diese Kunst hatte eine klare Funktion. Das war tausende von Jahren gültig und Motivation von Künstlern und Auftraggebern: Die Künstler sicherten die Unsterblichkeit. Das war auch bis in die Neuzeit noch Motiv genug: Wann hat Goya gemalt? Der Computer sagt es mir: 1746 bis 1828. Bis vor 200 Jahren also war die Welt der Kunst noch in Ordnung, von Stildiskussionen mal abgesehen.

Spätestens aber mit van Gogh (1853 bis 1890) ging die Funktion der Kunst in die Brüche. Man wollte mehr, als nur abbilden. Van Gogh und seine Zeitgenossen wollten das Unmögliche: Wie kann ich mit einem Bild die Stimmung, das Gefühl, den Geruch, das Geräusch ausdrücken und festhalten, alle Emotionen die ein Mensch hat, wenn er ein Feld von Sonnenblumen sieht?? Eine nicht lösbare Aufgabe. Aber die Impressionisten haben ihr Leben an diese Vision gegeben. Interessant ist, daß in diese Zeit die Erfindung der Fotografie fällt.

Die Expressionisten wollten ab Anfang dieses Jahrhunderts das Gegenteil. Weg von der Realität, die Botschaft war wichtiger, war der Gegenstand, der mit künstlerischen Mitteln darzustellen und zu verbreiten war. Picasso und sein 'Guernica' ist ein exemplarisches Beispiel. Aber das ist auch der Beginn der 'Bilderrätsel', die vermeintlich Kunst sind. Symbole ersetzen reale Gegenstände und viele Symbole auf einem Bild erzählen viele Geschichten, einen Roman. Angeblich.

Für mich ist das eine ähnliche Utopie wie die der Impressionisten. Das kann ein Bild oder eine Plastik einfach nicht leisten. Warum schreibt man stattdessen keinen Roman, wenn man so viel zu sagen hat?

Von den Expressionisten hat der Sozialistische Realismus viel gelernt: Kunst muß eine Botschaft haben! Und damit diese Botschaft auch ja jeder versteht, wird der intellektuell hochgestochene Expressionismus simplifiziert: Botschaft ja, aber mit realen Bildern. Das Konzept funktioniert, weil die Spielregeln so schön einfach sind: Sage dem Volk, wie gut, schön und nützlich für alle die Politik der Partei ist und sage es so, daß es auch der Dümmste versteht. Was kommt dabei heraus? Verlogene Reklamebildchen.

Damit ist am Ende dieses Jahrtausends eigentlich alles ausprobiert, was man auf dem Gebiet der Kunst ausprobieren kann. Man weiß, daß Kunst keine konservierende Funktion mehr hat, man weiß, daß Ex- und Impressionismus nicht funktionieren. Was nun, was tun, sprach Lenin? 'Alles ist Kunst !!', antworteten Beuys und Andy Warhol, 'wenn man das den Leuten nur lange genug einredet, glauben sie es schließlich !!' (meine Interpretation). Und genau das ist das Credo der Kunst der Moderne, die, ganz dem Globalisierungstrend folgend, international ist: Alles ist Kunst, wenn man Leute findet, die das glauben !! Unter diesem Gesichtspunkt benötigt die Kunst weder einen Inhalt noch eine Funktion und auch keine Wirkung. Damit ist die blanke Beliebigkeit das entscheidende und gemeinsame Merkmal der Moderne.

Diese Art von Kunst ist in erster Linie Spekulationsobjekt für Risikoanleger, also für Leute, die nicht wissen, wie sie ihr vieles Geld sicher über die unruhigen Zeiten retten sollen. Der Aspekt Kunst als Wertanlage wird dadurch immer wieder mal angeheizt, daß jemand einen van Gogh für 20 Millionen Dollar ersteigert. Das erzeugt 'Anla-gephantasien', eine sehr passende Wortschöpfung der Börsianer.

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