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Das Märchen von der Prinzessin Dania

Es war einmal eine wunderschöne Prinzessin. Die hieß Dania und lebte in dem dunklen Land hinter dem Meer, wo es immer neblig ist und jeden zweiten Tag regnet. Schon als Kind war Dania so schön wie ein strahlender Stern. Alle bewunderten sie und alle wollten das kleine Mädchen anfassen. Ihr Vater war nicht reich, aber auch nicht arm. Alle hatten genug zu essen und zu trinken. Als Dania größer wurde und in der Schule fleißig gelernt hatte, wollte sie Kindermädchen werden. Dania war lieblich anzusehen, hatte Haare aus Gold und eine Haut wie aus Milch und Honig. Sie war klug, freundlich und immer hilfsbereit. Das schönste an Dania aber war, daß sie immer leuchtete und strahle. Am Tag wie eine kleine Sonne, in der Nacht wie ein heller Stern. Das war besonders auffällig, weil es immer so dunkel, neblig und trübe war, in dem Land hinter dem großen Meer. Alle Menschen fragten sich, woher dieses Leuchten kommt. Wer Dania im Wald oder auf einem Feldweg begegneten, wollten das strahlende Mädchen anfassen. Aber Dania war nicht nur strahlend schön, sondern auch edel und gut. Sie wollte armen Leuten helfen, die auf den Feldern arbeiten mußten und nicht auf ihre Kinder aufpassen konnten. Dania spielte mit den Kindern, gab ihnen zu essen und zu trinken und pflegte sie, wenn sie krank waren. So verging die Zeit.

In dem dunklen Land regierte eine strenge und hartherzige Königin. Sie war schon alt, trotzdem wollte sie ihren Sohn, den Prinzen Carlas, nicht zum König machen. ‚Nur noch eine Woche bin ich die Königin, dann wirst Du der König sein!‘ Das sagte sie zu Prinz Carlas jeden Sonntag vor der heiligen Messe. Aber schon nach der Messe hatte sie ihren Vorsatz wieder vergessen. Mit diesem immer gleichen Spruch vergingen Wochen, Monate und Jahre und auch Prinz Carlas wurde alt. Das grämte den Prinzen sehr, denn er wollte nicht immer nur Bogenschießen, Ballspielen, Reiten und aus Langeweile Häuser bauen. Er wollte auch endlich König werden.

Prinz Carlas aber hatte ein großes Geheimnis. Er war von der bösen Fee Cimalla verzaubert und traf sich manchmal ganz heimlich in der Nacht mit ihr. Dann spielte er mit Cimalla grausame und schreckliche Spiele, von denen niemals jemand etwas erfahren durfte. Die Fee Cimalla war nämlich in Wahrheit eine herrschsüchtige, böse Hexe, die sich bloß als Fee verkleidet hatte. Seit vielen hundert Jahren schon wartete sie darauf, Königin zu werden. Als Prinz Carlas noch jung war, hatte sie ihn verzaubert, sodaß er in großer Liebe für die alte Hexe entbrannte. Immer wenn er sie sah, glaubte er, ein strahlend schönes Mädchen zu sehen.

‚Harre nur aus Utures!! Übermorgen wird Prinz Carlas zum König gekrönt und dann bin ich die Königin!‘ Das sagte die Hexe Cimalla jeden Abend zu ihrem Kater, der noch 186 Jahre älter war, als die alte Hexe.

Als sich Prinz Carlas wieder einmal bitter bei seiner Mutter, der Königin‚ beschwerte, daß er immer noch nicht König war, sagte die Königin zu ihm: ‚Mein Sohn, ich verspreche Dir: Du wirst König, wenn Du eine junge, wunderschöne Frau heiratest, die am Tage strahlt wie eine kleine Sonne und in der Nacht wie ein heller Stern. Hat sie Dir zwei Söhne geboren, wirst Du zum König gekrönt !'

Das waren ganz schrecklich schwere Bedingungen, die diese strenge und hartherzige Königin stellte. Wo soll Prinz Carlas eine Frau herkriegen, die am Tage strahlt wie eine kleine Sonne und in der Nacht wie ein heller Stern? Nie im Leben hatte er so eine Frau gesehen. Aber er hatte keine Wahl. Also ließ der Prinz Boten über das ganze Land reiten und nach jungen Frauen Ausschau halten, die schön und strahlend waren, wie Sonne, Mond und Sterne. ‚Bringt mir eine strahlend leuchtende Frau, schon morgen soll die Hochzeit sein!‘ Ein Bote ritt an dem Feld vorbei, an dessen Rande Dania mit den Kindern saß. Sie strahlte so hell, daß er sogleich wußte: Das ist die Prinzessin, die Prinz Carlas heiraten wird! Er setzte sie zu sich aufs Pferd und ritt so schnell er konnte auf das Schloß Windohr, wo Prinz Carlas mit seiner Mutter, der hartherzigen Königin, wohnte. Der Prinz sah Dania und im selben Augenblick verliebte er sich in sie. ‚Morgen schon soll die Hochzeit sein!‘

Und so geschah es. In der großen Kathedrale von Pfefferminz fand die Hochzeit statt. Drei Tage und vier Nächte feierte das ganze Land. Alle Menschen waren zu diesem Fest eingeladen. Und alle konnten sehen, wie Dania strahle. Am Tag wie eine kleine Sonne und in der Nacht wie ein heller Stern. Alle wollten sie anfassen, denn keiner konnte glauben, daß das ein Mensch aus Fleisch und Blut ist. Besonders auch, weil ihre Haut so weiß wie Milch und so golden wie Honig war. Und um sie herum war ein Duft wie von tausend Blumen.

Als alle Töpfe aufgegessen und alle Kannen ausgetrunken waren, gingen alle wieder an ihre Arbeit. Der Prinz und die Prinzessin liebten sich herzlich und bald wurde ihnen der erste Knabe geboren. Wieder gab es ein großes Fest. Und so war es auch, als der zweite Knabe geboren wurde. Das alles sah die alte, hartherzige Königin gar nicht gerne, denn jetzt mußte sie ja bald ihr Versprechen einlösen.

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