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Das Nachwort zur Vorhaut
   
Noch ein letzter Vorhaut-Aufreger

Sein Ärger darüber hat Dunkel zum Dichten veranlasst. "Wetzt das Messer, singt ein Lied, ab die Vorhaut von dem Glied" beginnt ein Gedicht aus Dunkels Feder. "Kinder können sich nicht wehren, darum müssen sie uns ehren", geht es weiter. In einem weiteren Gedicht wendet er sich direkt an Juden, die nicht vom Beschneiden lassen wollen: "Warum ist euer Herz so kalt gegen eure Kinder? Warum ist es so verloren an eure Religion?", fragt er da, um selbst die Antwort zu geben: "Arschlöcher seid ihr alle, blinde Fanatiker".

In Bezug auf das Verhältnis Deutschlands zu den Juden äußerte sich Dunkel als reger Teilnehmer einer Facebook-Gruppe gegen Beschneidung, in der er auch seine Gedichte postete: "Irgendwann ist mal Schluss mit der Erbsünde". Auch über "Kräfte hinter der Politik, die gegen den gesunden Menschenverstand arbeiten", ließ er sich aus.

"Das Machwerk von Herrn Dunkel strotzt nur so vor hasserfülltem Hochmut gegenüber Juden und Muslimen", beklagt der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann. Er empfiehlt: "Die Grünen sollten ihren Kandidaten jetzt ganz schnell zurückziehen und scharf zurechtweisen. Mit seiner arroganten und aggressiven Intoleranz ist er so jedenfalls in keiner demokratischen Partei tragbar."

"Es ist sicherlich legitim, in der Beschneidungsdebatte auch grundsätzliche Kritik zu formulieren", erklären die Landeschefs Anja Piel und Jan Haude in der Antwort auf eine Anfrage der Süddeutschen Zeitung. "Aufgrund der hohen Sensibilität dieser Thematik" sei es aber wichtig, eine "klare Abgrenzung gegenüber antisemitischen und fremdenfeindlichen Einstellungen" zu wahren. Mehr beiwww.sueddeutsche.de ...

Nun hat Dunkel Konsequenzen gezogen. Er werde im Falle eines (eh umwahrscheinlichen) Wahlsieges das Landtagsmandat nicht antreten, teilte Michael Jäger für den Vorstand des Grünen-Kreisverbandes mit. Aufgrund des Landeswahlgesetzes könne er seine Kandidatur aber formal nicht zurückziehen. Mehr bei www.nwzonline.de ...

Kommentar Al: Antimoslemische Karikaturen sind gerade noch tragbar, abfällige Bemerkungen aber über die Beschneidung sind wegen der "hohen Sensibilität dieser Thematik" von der Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt. Gleich taucht Herr Graumann auf und erinnert uns an den Holocaust! Grotesk! Er beklagt die Intoleranz, ich beklage die fehlende Toleranz aller Seiten bei diesem Thema.

Was gehen uns die irrationalen Riten aller Religionen an? Macht doch in Euren Tempeln, Synagogen und Kirchen was Ihr wollt. Aber das sind Eure Privatangelegenheiten! Streit darüber hat in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Lasst Europa mit diesen Banalitäten in Ruhe! Hier geht es nicht um weltbewegende Probleme, sondern um aus der Luft gegriffene Fiktionen ...! So uninteressant wie die Frage, wie viele Spatzen gerade in der Forsythia sitzen.

Heute ist Silvester, morgen geht diese nervöse Erregung weiter, als hätten wir alle keinen Verstand. Prost Neujahr wünscht Al

31.12.2012 15:53

Bundestag erlaubt rituelle Beschneidungen

Der Bundestag hat mit großer Mehrheit das Gesetz zur rituellen Beschneidung von Jungen jüdischen und muslimischen Glaubens beschlossen. 434 der Abgeordneten stimmten am Mittwoch in namentlichen Abstimmung für den von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf. 100 stimmten dagegen, 46 enthielten sich. Mit dem Gesetz wird klargestellt, dass Eltern das Recht haben, ihre Söhne unter Einhaltung bestimmter Standards schon kurz nach der Geburt beschneiden zu lassen.

Zuvor waren Oppositionspolitiker mit ihrem Vorhaben gescheitert, die Beschneidung von jüdischen und muslimischen Jungen erst ab einem Alter von 14 Jahren zu erlauben. Der Gesetzentwurf von 66 Abgeordneten der SPD, Linken und Grünen bekam im Bundestag keine Mehrheit. Nach ihrem Willen sollte auch nur ein Arzt den Eingriff vornehmen dürfen.

Der Abstimmung war eine zweistündige Debatte vorausgegangen, in der bis zuletzt um Details gerungen wurde. Das Recht auf Beschneidung eines Jungen von Geburt an wird künftig im Sorgerecht verankert. Auch religiöse Beschneider, wie sie besonders bei Juden üblich sind, können weiter praktizieren. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte zuvor in Interviews betont, das Gesetz schütze die Religionsausübung in Deutschland. Mehr beiwww.sueddeutsche.de ...

Kommentar Al: Eines der unnötigsten Gesetze, die je beschlossen wurden! Ein Erfolg der jüdischen Lobby. Warum wird dann nicht auch per Gesetz geregelt, in welcher Richtung und wie viel Mal am Tag Muslime zu beten haben? Oder ob und wann Katholiken zur Beichte gehen müssen? Schwachsinn, dass die Bundesregierung das Verfahren religiöser Riten regeln will. Dabei wäre mit ein bisschen Toleranz alles so einfach ... siehe www.storyal.de ...

12.12.2012 17:41

Berlin prescht vor

Religiös motivierte Beschneidungen bleiben in Berlin unter strengen Voraussetzungen straffrei. So müssen Eltern oder Sorgeberechtigte der jüdischen oder muslimischen Jungen künftig dem Eingriff - einer Entfernung der Vorhaut am Penis - ausdrücklich schriftlich zustimmen. „Vorher ist eine Aufklärung über gesundheitliche Risiken zwingend notwendig“, sagte Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) am Mittwoch in Berlin. Zudem müssten die Eltern die religiöse Motivation und Notwendigkeit nachweisen - etwa durch eine Bestätigung ihrer Gemeinde.

Die Beschneidung dürfe ferner nur noch nach medizinisch fachgerechten Standards vorgenommen werden.
„Wir können Ärzte mit der Sache nicht alleine lassen. Wenn diese Kriterien erfüllt sind, bleibt die Beschneidung straffrei“, sagte der Senator. „Es bedarf aber grundsätzlich einer bundesgesetzlichen Regelung.“ Fehle eine der Voraussetzungen, müsse die Strafbarkeit durch die Justiz geprüft werden. Nicht eingeschlossen in die Regelung seien rein hygienische Beschneidungen. Mehr bei www.tagesspiegel.de ...

05.09.2012 13:49

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hält die vom Berliner Senat angekündigte Straffreiheit für Ärzte, die Beschneidungen vornehmen, nicht für ausreichend. Der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan J. Kramer, begrüßte den Schritt zwar als Signal zugunsten der Religionsfreiheit. "Aber die konkrete Zwischenlösung hilft uns nicht weiter." Die jüdischen Beschneider könnten damit zwar solche Eingriffe vornehmen, müssten sich aber im Anschluss einer Einzelfallprüfung und möglicherweise einem Ermittlungsverfahren unterziehen. "Ich frage mich also, worin für uns die Verbesserung liegt", sagte Kramer.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Berlin, Gideon Joffe, formulierte seine Kritik an dem Vorstoß des Berliner Senats drastisch: "Der Vorschlag ist nicht in der Absicht, aber im Ergebnis antisemitisch." Ein Arzt, der auf Beschneidungen spezialisiert sei, werde von allen Juden nur akzeptiert, wenn er jüdisch sei und koscher lebe, sagte Joffe zur Bild-Zeitung. In Berlin gebe es einen solchen Arzt womöglich, in kleineren jüdischen Gemeinden in Deutschland aber mit Sicherheit nicht. Mehr bei www.sueddeutsche.de ...

Kommentar Al: Ich bin weiterhin für deutlich mehr Toleranz. Der Staat sollte nicht religiöse Riten regeln wollen. Vernunft und rechtsstaatliche Prinzipien sind auf Dauer mit religiösen Vorschriften inkompatibel.

06.09.2012 11:46

Nervöse Erregung um die Vorhaut

Das Urteil des Kölner Gerichts zur Strafbarkeit der Beschneidung hat hohe Wellen geschlagen. Der deutsche Ethikrat hat nun seine Zustimmung zu dem umstrittenen religiösen Ritual erkennen lassen – unter Voraussetzungen.

Ja zur religiösen Beschneidung von Juden und Muslimen in Deutschland, aber nur unter Auflagen: Dafür hat sich der Deutsche Ethikrat am Donnerstag ausgesprochen. Geht es nach dem unabhängigen Gremium, sollte das umstrittene Ritual erlaubt bleiben, wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind:

  • eine umfassende Aufklärung über mögliche Risiken,
  • die fachgerechte medizinische Ausführung des Rituals,
  • eine qualifizierte Schmerzbehandlung,
  • und die Anerkennung eines entwicklungsabhängigen Vetorechts der betroffenen Jungen.

Auch international schlägt das Thema weiter Wellen. Der israelische Präsident Schimon Peres hob in einem Schreiben an seinen deutschen Kollegen Joachim Gauck die Bedeutung des „Rituals“ für die „jüdische Identität“ hervor. Mehr bei www.focus.de ...

Ebenso gütig wie unnachgiebig hat sich der israelische Oberrabbiner Yona Metzger in Berlin gezeigt: Allerdings ließen die Ausführungen des Gastes aus Israel wenig Raum für einen Kompromiss im politischen Sinn. Metzger bekräftigte den Geltungsanspruch der Beschneidung als eines der 613 jüdischen Gesetze. Der Ritus besiegle seit 4000 Jahren die Zugehörigkeit zum jüdischen Volk. Und nach dem Gesetz muss jeder Junge am achten Tag nach der Geburt von einem Mohel beschnitten werden – also nicht erst im religionsmündigen Alter von 14 Jahren. Die Beschneidung solle nach den Regeln der Medizin vollzogen werden. Deshalb plädierte Metzger dafür, dass der Mohel wie in Israel einen medizinischen Grundkurs erhalten und zertifiziert werden solle. In einem entscheidenden Punkt zeigte er sich allerdings unnachgiebig: Selbst eine lokale künstliche Betäubung könne es nicht geben. www.suedkurier.de ...

Kommentar Al: Warum gibt es keine strikte Trennung von Staat und Religion? Warum will der Staat sogar das Procedere religiöser Riten festlegen? Warum muss in Deutschland alles gesetzlich bis ins Detail geregelt werden, was sowieso nicht geht? Das ist die Konsequenz eines Rechtsstaates. Für alle Juristen ist ein "rechtsfreier Raum" eine Horrorvorstellung. Gerade deshalb darf man die Gesetzgebung nicht den Juristen überlassen. Toleranz ist an den Grenzen des Rechtsstaates erforderlich, sonst entstehen kleinliche, peinliche und lächerliche Gesetze.

Ausserdem: "Der Ritus besiegelt seit 4000 Jahren die Zugehörigkeit zum jüdischen Volk." Welcher Ritus besiegelt die Zugehörigkeit von Frauen zum jüdischen Volk?! Welche Stellung haben Frauen im jüdischen Volk und warum dürfen sie den Männern in der Synagoge gerade mal zuschauen? Im Zusammenhang mit der nervösen Vorhaut sollte man auch einmal das Frauenbild des jüdischen Volkes hinterfragen ...

24.08.2012 11:34 / 25.08.2012 9:49

 

Was könnte man im Jahr 2012 n. Chr.
und 250 Jahre nach dem Start des Zeitalters der Aufklärung
von einem Rechtsstaat erwarten:

Entweder
Wem die Riten seiner Religion wichtiger sind als rechtsstaatliche Prinzipien,
der sollte dorthin gehen, wo Religion über Recht und Gesetz steht.

Oder
Strikte Trennung von Religion und Staat.
Der Staat akzeptiert Tempel, Kirchen, Synagogen und Moscheen
als exterritoriales Gelände und mischt sich nicht in das ein,
was dort geschieht.
Und natürlich treibt er keine religiösen Steuern ein
und finanziert (u.a.) auch keinen Religionsunterricht.

 

 

Und überhaupt ... Der Klügere gibt nach

Geht die Welt unter
Mit dem Mohel
Ohne die Vorhaut?
Oder mit der Vorhaut?
Wird Deine Vorhaut abgeschnitten?
Oder die Deiner Kinder?
Hast Du überhaupt eine?
Oder droht Dir etwa
Unvermeidlich eine
Körperverletzung
Bei Deiner Defloration?
Kann man wirklich alles
per Gesetz regeln?
Muss man es müssen?
Toleranz ist gefragt
Toleranz, Souveränität
und Gelassenheit
Punkt

 

 

Alon kommt in den Laden und sagt zu Chajm:
"Die Uhr dort, links im Schaufenster, was soll sie kosten?"
Chajm darauf: "Tut mir leid, ich verkaufe keine Uhren."
Alon erstaunt: "Aber warum hast Du Uhren in Deinem Schaufenster,
wenn Du keine Uhren nicht verkaufst?"
Chajm: "Ich bin hier der Mohel. Was soll ich in meinem Schaufenster ausstellen?!"

Und so einfach geht's ...

22.07.2012 14:37 / 01.08.2012 15:55

 

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Kommentar von Volker Heise
 
Die Vorhaut im Sommerloch

Dass die Vorhaut plötzlich zum idealen Sommerthema wurde, hat viele Gründe. Man kann – und jetzt spreche ich als Journalist – sehr vieles darin unterbringen. Ein gerüttelt Maß an Politik, nehmt alles nur in allem: die Sorge vor Islamophobie, Antisemitismus, falscher Ideologie – die ja überall im Vormarsch ist. Und natürlich auch etliches an jenen Glaubensfragen, die heutzutage immer wieder zum Nachdenken anregen: Ist der Atheismus die Zukunft?

Ich verstehe aber, dass der bereits zitierte „Standard“ dem Beschneidungsthema unverzüglich – jedem das Seine – eines über den Missbrauch in der Kirche an die Seite stellt und daneben einen Bericht über eine Plakataktion in der Diözese St.Pölten: „Missbrauchsfälle, Priestermangel, ungehorsames Personal. Die katholische Kirche trägt schwer am eigenen Kreuz.“ Deshalb soll eine Plakatserie „im Stil von Hollywood-Blockbustern“ das angekratzte Image aufpolieren.

Ich bitte Medienkritiker, den Zeitungsleuten die umfangreiche Berichterstattung über die Vorhaut nicht übel zu nehmen. Sie passt, wie gesagt, ins Sommerloch. So wie der Kommentar Ariel Muzicants, der sie mit der Shoah vergleicht. Mit dem Holocaust. Mehr bei http://diepresse.com ...

01.08.2012 18:12

In Israel gibt es natürlich auch unbeschnittene Juden

Das Oberrabbinat hat 400 Beschneidern in Israel die Zulassung erteilt - alle sind religiöse Juden, 20 von ihnen Ärzte, der Chirurg Ran Avidan zum Beispiel. Bereits als junger Mann träumte er immer davon, eines Tages Beschneider - Hebräisch "Mohel" zu werden, erzählt Avidan: "Am Ende meines Medizinstudiums war ich zu Gast bei einer Beschneidung von Freunden und bat den Mohel, mir dies beizubringen. Er sagte sofort zu, und ich begann zu studieren. Meine Frau war damals gerade schwanger geworden - mit einem Jungen - und ich wollte meinen ersten Sohn selbst beschneiden ..."

In den letzten Jahren wächst die Kritik gegen die Beschneider, vor allem nach jeder publizierten Komplikation. Ein Forum im Internet und drei kleine Vereine informieren zudem im Internet über Fehleingriffe. So zwang das Oberste Gericht 2001 den Mohel und Parlamentarier Nissim Zeev den Eltern eines Kindes eine Entschädigung von umgerechnet 160.000 Euro wegen eines Kunstfehlers mit ernsthaften verbleibenden Schäden für den Neugeborenen zu zahlen.

Die Computer-Ingenieurin Ronit Tamir beschloss zusammen mit ihrem damaligen Mann, den Jungen nicht zu beschneiden und gemeinsam mit vier Familien die Organisation "Kahal" zu gründen, eine Abkürzung für "Eltern vollständiger Kinder". Die Gruppe "Kahal" wollte ursprünglich die Eltern von unbeschnittenen Söhnen unterstützen.

Nach zwei Jahren stellte Ronit Tamir jedoch fest, dass diejenigen, die sich bei "Kahal" meldeten, nicht Eltern von Unbeschnittenen waren, sondern Eltern, die einen Jungen erwarteten und überlegten, ob sie ihn beschneiden lassen sollten. Seitdem treffen sich alle zwei Monate Eltern, die unsicher sind, mit Eltern unbeschnittener Kinder. Diese seien überwiegend säkular und gebildet und etwa 30 Jahre alt. Am meisten befürchten sie den Protest ihrer Familien, aber auch eine spätere Diskriminierung ihrer unbeschnittenen Söhne, berichtet Tamir.

"Um die Beschneidungen entwickelte sich eine ganze Industrie - Festhallen und Catering zum Beispiel. Weil immer mehr Israelis einen traditionellen Mohel ablehnen, gehen sie zu einem Chirurg, damit ihr Sohn weniger leidet. Einige Ärzte haben sich in dieser Nische etabliert, auf Kosten der Beschneider. Sie tun das nicht aus moralischen Gründen, sondern weil sie damit viel Geld verdienen." Mehr bei www.dradio.de ...

30.07.2012 18:25

Eine aktuelle Umfrage

Nach einer Emnid-Umfrage für FOCUS halten nur 40 Prozent der Deutschen eine gesetzliche Beschneidungs-Erlaubnis für richtig. 48 Prozent sprechen sich dagegen aus. In Ostdeutschland stellen die Beschneidungsgegner die deutliche Mehrheit: Hier wenden sich 55 Prozent gegen die geplante Legalisierung, die Union, FDP und SPD im Herbst verabschieden wollen. 38 Prozent der Ostdeutschen hält sie für gut. Nur bei Anhängern der Union und der Grünen sind mit 45 beziehungsweise 53 Prozent eine Mehrheit für das Beschneidungsgesetz. Wähler von FDP, SPD und Linkspartei lehnen den geplanten Paragraphen mehrheitlich ab. Mehr bei www.focus.de ...

22.07.2012 11:23

Es gibt keinen vernünftigen Kompromiss

Sieht man sich mit Vernunft die Argumente von Pro und Contra an wird schnell klar, hier gibt es keinen vernünftigen Kompromiss. Der Rechtsstaat muss die Unversehrtheit Dritter schützen und ein von Gott verlangtes Bundeszeichen ist nicht verhandelbar. Einer muss einknicken. Der Bundestag hat es am Donnerstag auch schon ganz schnell getan. Ein paar Rabbis erinnern an den Holocaust und schon funktioniert die Schere im Kopf.

22.07.2012 14:37

CONTRA: Bundestag will Kinderrechte beschneiden

Der Deutsche Bundestag hat mit breiter Mehrheit dem fraktionsübergreifenden Antrag zur "Rechtlichen Regelung der Beschneidung minderjähriger Jungen" zugestimmt. "Ein Armutszeugnis für den säkularen Rechtsstaat", meint gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon in seinem Kommentar.

Die deutschen Parlamentarier hätten heute die Chance gehabt, die Rechte der Kinder zu stärken. Sie hätten die Artikel 19,1 und 24,3 der UN-Kinderrechtskonvention  ins Feld führen können, die Kinder vor elterlicher Gewalt und brutalen rituellen Bräuchen schützen sollen. Sie hätten klarstellen können, dass säkulare Rechtsnormen für alle gelten müssen – auch für Religionsgemeinschaften. Sie hätten nicht zuletzt auch die Gelegenheit gehabt, die Forderungen progressiver Juden und Muslime zu unterstützen, die die archaischen Riten ihrer Vorväter längst überwunden haben und deren ethische Rückständigkeit in aller gebotenen Deutlichkeit kritisieren (siehe die Website der "Jews against Circumcision" ).

Leider hat der Deutsche Bundestag diese einmalige Chance verspielt. Er hat dafür votiert, Kinderrechte zugunsten archaischer Riten zu beschneiden, hat die modernen Werte des säkularen Rechtsstaats überholten religiösen Bräuchen untergeordnet, hat die so wichtigen Initiativen liberaler Juden und Muslime geschwächt und sich zum Büttel all derer gemacht, die ihre Glaubensdogmen partout nicht überdenken wollen, selbst wenn Kinder die Leidtragenden sind. Mehr bei www.giordano-bruno-stiftung.de ...

 

Bundestag für Beschneidung
   

Letzte Meldung: Im "Spiegel" sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, sie sehe große Schwierigkeiten bei der gesetzlichen Absicherung ritueller Beschneidungen.  "Die Sache ist komplizierter, als ein einfaches Sätzchen irgendwo einzufügen, wie sich das einige vorstellen", sagte sie. Die FDP-Politikerin hält es für möglich, dass eine gesetzliche Regelung der Beschneidung am Ende in Karlsruhe landen wird. "Ich schließe nach dieser emotionalen Debatte nicht aus, dass das Gesetz vor das Bundesverfassungsgericht kommt", sagte sie. "Da werden die Richter zu beurteilen haben, ob sie die Grundrechtsabwägung teilen, die wir vornehmen werden."

Indessen zeigt eine Umfrage, dass die Deutschen in der Frage gespalten sind. Laut einer aktuellen Emnid-Erhebung befürworten nur 40 Prozent der Befragten das Vorhaben von CDU/CSU, SPD und FDP; 48 Prozent sprachen sich dagegen aus. Mehr bei www.n-tv.de ...

Kommentar der FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG vom 22.07.2012: "Die jüngsten Missbrauchsskandale haben offenbart, dass Jungen ähnlich oft davon betroffen sind wie Mädchen. Einfühlung ist jetzt auch für diese Jungen möglich, weil wir uns zusehends von hohlen, rohen Männlichkeitsidealen lösen. Doch für Genitalverstümmelung, gärtnerisch verniedlichend 'Beschneidung' genannt, soll das nicht gelten? Hier soll ausdrücklich als rechtlich 'zulässig' definiert werden, was bei Mädchen als strafbar erachtet wird? So sieht es ein Entschließungsantrag des Bundestages vor. Wo bleibt der Aufschrei all der Gender-Forscher und -Beauftragten, die im ganzen Land installiert wurden? Es soll doch ausdrücklich ein geschlechtsspezifischer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit von Jungen normiert werden, nur 'unnötige' Schmerzen sollen ihnen erspart, vermeintlich nötige also offensichtlich auferlegt werden. Immerhin gibt es bei Grünen und manchen Sozialdemokraten erhebliches Unbehagen. In der Union herrscht Schweigen. Oder man folgt der Kanzlerin, die das alles zum Kasperkram erklärt hat: eine Unverschämtheit, zu entschuldigen nur mit der Sorge, dass Rassisten nun wieder einen Anlass zum Hetzen finden."

22.07.2012 8:19

PRO: The Chief Rabbi of Great Britain, Associate President of the CER,
Lord Jonathan Sacks

I gave the shortest speech of my life. Sitting directly opposite the three leaders I said this. “Jews and Europe go back a long way. The experience of Jews in Europe has added several words to the human vocabulary – words like expulsion, public disputation, forced conversion, inquisition, auto-da-fe, blood libel, ghetto and pogrom, without even mentioning the word Holocaust. That is the past. My concern is with the future. Today the Jews of Europe are asking whether there is a future for Jews in Europe, and that should concern you, the leaders of Europe.”

It took less than a minute, and after it there was a shocked silence. We adjourned for lunch, and over it Angela Merkel asked, “What would you like me to do, Chief Rabbi?” I did not have an easy answer for her then. I do now. It is: reverse immediately the decision of the Cologne court that renders Jewish parents who give their son a brit milah, even if performed in hospital by a qualified doctor, liable to prosecution.

Since Hiroshima and the Holocaust, science no longer holds its pristine place as the highest moral authority. Instead that role is taken by human rights. It follows that any assault on Jewish life – on Jews or Judaism or the Jewish state – must be cast in the language of human rights. Hence the by-now routine accusation that Israel has committed the five cardinal sins against human rights: racism, apartheid, ethnic cleansing, attempted genocide and crimes against humanity. This is not because the people making these accusations seriously believe them – some do, some don’t. It is because this is the only form in which an assault on Jews can be stated today. More: www.confeurorabbis.org ...

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dringt laut einem Zeitungsbericht mit Nachdruck auf ein Recht auf Beschneidung. Im CDU-Bundesvorstand sagte die Parteichefin am Montag nach Informationen der „Financial Times Deutschland“ (Online-Ausgabe), sie wolle nicht, dass Deutschland das einzige Land auf der Welt sei, in dem Juden nicht ihre Riten ausüben könnten. „Wir machen uns ja sonst zur Komikernation“, zitiert FTD.de Merkel unter Berufung auf Teilnehmer.
Auch Regierungssprecher Steffen Seibert betonte erneut, die Bundesregierung arbeite nach dem umstrittenen Urteil des Landgerichtes Köln auf eine zügige Lösung hin. In Deutschland sei man seit Jahrhunderten zu dem Schluss gekommen, dass die Beschneidung von Jungen ein akzeptabler Eingriff sei, sagte Seibert. Bereits am Freitag hatte die Bundesregierung angekündigt, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, um den religiösen Ritus weiter zu ermöglichen. Quelle: www.abendblatt.de ...

22.07.2012 8:06

Was sagt der Verstand dazu im Jahr 2012 n.Chr. ?!
Genesis Kapitel 17, Bund durch Beschneidung

Angriff auf das Judentum: www.ftd.de ...

Beschneidung muss legal bleiben: www.rp-online.de ...

Streit verschärft sich: www.abendblatt.de ...

Die Rechtslage 
Der Glaube an die Beschneidungspflicht ist durchaus grundrechtlich geschützt, was bedeutet, dass dem Halter des Glaubens daraus keine diskriminierenden Nachteile erwachsen dürfen. In dieser Hinsicht steht er auf derselben Stufe wie der Glaube, dass Homosexualität eine Sünde ist oder Geschlechtsverkehr nur der Kinderzeugung zu dienen habe. Jede dieser Ansichten, die alle Nichtgläubigen mutatis mutandis natürlich auch für Schwachsinn halten dürfen, sind von einem Recht geschützt, das jeder Mensch "für sich" hat. Abenteuerlich wird es allerdings, wenn Gläubige nun behaupten, ihr Recht auf freie Religionsausübung beinhalte auch das Recht, bestimmte Handlungen "an Dritten" vorzunehmen. Wie jedes andere Freiheitsrecht auch ist die Religionsfreiheit das Recht, andere (in diesem Fall: mit ihren nicht vernunftbasierten Ideen) nicht in meinen persönlichen Bereich eindringen lassen zu müssen. Es existiert also überhaupt erst, um Übergriffe auf die Freiheit anderer zu unterbinden. Wer für sich etwas anderes in Anspruch nimmt, macht sich zu einem expliziten "Feind" der Freiheit. Mehr bei www.heise.de ...

16.07.2012 11:00 / 17.07.2012 9:13

Beschneidung ist Körperverletzung

Wie mit einem Paukenschlag hat das Landgericht Köln mit seinem jüngst veröffentlichten Urteil zur Zirkumzision (Az.: 151 Ns 169/11) eine erstaunliche Feststellung getroffen: Die Beschneidung von Knaben aus religiös motivierten Gründen - in Deutschland bis dahin täglich vollzogen - ist und war schon immer als Körperverletzung strafbar. Angeklagt im Kölner Fall war ein Arzt, der auf Wunsch der muslimischen Eltern an einem vierjährigen Jungen kunstgerecht eine Zirkumzision durchgeführt hat.

Aus den - wenigen - zivilgerichtlichen Entscheidungen zum Thema ergibt sich nur, dass eineBeschneidung ohne Einwilligung des Sorgeberechtigten oder unter Missachtung medizinischer Mindeststandards rechtswidrig ist und zu Schadenersatzansprüchen gegen den Operateur führen kann. Bis zu einer endgültigen Klärung durch die Rechtsprechung oder den Gesetzgeber ist Ärzten und Eltern nur zu äußerster Vorsicht zu raten. Mehr bei www.aerztezeitung.de ...

Die Brit Mila, die Beschneidung eines jüdischen Jungen am 8. Tag nach seiner Geburt, gehört zu den elementaren Geboten des Judentums. Oft gibt es zu Fragen des religiösen Gesetzes, der Halacha, divergierende Meinungen. Was ist an einem Shabbat erlaubt? Wie streng müssen Speisevorschriften befolgt werden? Bei der Beschneidung jedoch sind sich orthodoxe wie liberale Juden einig: Über sie kann nicht verhandelt werden. Und auch unter säkularen Juden ist die Beschneidung weitgehend üblich. Sie macht einen wesentlichen Teil jüdischer Identität aus. 

"Wir sind eine goldene Kette von Tausenden von Jahren. Ich habe das von meinen Eltern, von meinen Großeltern bekommen und die haben das von deren Großeltern bekommen. Es gibt solche Dinge, das ist überhaupt keine Frage da. Unsere Pflicht ist und das steht in der Tora, auch im Talmud, ein Vater muss sein Sohn, wenn der Sohn zu acht Tage kommt, Brit machen. Brit Mila ist nicht eine Sache zu debattieren und das wir unsere Kinder lassen." Mehr bei www.dradio.de ...

Kommentar Al: Unzweifelhaft ist die Beschneidung eine Körperverletzung. Man denke nur an die Beschneidung von Mädchen ... ABER: Die Beschneidung von Knaben UND Mädchen ist kulturell und religiös hoch aufgeladen. Über Riten und Religion aber ist jede Diskussion zwecklos. In beiden Fällen (!) sind Gerichtsentscheidungen fehl am Platze. Gerichte haben die Einhaltung (in der Regel nationaler) Gesetze zu überwachen. Sie haben nicht die Aufgabe, das persönliche Weltbild eines Bürgers zu zensieren. Dann hätten wir wieder eine politische Polizei.

Leider ist es so einfach nicht. Was ist, wenn das politische oder kulturelle Weltbild eines Bürgers und sein Verhalten mit den kulturellen Normen oder den gefühlten "Guten Sitten" seines Landes kollidiert? Das ist bei der Beschneidung von Mädchen der Fall, bei Jungen aber eindeutig nicht. Bestrafung ist aber auch im Fall der Mädchen sinnlos. Assimilation oder Rückkehr in das Heimatland - anders wird es nicht gehen.

06.07.2012 11:28

Festkleidung für Beschneidung

Angebot in der Kottbusser Strasse, 21. September 2012

 

 

Jürgen Albrecht, 22. Juli 2012
update: 31.12.2012

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