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Die blutige Story der Abrolhos Islands ... Seite 4/5

'Ready?' fragt mich Luc fast genau um 9 Uhr, als wir wieder in der Maschine sitzen. Leider ist alles schon wieder zum Abflug bereit, mehr als 4 Stunden darf Luc für 350 Dollar nicht unterwegs sein. Wir heben ab und überfliegen die beiden mit Hütten bebauten Inseln. Nicht ein Schiff liegt hier am Steg: Es ist keine Saison. Jetzt fliegen wir zu der Easter Group der Abrolhos. Diese Inselgruppe liegt 20 Kilometer südlich der Wallabi Islands. Wir fliegen in einer Höhe von 500 Metern, die Sonne scheint, die Wolken sind deutlich höher, als wir fliegen. Jetzt kommt unten das einzige Fischerboot (12 m lang) in Sicht, das wir heute sehen. Luc drosselt den Motor, geht bis auf 200 Meter runter und winkt mit den Flügeln. Die australische Sitte, sich beim Begegnen zu grüssen, gilt also auch noch auf offener See.

Dann kommt die erste Sandbank der Easter Group in Sicht und Luc meint, dass darauf vielleicht Sea Lions zu sehen sind. Er geht ziemlich tief und da liegen tatsächlich ein paar solche grosse Sea Lions! Einem ihrer Brüder (oder war es eine Schwester ?) habe ich heute morgen unter Wasser fast die Hand geschüttelt! Luc fragt, ob er noch einmal über diese Sandbank fliegen soll. Beim zweiten Mal sind auf den Bildern die Seelöwen zu sehen und auch die grosse Vogelkolonie, nicht weit weg davon. Rat Island ist auch mit Hütten bebaut. Auch hier kein Schiff zu sehen. Aber von oben sieht man, welche herrlichen Riffs es hier überall gibt. Tiefe blaue Stellen wechseln mit flachen, hellen Bänken ab. Nur wenige kleine Inseln gibt es hier, die aus dem Wasser herausragen. Das meiste Land liegt dicht unter der Wasseroberfläche: Gefährliche Riffe für die frühen Segelschiffe. Ich mache Bilder, während Luc in 100 bis 200 Metern Höhe Runden über dieser Inselgruppe dreht. Ich bitte ihn, noch mal zu dem 'Boomerang' zurück zu fliegen. Der war nicht in der richtigen Schusslinie. Das wäre meine Insel: Grosse, helle, flache Flächen unter Wasser mit steilen Abhängen und die Korallenbänke an den Rändern kann man deutlich von oben im klaren Wasser sehen! Was ist das hier für eine herrliche Natur! Beim Rundflug über diesem Boomerang entstehen ein paar Bilder mit denen man sich vielleicht vorstellen kann, wo ich heute war und was ich gesehen habe! Eigentlich ist jedes Wort zu schwach, was man darüber schreibt, man muss die Bilder sehen und viel besser noch: Dahin muss man mit dem Schiff fahren und gleich dort bleiben!

Das können wir heute nicht. Von Rat Island aus müssen wir zurück nach Geraldton. Der Rückflug ist nicht so interessant, wie der Hinflug in den Wolken. Jetzt sind die Wolken um uns verschwunden, sie sind weiter an den Horizont gerückt: Wolkenloser Himmel, gleissend helle Sonne und blinkende Wasseroberflächen. Wir überfliegen Geraldton jetzt weiter nördlich, wo sich die Mall und der Port befinden. Auch diese Bilder sind aus dem wackligen Flugzeug sogar mit voll ausgefahrenem Zoom noch etwas geworden.

 

Ich habe die beste Camera der Welt und weiss heute wieder nicht, wie ich die Hälfte der 83 Bilder löschen soll !! Als wir landen ist es 9:50 Uhr und ich habe noch Speicher für genau ein Bild. Dieses letzte Bild zeigt den General Avitation Terminal. Das ist aber nicht der offizielle Airport von Geraldton, sondern ein Terminal für Scenic Flights.

Nachdem Luc wieder das weisse Hemd mit den goldenen Streifen angezogen hat, ist er wieder ganz der offizielle Pilot. Wir verabschieden uns mit Handschlag: 'Vielleicht sehen wir uns mal bei den Jumbos in Tokyo, Singapore oder London wieder!' Er lacht, das ist sein Traum vom Leben in dieser Welt. Nur dafür investiert er jetzt die Zeit, die er hat.
In der 'Luftaufsichtsbaracke' frage ich nach Chris, aber der ist nicht da. Vielleicht ist das gut so. Denn ein paar Tage auf diesen Inseln würden bestimmt teuer werden. Dagegen hätte ich nichts, aber man braucht dort auch unbedingt ein Boot, damit man zwischen den Riffen herumfahren kann. Ausserdem wird man mich nicht alleine auf die Inseln lassen, ein Aufpasser wird sich um meine Sicherheit sorgen wollen ...! Auch mein Privatflugzeug nützt mir nichts, es gibt nur diesen einen Airstrip auf der Wallabi Group. Das alles ist schwierig. Hier liegen die Grenzen eines alleine reisenden Travellers. Mehr als ich heute unternommen und gesehen habe, ist jetzt und unter diesen Umständen nicht zu erreichen. Ich weiss aber, wie schön diese Reefs hier sind. Wenn ich als Einhandsegler unterwegs bin, werde ich hier mal ein paar Monate Station machen.

Am nächsten Tag bin ich mit dem Fahrrad in Geraldton unterwegs. Ich kaufe mir mittags Fish and Chips und fahre ein paar Meter weiter, wo man Sicht auf den Ocean hat: Grosse, schattige Bäume stehen hier, Reste der ursprünglichen Vegetation an dieser feuchten Küste. Hier esse ich die Hälfte von dem Fisch. Er ist sehr gut. Der starke, warme Wind reisst mir das Papier weg. Als ich es wieder hole, stolpere ich über eine alte und sehr grosse Schiffsschraube, vor der ich gesessen habe: Hier ist ja auch das gelbe U-Boot! Ich sitze vor dem Regionalmuseum, das ich noch besichtigen wollte, bevor ich Geraldton in Richtung Norden verlasse. Das kann ich also jetzt gleich tun.

Dieser Teil des Geraldton Region Museum ist ein Marinemuseum, stelle ich fest, als ich hineingehe. Hier geht es besonders um die Batavia. Die blutrünstige Story wird erzählt, die Hebung dieses Schiffes beschrieben und viele Relikte aus diesem Schiff sind hier ausgestellt. Auch eines der 24 grossen Kanonenrohre ist zu besichtigen. Faszinierend, was der Ocean und seine Bewohner in fast 400 Jahren mit so einem riesigen Stück Bronze anstellen! Starke und lokal sehr unterschiedliche Erosionen. Manche Stellen sind völlig unversehrt. Eigenartig.

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