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Eine Nacht voller Licht und Farbe 2/4


1:45 Uhr

Es ist Zwielicht, die Weissen Nächte. Ewiger Sonnenuntergang. Tief unten in den Tälern ist es ziemlich dunkel, kommt man nach oben sieht man plötzlich einen strahlend hellen Himmel mit rot angeleuchteten Wolken, die wie glühende Holzkohle aussehen. Regenvorhänge in Blau und Rot vor einem Himmel in Magenta. Das ist einfach unglaublich. Ich fahre die ganze Nacht mit der CD von Beethoven, herrliche Klaviermusik. Nie werde ich diesen Sonnenuntergang vergessen - und er hört einfach nicht auf!

Als ich oben auf dem flachen Gipfel bin, sehe ich wieder so einen strahlenden Himmel in allen Schattierungen von Rot und Blau. Als ich im Bett liege ändert sich das Bild nicht und gegen zwei Uhr (ich kann mich auch im Bett nicht vom Fenster mit diesem Sonnenuntergang lösen) frage ich mich, wie will es die Sonne nur schaffen in ein paar Stunden drüben auf der anderen Seite wieder aufzugehen?! Da drüben, wo der Mond steht. Denn den gab es in dieser Nacht auch noch! Ich bin sogar genau in der Zeit unterwegs, wo es auch astronomisch Vollmond ist: 1:39 Uhr. Allerdings war der Mond nur selten zu sehen, er stand tief und da gab es oft keine Sicht und dichte Wolken.

Heute Morgen löst mein Astronomieprogramm SkyMap das Rätsel dieses endlosen Sonnenuntergangs: Von meinem Bett aus habe ich den Sonnenaufgang gesehen: Um 2:03 Uhr war Sonnenaufgang. Offiziell ist die Sonne ist um 23:39 Uhr untergegangen. Aber sie hat praktisch nur den Horizont berührt um danach gleich wieder aufzugehen. Fast in der gesamten Zeit bin ich im astronomischen Zwielicht gefahren. Gestartet bin ich am 05. Juno um 23 Uhr noch vor dem Sonnenuntergang. Als ich nach zwei Uhr einschlief, war es der 06. Juno und die Sonne war schon wieder aufgegangen! Die Sonne stand zu dieser Zeit fast genau im Norden!

Dieses Schauspiel kann man nur in der Nähe des Polarkreises und um diese Jahreszeit beobachten. Ekliptik und Horizont fallen um diese Zeit fast zusammen, denn ich bin hier nur noch zwei Grad vom Polarkreis entfernt und der 21. Juno (Sonnenwende) ist nicht mehr weit.

 

Natürlich habe diese Konstellation gekannt. Als ich mich aber für die Nachtfahrt entschied, habe ich kaum an die Weissen Nächte gedacht. Wieder einmal habe ich mich vorher nicht ausreichend informiert. Das aber war gut so. Denn dadurch habe ich diese Fahrt im Zwielicht rein emotional erlebt und nicht mit der rationalen Kenntnis der astronomischen Konstellation vermischt. Dieser Himmel, dieses Licht, dieser permanente Sonnenuntergang haben mich tief beeindruckt.

Mit den Fotos habe ich eine bleibende Erinnerung an diese helle Nacht, allein in der Natur. Es war eine einzige Orgie in Blau und Rot, klare Farben, herrliche Strukturen der Wolken am Himmel ... Diese Emotionen sind im wahrsten Sinne des Wortes unbeschreiblich. Und auch das ist gut. Man kann nicht alles beschreiben und fotografieren. Vieles kann man nur erleben. Und in dieser Nacht habe ich meinen längsten Sonnenuntergang erlebt!


8:05 Uhr

Die Bilder, die ich heute gegen 8 Uhr fotografiert habe, zeigen den enormen Kontrast zu der hellen, farbigen Nacht und der entsprechenden Stimmung. Am Morgen stand die Sonne schon sehr hoch, aber es war bedeckt und grau. Es nieselt zeitweise sogar. Erst jetzt (10:16 h) ist im Süden ein Stück blauer Himmel zu sehen. Hohe Schichtwolken, aber die Gipfel rundum am Horizont sind frei, relativ gute Sicht.

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1:09 Uhr