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Festgefahren im Talkeetna River 2/3

Die Rettung ist nahe !

Wie sich das gehört, gehe ich zuerst in das Roadhouse. Aber das ist ein Hotel und man ist mit dem Frühstück beschäftigt. Mit Fahrzeugen und mit der Strasse hat man heute im Roadhouse nur noch wenig zu tun. Trotzdem sind die Staffs sehr hilfsbereit, man gibt mir die Nummer einer Reparaturwerkstatt. Dort meldet sich nach einigen vergeblichen Versuchen (wo ist meine Brille, wo die Quarters ...?!) auch jemand, aber er meint, das wäre kein Job für ihn. Zu schwierig und er besitzt nicht die geeignete Ausrüstung.

Was bleibt mir anderes übrig, als Leute auf der Strasse anzusprechen: Alle sind in gelöster Stimmung, viele Gäste sind in Talkeetna, denn gestern war Wochenende und heute ist Memory Day, Feiertag. Ein Mann mit einem grossen 4WD will mir helfen, aber alle seine Freunde, die er anruft, sind entweder noch im Bett oder nicht zu Hause! Es ist Holiday und blendendes Wetter! Ich frage im General Store und man rät mir, gegenüber in das historische Hotel mit Bar zu gehen. 'Da ist einer mit Bart, der kann Dir mit Sicherheit helfen!' Das Hotel ist zu. Aber darin bewegen sich Leute. Nach einigem Klopfen wird mir geöffnet. Sofort ist den drei etwas verwilderten Männern klar, dass ich ein grösseres Problem habe und dass hier ein unverhofftes Geschäft winkt. Rich sagt: 'Als erstes müssen wir uns die Lage mal ansehen gehen!'

Rich ist vielleicht 40 Jahre alt, gut gebaut und eindrucksvoll tätowiert. Er wohnt hier in der Nähe und auf die Frage, was er denn so macht meint er, 'Na, ich leben eben hier von dem, was sich so ergibt. Hanging around. Was für ein schöner Tag heute, nicht wahr !?' Wir steigen in sein schon seit mindestens 10 Jahren schrottreifes Auto, mit dem er mich bestimmt nicht retten kann, und fahren zum Fluss. Das ist nicht weit, höchstens 400 Meter. Mein schöner Pick-up Camper steht da drüben mit gesenktem Kopf im Wasser. Inzwischen aber ist es 10 Uhr und offensichtlich steigt das Wasser. Vorhin war die Sandinsel, über die ich noch gefahren bin, deutlich grösser! Rich schätzt die Lage kritisch ein. Um diesen Truck raus zu ziehen, braucht man ein langes Seil und eine starke Maschine. Beides hat er nicht. Wo kriegen wir die Ausrüstung her? Wir fahren zurück, er berät sich mit seinen Kameraden und es wird telefoniert. Wieder ergebnislos, alle guten Freunde sind nicht zu erreichen. 'Da hilft nichts', die in solchen Sachen erfahrenen Männer sind sich einig, 'wir müssen die Profis alarmieren !! Das wird teuer, aber anders können wir Deinen schönen Camper nicht vor dem steigenden Wasser retten!'

 

Rich telefoniert mit einer Towing Company in Trapper Creek und die Männer sagen auch sofort zu. In 30 bis 40 Minuten werden sie hier sein, 30 Meilen liegen zwischen Trapper Creek und Talkeetna. Ich mache von Rich ein Foto, wir verabschieden uns und verabreden, uns nach der Rettung wieder zu sehen. Ich gehe zum Fluss, wate zurück zum Auto und jetzt erst gibt es ein schnelles Frühstück, im Wasser und im Stehen.

Um 11 Uhr rattert es im Wäldchen gegenüber am Fluss und ein klappriges, blaues Kranauto steht am Ufer. Begeisterte Begrüssung: 'Das Problem werden wir lösen !!' Aber wie ?! Dieses Rettungsfahrzeug besitzt keinen Allradantrieb, ist schon längst ausgemustert, aber es hat eine Seilwinde an Bord! Die beste Variante scheint zu sein, meinen Camper rückwärts wieder auf die Sandinsel zu ziehen. Da bin ich erst mal sicher, allerdings noch nicht an Land ...! Wie aber kommt der Abschleppwagen ohne 4x4 auf die Sandinsel? Hier geht es nicht, zu viel Sand. Wir gucken uns den anderen Zugang an: Der ist heute erst recht unbefahrbar, zu tief, zu schmal und zu viel Wasser. Es bleibt nur eine Möglichkeit übrig: Ich muss mit einem langen Seil an Land gezogen werden. Das Seil wird ausgerollt, und von Anfang an ist klar, es fehlen 150 Feet - mindestens 50 Meter!

Aber das ist für diese Retter kein Hindernis, so schnell geben sie nicht auf! Sie kennen jemanden in Talkeetna, der so ein Seil hat. Sie fahren wieder ab und ich hoffe, sie kommen wieder.

Kaum sind sie weg, taucht Rich mit dem nächsten Auto auf, das mich retten will: Er hat (ohne meinen Auftrag ...!) einen Kumpel mobilisiert und der steht jetzt mit einem sehr solide wirkenden Fahrzeug am Ufer. Der junge Mann macht einen besseren Eindruck, als die beiden abgerissenen Schmiermaxen, aber auch er kann mit seinem Truck hier nichts ausrichten. Die Maschine ist angeblich zu schwach, er würde auch im Sand stecken bleiben! Aber er weiss Rat: Er muss nicht nach Trapper Creek, sondern in die Gegenrichtung. Dort, auch 30 Meilen entfernt, steht der richtige Truck, der mich hier raus schleppen wird!

Nun bin ich in einer heiklen Lage: Mit dem per Telefon herbei gerufenen Abschlepper habe ich mich nach Begutachtung der Lage mit Handschlag schon auf 100 Dollar Erfolgsprämie geeinigt. Danach tauchte ungerufen der zweite Retter auf. Wer von diesen beiden selbstlosen Helfern soll mich jetzt retten ?! Der glückliche Zufall hilft mir aus der Klemme, denn die beiden Autofritzen kommen mit ihrem Abschleppwagen zurück an den Tatort. Sie bringen ein Seil, ein paar Ketten und auch einige Leute mit. Die Rettungsaktion am Memory Day wird zur Volksbelustigung in Talkeetna, Riverside. Die beiden potentiellen Retter unterhalten sich und der zweite ist der Meinung, die Leute mit der Winde werden es schaffen. Er borgt ihnen noch ein paar Ketten, weil das Seil immer noch nicht lang genug ist und kassiert, während die anderen schon kräftig werkeln, erst mal 35 Dollar für seine (nicht bestellte) Anfahrt. Rich ist nicht mehr zu sehen, er hat sich verdrückt. Unklare Verhältnisse sind eine gute Gelegenheit, schnell mal ein paar Dollars zu machen ...!

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