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Nach Skagway zur Fähre 1/2

In knapp drei Wochen muss ich in Elk Point, Canada, sein. 250 Kilometer westlich von Edmonton. Dort möchte ich am 29. July sehen, wie meinem Enkel Constantin das canadische Abitur überreicht wird. Nach Canada zurück will ich nicht auf dem Alaska Highway fahren, sondern mit dem Schiff durch den Alexander Archipelago (der 'Pfannenstil' von Alaska). Nur auf diesem Wege sind solche Städte wie Juneau und Ketchikan zu erreichen. In Whitehorse ist es mir nicht gelungen, ein Ticket für die 'Inside Passage' zu beschaffen. Ich muss nach Skagway, dem nördlichen Ausganspunkt dieser Fährverbindung.

Um 15:30 Uhr habe ich meine Geschäfte in Whitehorse erledigt. Auf dem Alaska Highway fahre ich in Richtung Süden. Bald kommt der Abzweig nach Skagway, ein harmloses Schild: 180 Kilometer bis zum Ferry Terminal. Das Wetter ist schlecht. Es ist sehr windig, der Himmel und die Berge hängen voller grauer Wolken. Es fängt ziemlich heftig an zu regnen, als ich vielleicht 20 Kilometer auf dem HWY 3 gefahren bin.

Zuerst sind nur die Hausberge von Whitehorse zu sehen. Dann taucht ziemlich weit weg ein hoher, weisser Gipfel auf, von der Sonne wie mit einem Scheinwerfer beschienen. Ich versuche, dieses Bild zu fotografieren (s.o.), aber am Anfang bin ich zu weit weg und dann ist dieser hohe Gipfel, dessen Namen ich nicht herausbekomme, nur noch schemenhaft zu sehen, eingehüllt in Regenschleier. Es regnet auch am Emerald Lake. Ein See mit intensiven Farben in Magenta. Sehr schön, aber trotz Regen überfallen mich die Mücken schon beim Fotografieren.

Wie ein Paukenschlag öffnet sich die Sicht und die Regenwolken sind weg, als ich den Bennet Lake erreicht habe. Was für ein herrliches Bild: Ein Tal gabelt sich, hohe Berge, eiszeitliche Tröge, unverkennbar, und unten ein sehr grosser See. An diesem See fährt man entlang und es kommen immer höhere Berge in Sicht, schneebedeckt und unbeschreiblich weiss. Auch der Name des Sees ändern sich, obwohl es der gleiche See ist, an dessen rechter Seite sich die Strasse an den steilen Berg klammert: Windy Arm, Tutshi Lake.

Eine spektakuläre Stelle ist erreicht, wenn die Eisenbahn die Strasse kreuzt und eine Strasse nach Bennett abzweigt. Um ein sehr breites Tal gruppieren sich riesige, schneebedeckte Berge. Das verrückteste aber ist, dass man beim Blick in dieses Tal denkt, da unten liegt eine Millionenstadt...! Weit ist das Tal von hier oben einzusehen. Es ist durchzogen von kleinen Flüssen und Seen, niedriges Unterholz, Hügel, Felsen, Schnee und Eis, eine hoch komplexe Oberfläche. Nach meiner Schätzung ist das Tal acht Kilometer breit und fünfundzwanzig Kilometer lang.

 

Genug Raum für eine grosse Stadt. Aber da unten steht nicht ein Haus, lebt kein Mensch. Was ist das für ein seltsames Tal ?!

Offiziell ist das der Summit Lake. Tatsächlich aber ist es der Untergrund eines Gletschers, den es vielleicht vor tausend Jahren hier noch gab. Es ist das Gletscherbett, in dem die Reste des Gletschers zu Wasser wurden. Die ganze Gegend besteht aus Granit und das Tal ist in Längsrichtung strukturiert, in der Fliessrichtung des ehemaligen Gletschers. Keine starken Verwitterungen, auch Humus hat sich kaum angesammelt, keine Bewaldung, nackte Felsen, höchstens bedeckt mit niedrigen Nadelhölzern und vor allen Dingen mit Flechten. Und überall Eis, Wasserlachen und kleine Seen.


Summit Lake

Man hat den Eindruck, als hätte man gestern hier noch die Eisreste des Gletschers sehen können. Das denkt man, weil es hier tatsächlich viel Eis gibt. Aber es ist das Eis der angetauten Wasserflächen, die Reste des Winters. Auch das Eis auf dem Summit Lake ist noch nicht ganz getaut und es liegt noch Schnee. Immerhin steht man hier auf einer Höhe von gut eintausend Metern.


Windy Arm

Diese eiszeitliche Landschaft zu sehen ist für mich wahnsinnig interessant. Seit ich mich im Jahr 1993 fast 6 Wochen lang in Norwegen nur mit Gletschern befasst habe, liebe ich Gletscher! Ich stelle das Auto ab und steige in diesen interessanten Granitklippen herum. Ich finde keine Schrammspuren, die in Norwegen allgegenwärtig sind. Auch das spricht dafür, dass hier nur Toteis gelegen hat und langsam getaut ist.

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Die 'Millionenstadt' am Summit Lake

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