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Regen und Sonne am Portage Gletscher 2/4

Inzwischen habe ich in meinen Büchern alles über den Portage Gletscher gelesen. Dieser Gletscher liegt am Ende des Turnagain Arm. Der Name stammt von Captain James Cook. Auf seiner dritten Reise ist er 1778 bis ans Ende dieses Fjordes gesegelt und dann enttäuscht wieder umgedreht (turn again). Er suchte auf dieser Reise einen nördlichen Schifffahrtsweg vom Pacific zum Atlantik und stellte fest, dass es so einen Weg nicht gibt. Im Cook Inlet segelte er bis nach Anchorage. Gegenüber von Anchorage hisste er die englische Flagge. Anchorage ehrt Cook in vielfältiger Weise, weil er dafür gesorgt hat, dass Alaska auf der Weltkarte erschien. Auf dieser Reise ist Cook über den Arctic Circle bis zu einer Breite von 70° 41' vorgedrungen. Dort zwang ihn das Packeis zur Umkehr. Was dieser Mann mit seinem einfachen Segelschiff alles gesehen hat! Seltsam, dass ich hier wieder Captain Cook begegne, der mich schon in Australia an so vielen Stellen fasziniert hat.

Allerdings war Cook in Alaska nicht der erste. Vitus Bering hat mit russischen Schiffen schon 1741 die Westküste von Alaska erreicht. Er stellte fest, dass es besonders auf den Aleuten und in Südalaska viele Pelztiere gibt. In der Folgezeit (russische Periode) entwickelten sich russische Siedlungen von Pelztierjägern und -Händlern auf den Inseln der Bering See, auf den Aleuten, der Kenai Halbinsel und im Alexander Archipelago. Die Stadt Sitka zum Beispiel wurde als Nowoje Archangelskoje gegründet.

Die wesentlich grösseren Vorgänger des Portage Gletschers haben offenbar in den Eiszeiten der letzten 30.000 Jahre den Turnagain Arm ausgehobelt. Das sieht man besonders gut an einem kilometerlangen, trogförmigen Tal, das 15 Kilometer nach dem Portage Gletscher an der rechten Seite des Seward Highway liegt. Hätte die Eiszeit etwas länger gedauert, wäre auch noch die Landbrücke bis Whittier durchgesägt worden und Kenai wäre heute keine Halbinsel, sondern eine Insel. Auch so können Inseln entstehen.

 

Über diesen Gletscher haben die Tanaina Indianer, Chugach Eskimos, russische Pelzhändler und nicht zuletzt die Goldsucher Boote und Versorgungsmaterial vom Prince William Sound in die Bucht des Turnagain Armes befördert. Daher hat dieser Gletscher seinen Namen: Portage, Transport.

Seit 1914 hat sich der Gletscher um etwa 4 Kilometer zurückgezogen und den 150 Meter tiefen Gletschersee hinterlassen, der mit Wasser und Eisbergen gefüllt ist. Der See ist entstanden, weil der Gletscher eine hohe Endmoräne vor sich her geschoben hat, die jetzt noch direkt beim Visitor Center liegt und den Abfluss blockiert. Leider kann man von dort aus von dem interessanten Gletscher ausser den Eisbergen auf dem See nichts sehen. Er zieht sich auch jetzt etwa 30 Meter pro Jahr zurück. Dramatisch aber war der Rückgang in den Jahren 1940 bis 1980. Hier kann man wieder spekulieren, ob die Erderwärmung auf menschliche Aktivitäten zurückgeht, oder nicht.

Klar ist allerdings, wer den Geisterwald am Ende des Turnagain Armes zu verantworten hat, durch den der Seward HWY nach Anchorage führt: Diese vielen toten Bäume hat nicht die Öl Havarie der Exon Valdez verursacht, wie ich fälschlicher Weise irgendwo gelesen habe. Es existieren auch tote Bäume an Stellen, wo das Öl nie hätte hingelangen können. Das Erdbeben von 1964 hat diese Bäume vom Grundwasser abgeschnitten. Das hält kein Baum aus. Jetzt allerdings gibt es dort wieder Wasser und viele dieser kleinen Seen sind voller Seerosen, leider blühen sie noch nicht. Gute Bedingungen dafür, dass wieder neue Bäume wachsen.

Es regnet pausenlos. Ich übernachte hier und wenn das Wetter morgen nicht besser ist, dann fahre ich nach Anchorage, ohne den Portage Gletscher gesehen zu haben. Bis dorthin sind es nur 90 Kilometer. Zur Not kann ich ja bei besserem Wetter auch noch einmal zurückkommen!

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