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AutoCAD R 13
FÜR ZEHN DOLLAR

12. Februar 1997, Mittwoch, Hanoi

 

Um 8 Uhr ist Frühstück, am Vormittag haben wir frei. Erst um 14 Uhr sind wir mit Van und der Firma FPT in der Hochschule verabredet. Ich gehe nach dem Frühstück die Filme aus Mai Chau wegbringen. Als die Filme abgegeben sind, laufe ich auf der anderen Straßenseite zurück und stehe plötzlich und unerwartet vor einem Compaq Computershop. Ich gehe in den Laden, rede mit den seriös gekleideten, jungen Leuten. Hier ist für Dollars alles zu haben - Hardware und Software. Ein kompletter Rechner ist hier deutlich billiger als in Berlin, ich schätze, er kostet nur 70 %. Eine Festplatte, 1,2 GB kostet 210 US$. Soviel kostet sie bei uns auch. Ein Laserprinter ist 10 bis 20 % billiger. Das tollste aber ist die Software: 'AutoCAD R13, ja, haben wir. Wenn wir es auf Ihrem Rechner installieren, kostet das 10 $. Sie können aber auch eine CD mit AutoCAD R13, MS-Office, PageMaker, CorelDraw und anderer Software für 50 Dollar haben. Eine lizensierte AutoCAD-Version ist teuer, ca. 600 Dollar.'Das ist kaum zu fassen! Aber es ist die Realität, ich habe mir ein schriftliches Angebot geben lassen. Dabei stelle ich fest, dass ich hier bei der Firma FTP bin.

Anschließend gehe ich noch einmal gezielt auf die Suche nach Computershops. In zwei anderen Läden gibt es AutoCAD R13 nur als lizensierte Version zum Preis von 4.000 Dollar. Immer noch fast 50 % billiger als in Deutschland. Die Preise für Festplatten und Rechner sind ähnlich. Unlizensierte Software gibt es hier aber nicht.

Vor der Hochschule, auf dem riesigen Appellplatz: Mr. Ha von der Firma FTP kommt um 14:30 Uhr mit einem Moped auf den Hof gefahren. Große Freude, Begrüßung. Er kommt doch noch, um mir wie vereinbart das schriftliches Angebot zu übergeben: Die Festplatten sind 30 % teurer als bei seiner eigenen Firma, die Preise für einen kompletten Computer sind i.o. aber eine CD mit Norton Commander, PageMaker u.a. (ohne AutoCAD R13) soll 355 Dollar kosten. Ich kommentiere das nicht. Aber wie gut daß ich weiß, was man hier normalerweise bezahlt!

Die ganze Hochschule ist tot und wie ausgestorben. 'Nun habt Ihr selbst gesehen, hier arbeitet niemand, keiner ist da. Es ist immer noch und bis zur nächsten Woche TET-Fest! Ihr müßt jetzt unbedingt wegfahren!!' sagt Van. Wir fahren erst mal zurück in unser Hotel. Morgen um 9 Uhr sind wir wieder mit ihm verabredet, Van will sich bis dahin erkundigen, wie wir nach Hue fahren können.

Wieder zurück laufe ich vom Hotel aus noch einmal zum Computershop. Die neueste, gecrackte AutoCAD Version für 50 Dollar kann ich mir nicht entgehen lassen! 'Leider haben wir diese CD jetzt nicht hier, aber wenn Sie morgen früh wiederkommen: No Problem!' Morgen ab 11 Uhr ist die CD abholbereit. Bis dahin ist sie nach meiner Spezifikation gebrannt. Was tut man hier nicht alles für 50 Dollar!

Am nächsten Tag gehe ich die CD mit der gecrackten Software abholen. Es ist so, wie ich vermutet habe: Hier ist auf Bestellung jede Software zu Schleuderpreisen und ohne Lizenz zu haben. Auf meine Frage nach dem Internet erfahre ich, daß es in Hanoi ein Internet-Café gibt. Weil es in der Nähe ist, bin ich gleich mal hingegangen: Ein schönes, gemütliches Café. Europäisch eingerichtet, im Hinterzimmer vier Computer. Alles ist da, aber kein Internetanschluß. Vom Staat gibt es dafür z.Z. keine Lizenz und auch keinen ISDN-Anschluß. Es wird nach Aussagen der jungen, dynamischen Leute noch ein paar Monate dauern. Heute aber kann man hier schon einen Computer mieten und seine Schreibarbeiten ausdrucken. Das kostet auch 'nur' 3 US$ pro Stunde. 10 C extra, für jede ausgedruckte Seite.

 

19. Oktober 2002

 

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