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Das relative Wort zum Sonntag

 

 

Bibel oder Wissenschaft
Mit Siboney habe ich im Jahr 2003 nächtelang an der Alona Beach über den Glauben an Gott diskutiert. Er gehört einer christlichen Religionsgemeinschaft an, die die Bibel wörtlich nimmt und der Meinung ist, die Menschheit könnte auf alle anderen Bücher verzichten. Vor ein paar Tagen schrieb mir Siboney eine Mail: '... Ansonsten halte ich diesen Sonntag (also übermorgen) einen Vortrag mit dem Thema „Stützt sich Deine Hoffnung auf die Wissenschaft oder auf die Bibel?“ Wenn Du magst bist Du gern eingeladen ...'

Danke für die Einladung, Siboney! Ich bin ihr nicht gefolgt, sondern habe mich lieber an meinen Computer gesetzt, um Dir über das Internet zu sagen, was ich vom Titel Deines Vortrages halte.

Hoffnung ist für mich ohne grössere Bedeutung. Ich nehme meine Geschicke selber in die Hand und hoffe nicht darauf, dass andere etwas für mich tun. Im Gegenteil: 40 Jahr lang hat eine Partei Gott gespielt und genau gewusst, was für mich gut ist und was ich zu arbeiten, zu lesen und zu denken habe. Es reicht. Indoktrination und Fremdbestimmung - Nein Danke.

Wissenschaft oder Bibel schliessen sich aus. Entweder oder. Wissenschaft und Glaube aber wollen Fragen beantworten und der Wahrheit näher kommen. Dabei ist mir die Wissenschaft wesentlich lieber und das aus einem einzigen Grund: Hier gibt es keine verbotenen Fragen. Ich kann mich noch genau an unsere Diskussion an der Alona Beach erinnern. Immer wenn wir Dich mit unseren rationalen Argumenten in die Enge getrieben hatten, blieb Dir nur übrig zu sagen: 'Daran muss man glauben!' So eine Antwort auf eine logisch begründete Frage aber ist keine Antwort. Der Rückzug auf den Glauben beendet automatisch jede weitere Diskussion. Daraus folgt: Immer wenn Du Dich auf Deinen Glauben berufst, schaltest Du auch Deinen Verstand ab. Du reduzierst Dich auf ein 2000 Jahre altes Weltbild und ignorierst das gesamte, gegenwärtige Wissen. Damit werden alle Fragen, auf die Du, die Wissenschaft und die Bibel keine Antwort weiss, zu verbotenen Fragen. Du stellst sie nicht mehr, Du verdrängst sie, Du negierst sogar ihre Existenz. Damit aber schaltest Du ohne Not selber das Beste aus, was Du hast: Deinen gesunden Menschenverstand. Absolut unannehmbar für mich.

Trotzdem - Schönen Sonntag, Siboney! Die Sonne scheint. Und weder die Wissenschaft noch die Bibel hat eine plausible Antwort auf die ganz einfache Frage, warum sie existiert.

09. Juli 2006

 

Das relative Wort zum Sonntag
Die Nachrichten der Medien zeigen uns angeblich die Welt. Aber es ist nur eine Welt. Es ist nicht die Welt. Wer sein ganzes Leben der Musik gewidmet hat, lebt in einer speziellen Welt und hört Dinge, die andere nicht einmal ahnen. Wer sich sein ganzes Leben mit Material beschäftigt hat, sieht überall Materialprobleme. Theaterleute spielen und leben die Imagination, buchstäblich sind sie nicht von dieser Welt. Menschen, die nur noch die Bibel lesen und sie wörtlich nehmen, leben in einer 2.000 Jahre alten Welt. Wer sich ausschliesslich mit Design befasst, sieht die konstruktiven und technologischen Probleme nicht mehr. Ein Künstler, der in jungen Jahren angefangen hat, Bilder mit dem Kopf nach unten aufzuhängen und dann auch so zu malen geht schliesslich davon aus, seine Umwelt steht auch Kopf. Menschen, deren Wahrheiten in heiligen Büchern stehen, leben asketisch in Höhlen, reiten jahrelang schwer bewaffnet nach Jerusalem, fliegen Flugzeuge in Twin Towers oder übergiessen sich mit Benzin und verbrennen. Eine Frau, verlassen von ihrem Geliebten (oder umgekehrt), zweifelt an allen menschlichen Werten und wird ihres Lebens nie wieder froh. Sie sieht nur noch Schwarz, das halbleere Glas und die Sonne nicht mehr...

Die Zauberworte heissen relativ und komplex.

Die Welt der Medien ist nur eine Welt. Eine so spezielle Welt wie die des Musikers, des Materialwissenschaftlers und die der schwer enttäuschten Frau. Alle diese Welten existieren nur im Kopf, aufgebaut durch einen speziellen Blickwinkel, durch einen Filter vor dem Wahrnehmungssystem. Sie sind weder objektiv und nicht annähernd das Ganze. Trotzdem sind sie das fest gefügte Weltbild realer Menschen, zu dem andere keinen Zutritt haben. Wo aber ist die eigentliche, die ganze, die reale Welt? Wie sieht die Welt ohne Filter aus? Gibt es sie überhaupt und sind Menschen in der Lage, sie wahrzunehmen? Diese Frage bleibt im Raum hängen und es ist sogar unklar, ob diese Frage und ein Raum existieren ...

05. November 2006

 

Das einäugige Wort zum Sonntag
Es ist Weihnachten, Sonntag, der 24. Dezember. Während es in den meisten Familien um die Aufstellung des Weihnachtsbaumes und die obligatorischen Bratwürste geht, plaudert Frau Bischof Käßmann mit einem Moderator des Deutschlandfunk. Dr. Margot Käßmann ist eine selbstbewusste Frau, sympathisch, beweglich und sie kann gut reden. Auf jede Frage eine klare, erschöpfende Antwort. Für jedes Problem existiert eine Lösung. Mit dem rechten Glauben erkennt jeder, dass er 'nie tiefer fallen kann, als in Gottes Hand.' So einfach ist das.
Und dann ist noch wichtig zu wissen, wann die Grenzen der Gemeinsamkeiten mit anderen Religionen erreicht sind. Der katholische Kardinal Meisner aus Köln hat jüngst für Aufsehen mit seiner Anweisung gesorgt, dass es keine gemeinsamen religiösen Feiern von Christen und Muslimen geben darf. Man sollte meinen, eine erzkonservative Position. Weit gefehlt. Die reformierte Frau Bischof ist sich mit dem katholischen Kardinal einig: 'Es ist nicht so, dass wir jetzt schroff verbieten würden, aber ... Ich bin ... dagegen, ... interreligiös miteinander (zu) feiern.'
Was macht das (angeblich) heilige Land zu einem globalen Konfliktherd mit Millionen von Flüchtlingen, täglicher Gewalt und 700 Kilometer langen, neuen Mauern? Die Intoleranz der sich auserwählt fühlenden Käßmänner und -Frauen, ihr Missionseifer und ihr Glaube an eine Märchenwelt, die alle Fragen schlüssig beantwortet.

25. Dezember 2006

 

Das zornige Wort zum Sonntag

FTD.de: In der Auseinandersetzung über den weiteren Ausbau von Krippenplätzen hat der Augsburger Bischof Walter Mixa Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen erneut scharf angegriffen. Die Politik der CDU-Ministerin sei "zutiefst unsozial und familienfeindlich". Von der Leyens Pläne seien "gesellschaftspolitisch völlig verfehlt und in hohem Maße ideologiegeleitet" ... usw.

Kommentar Al: Mixa ist weder kompetent, noch weiss er, wovon er spricht. Was qualifiziert ihn als Experten für Kindererziehung und für DDR-Verhältnisse?! Als aufgeklärter Bürger Deutschlands kann ich mich bei solchen Gelegenheiten nur wundern, welcher Geist noch in der Bundesrepublik lebendig ist, der wir als DDR-Bürger die Ehre hatten, beigetreten zu werden. Ich bin der Letzte, der die DDR-Verhältnisse verteidigt. Inzwischen aber ist doch gemeinhin unstrittig, dass die wenigen Stärken der DDR gerade auf den Gebieten der Fürsorge für Kinder und Familien, der Gleichberechtigung der Frau und im aufgeklärten Bildungssystem lagen. Die Bundesrepublik stände heute besser da, hätte sie vor fast 20 Jahren wenigstens in diesen Bereichen von der DDR etwas gelernt. Bessere PISA-Ergebnisse - Geringer Jugendarbeitslosigkeit. Aber jetzt wird ja wenigstens versucht, in Sachen Kinderbetreuung aufzuholen. In der DDR seit den 60-er Jahren überhaupt kein Thema und kein Problem, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit (Arbeitskräftemangel!).

Was mich wie am Beispiel Mixa immer wieder fasziniert: Die Aufklärung ist in der Bundesrepublik offensichtlich nie angekommen! Die strikte Trennung von Staat und Kirche - in Frankreich selbstverständlich, in der DDR sowieso - hat bis heute in der Bundesrepublik nicht stattgefunden. Wie kann ein Mann über Kindererziehung urteilen, der weder Kinder hat noch Familie, dafür aber ein verkorkstes Sexualleben?! Wie kann ein Kirchenmann jemandem 'ideologiegeleitetes' Handeln vorwerfen, der selber von einer fundamentalistischen Ideologie aus urteilt und handelt, die nicht Ideologie, sondern Religion heisst?! Und vor allen Dingen: Wie kann ein so weltfremd und einfältig argumentierender Mensch überhaupt ernst genommen werden in einer gebildeten Gesellschaft?! Das kann doch nur funktionieren, wenn viele seiner Zuhörer das gleiche, längst überholte Weltbild im Kopf haben.

Fröhliche Ostern!
(Geistig) Armes (West-) Deutschland.

07. April 2007

 

Der Papst und die Toleranz
TVA Regensburg: Für eine Annäherung der beiden großen christlichen Kirchen hat sich Papst Benedikt XVI. bei der ökumenischen Vesper im Regensburger Dom nicht deutlich ausgesprochen. Besonders die evangelischen Christen hatten auf ein solches Zeichen gehofft. Der Papst betonte nur das gemeinsame Gottesbild. Außerdem forderte er dazu auf, sich zum christlichen Glauben zu bekennen. Nur so könne der Mensch "in einer Welt voller Verwirrung" "Leben wieder zu Leben machen". Nicht nur dadurch zog der Papst Kritik auf sich ... mehr

Papst und Ökumene

Kommentar Al: Die äusserlichen Zeichen, die der Papst dabei setzte waren eindeutig: Nur der Papst sass erhöht, nur er hatte einen Stuhl mit Lehne, während die anderen (christlichen) Kirchenvertreter auf Hockern sassen. Niemand war prächtiger gewandet, als der Papst. Die Juden verweigerten sich dieser Zeremonie. Undenkbar, dass Vertreter anderer Weltreligionen in die Ökumene eingeschlossen werden. Aus der Sicht des Papstes gibt es nur eine Kirche und die ist katholisch. Alle anderen Gläubigen sind 'verwirrt', vom 'rechten Glauben' abgefallen, oder haben ihn nie besessen. Das Dilemma: Alle anderen Kirchen und Religionen nehmen genau die gleiche, intolerante Position für sich selbst in Anspruch.

15. September 2006

 

Erlösung - Warum und wovon ?!

Die Enzyklika - SPE SALVI
Aus der nicht-amtlichen Zusammenfassung:

„Hoffnung ist ein Zentralwort des biblischen Glaubens“, so Papst Benedikt. Auf sie stützen sich das Vertrauen und die Zuversicht auf Erlösung, auf das Heil. Von ihr her kann Gegenwart bewältigt werden. Doch welcher Art ist diese Hoffnung?

Zur Beantwortung dieser Frage gliedert Papst Benedikt die Enzyklika gedanklich in zwei größere Teile: Der erste Teil bietet eine biblische und systematische Darstellung der christlichen Hoffnung und ihrer Ausrichtung auf Erlösung hin; zugleich werden Beispiele geschichtlicher Abweichungen von der Hoffnungsgestalt christlichen Glaubens genannt, besonders in der Neuzeit.
Im zweiten Teil führt Papst Benedikt „Lern- und Übungsorte der Hoffnung“ auf: Im Gebet, im Tun und Leiden der Menschen und im Letzten Gericht zeigen Hoffnung und Glaube ihre tragende Kraft, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zum Besseren hin zu ändern vermag ...

 

Was kann ein Mensch von dieser Enzyklika lernen, der weder den christlichen Glauben nachvollziehen, noch an die Existenz eines wie auch immer gearteten Gottes glauben kann, der sich vermeintlich um jeden einzelnen Menschen kümmert? 'Glaube und Hoffnung sind die Voraussetzung für das Vertrauen und die Zuversicht auf Erlösung', erklärt der Papst. Dem kann man nur zustimmen, denn wer keinen Glauben besitzt, dem fehlt auch die Zuversicht auf Erlösung. Warum und wovon aber sollte ich überhaupt erlöst werden? Von diesem elenden, mühevollen und freudlosen Dasein voller Leiden, Angst und Qualen?! Wie aber, wenn mir dieses Leben ausserordentlich gefällt, wenn es spannend und hoch interessant ist und ich gar keiner Erlösung bedarf? Was, wenn ich davon ausgehe, dass meine Existenz ein einmaliger, extrem faszinierender Zustand ist, den ich erleben, aber nicht erklären kann? Wenn ich 'glaube', dass nach diesem Leben genau so Nichts sein wird, wie vorher Nichts war? Und dass das Entscheidende, was zu tun ist, darin besteht, alle Sinne mit Futter zu versorgen und den Mitmenschen möglichst wenig weh zu tun?! Was sagt diese Enzyklika den Menschen, die ihre Taten und Hoffnungen nicht auf das Jenseits ausrichten sondern darauf, die gegenwärtige Welt friedlicher und lebenswerter zu gestalten?

Nichts sagt diese Enzyklika denen, die keinen Glauben an den dreifaltigen Gott, an Himmel, Hölle und das Jüngste Gericht besitzen. Die katholische Kirche redet und agiert an der Realität vorbei. Und nicht nur an der sogenannten 'weltlichen' Realität, sondern auch an allen anderen Weltreligionen. Jeder akzeptiert nur seine eigenen Götter und für den Papst ist nur die katholische Kirche überhaupt eine Kirche. Dass Milliarden Menschen (!) anderer Meinung sind, beeindruckt Katholiken nicht. Dass die katholische Kirche nicht relativiert und die fundamentalen Widersprüche zwischen Glaube und Wissenschaft ignoriert, ist für Menschen mit Verstand unbegreiflich.

Der Papst, würde er diesen Text lesen, kann meiner Argumentation nicht folgen - Mir geht es mit seinen Ausführungen genau so. Wir sprechen ungleiche Sprachen und gehen von konträren Weltbildern aus. Wir haben keine Chance, uns gegenseitig zu verstehen, weil wir in völlig unterschiedlichen Welten leben. Dieses Problem existiert aber nicht nur zwischen mir und dem Papst ...

30. November 007


05. November 2006
update: 12.12.2007

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