BACK

Finkelstein, Die Juden und die Deutschen 4 /4

Was ist zu tun? Es gibt heute wieder eine 'Judenfrage' in Deutschland und die deutsche Politik muss sich öffentlich mit ihr befassen:

Es ist keine dramatische Wende in der Politik erforderlich: Es muss einfach nur Normalität im Verhältnis zwischen Deutschen und Juden und zwischen Deutschland und Israel hergestellt werden. Nicht mehr und nicht weniger.

Alles muss unternommen werden, um deutsche Juden in Deutschland zu unterstützen und wie anderen Minderheiten in Deutschland zu behandeln und zu integrieren. Das aber muss demokratisch und in aller Öffentlichkeit geschehen.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland sollte als das gesehen werden, was er ist: Eine Organisation von Lobbyisten, wie es unzählige gibt. Die Juden können über ihre Religion für sich gerne eine Sonderstellung vor Gott reklamieren. Aber in Deutschland können Juden nicht generell Sonderrechte beanspruchen, auch nicht ihre Organisationen. In Deutschland können und sollen eine Sonderstellung die noch lebenden Opfer des II. Weltkrieg einnehmen. Aber nach Ihnen ist die Diktatur der Nazis, der II. Weltkrieg und auch der jüdische Holocaust Geschichte. Die Täter und die wirklich persönlich Schuldigen sind nicht mehr zu greifen.

Am dringlichsten ist es, die Gewaltpolitik Israels gegen seine Nachbarn international zu ächten. Auch wenn es schwer fällt, die Existenz Israels kann und darf nicht mehr in Frage gestellt werden. Die Juden sind seit mehr als 2000 Jahren heimatlos. Man muss akzeptieren, dass ein eigener Staat für ihr Selbstverständnis eine herausragende Bedeutung besitzt.

Gleichzeitig aber ist es unannehmbar und unerträglich, dass am Rande von Europa ein religiöses Regime mit brutaler Gewalt und Terror gegen seine Nachbarn vorgeht.

Keine Macht der Welt ist in der Lage, die Interessen der USA in dieser Region zu verändern. Aber Deutschland muss den USA nicht blindlings überall hinterher laufen. In Israel gibt es mindestens die 'humanitäre Katastrophe', die auf dem Balkan zum Luftkrieg der NATO geführt hat. Israel muss durch internationalen Druck und wirtschaftliche Sanktionen gezwungen werden, sich mit seinen Nachbarn nach der Formel 'Land gegen Frieden' zu einigen. Solange es durch die israelische Politik palästinensische Flüchtlinge gibt, wird es Gewalt im Nahen Osten geben. So einfach und so hoffnungslos ist die Situation.

Die deutsche Innen- und Aussenpolitik ist jetzt am Zuge. Die letzten 55 Jahre hat man mit Tabus und Mauscheleien überstanden. Die 'Erfolge' sind beschämend bis katastrophal. Es ist höchste Zeit, in der 'Judenfrage' neue Prämissen zu setzen. Allerdings bin ich sehr skeptisch, dass sich die deutsche Politik ändern wird. Wirtschaftliche Interessen und religiöse Überzeugungen zählten viel mehr, als Menschenrechte und Moral.


*) Norman G. Finkelstein
Die Holocaust-Industrie. Wie das Leiden der Juden ausgebeutet wird.
(2001) München, Piper Verlag

**) Peter Novick
Nach dem Holocaust.
Der Umgang mit dem Massenmord.
(2001) Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt

Jürgen Albrecht, 12. Februar 2001

BACK