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Wer spielt mit uns das Life Game ? Seite 2/2

Durch die gleiche Brille kann man auch das Leben auf dieser Erde betrachten: Man startet das Spiel mit einer Cyanobakterie. Sie hat alle Eigenschaften, die später auch alle Lebewesen haben werden: Ein autonom agierendes System, ein Stoffwechsel, die Fortpflanzungsfähigkeit und Vererbung mit der DNA, die Individualität, die Mutationsfähigkeit und den endlichen Lebenszyklus. Und sie besteht aus dem Material, aus dem später alles Leben entstehen wird: Protein. Zu dieser einzelnen Bakterie gehört nur noch ein Verfahren: Die Evolution. Damit ist das Spiel komplett und es kann gestartet werden.

Die Cyanobakterie wird der Evolution unterworfen, das organische Material, das jetzt durch Evolution entsteht, kann vom Spieler nicht verändert werden, aber mit diesem Material kann er alles bauen, was vorstellbar und mit den Naturgesetzen vereinbar ist. Die Evolution verfolgt nur ein einziges Ziel: Welches Lebewesen kann sich am besten in der instationären Umwelt behaupten. 'Am besten' heisst, eine möglichst endlose Fortpflanzungskette erzeugen und dabei zwei Gesichtspunkte berücksichtigen: Erstens Reagieren auf die instationäre Umgebung und zweitens: Permanente Verbesserung des Systems (Negation der Negation ...!). An den Start des Lebens kann jeder gehen, egal in welcher Gestalt oder Konstruktion, zu Wasser, zu Lande oder in der Luft. Grösse, Art des Stoffwechsels, Verfahren der Vermehrung und die Richtung der Mutation, alles ist frei wählbar, solange man bei den Proteinen und der DNA bleibt. Für die Tendenz der Mutation ist aber eine entscheidende Bedingung vorgegeben: Das mutierte System muss eine höhere Komplexität besitzen als das ursprüngliche System.

Dieses Life Game läuft seit 3,5 Milliarden Jahren auf unserer Erde. Es hat vor 600 Millionen Jahren einen mächtigen Schub

 

erfahren, weil der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre angehoben wurde. Das war der Auslöser für die Entwicklung des 'Höheren Lebens'. Aber die Tendenz zur Zunahme der Komplexität ist generell aus der Historie des Lebens zu erkennen.

Was ist beiden Life Games, Erde und Leben, gemeinsam? Es ist nur invariant, dass beide Games mit den gleichen chemischen Elementen unter den gleichen Umständen arbeiten. Bei der Spielstrategie aber werden qualitativ unterschiedliche Ziele verfolgt:

Life Game Erde: Potentielle Energie gleich null, maximale Entropie. Ziel ist also maximale Unordnung, das Chaos und Ruhe auf Dauer.

Life Game Leben: Unendlicher Energie- und Stoffkreislauf, minimale Entropie. Ziel ist hier maximale Ordnung durch Strukturierung und Selbstorganisation, sowie Bewegung auf Dauer.

Die Spiele Erde und Leben finden am gleichen Ort statt. Recourcen, Umstände und die Naturgesetze sind für beide Spiele gleich. Die Spielstrategien aber sind gegenläufig! Spielt das Leben gegen die unbelebte Natur oder koexistieren beide Games auf dem gleichen Planeten? Nicht einmal diese Frage ist zu beantworten.

Spielt jemand mit uns so ein Spiel oder sind wir Teil einer Kausalkette, die aus dem Unendlichen kommt und dahin zurück läuft? Ist unser Life ein Game oder liegen die Buddhisten mit ihrer radikalen Annahme richtig, dass unsere Sinne uns nur ein Video vorspielen ?!?

Die interessanteste Frage aber bleibt: Was oder wer hat so unendlich viel Zeit zum Spielen, hat die Natur als Experimentierfeld erfunden und sieht uns auf dieser Spielwiese zu ??! Auf solche Fragen gibt es keine Antwort.

 

Jürgen Albrecht, Port Headland, WA, 24. April 2000

05. November 2000

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