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Denken, Denkstil und Bewusstsein ... Seite 4/4

4. Intelligenz
In der ENCARTA Enzyklopädie '99 steht zu Intelligenz lapidar: 'In der Psychologie wird Intelligenz etwas enger als die Fähigkeit definiert, Kenntnisse oder Einsichten zu erwerben und auf neue Situationen anzuwenden.' Das ist aus meiner Sicht nur ein Aspekt der Intelligenz, es gehört deutlich mehr dazu:

# Werkzeuge entwickeln und anwenden.
# Lernen und das Gelernte sinnvoll anwenden.
# Naturgesetze erkennen.
# Auf der Grundlage der Naturgesetze neue Produkte, Verfahren und Systeme schaffen.
# Situationen mit unvollständiger Information bewältigen.
# Sprache, Schrift und Kommunikation beherrschen.

Wir kennen heute nur Lebewesen, die Intelligenz besitzen. Noch gibt es keine intelligenten Maschinen, Automaten oder Roboter. Es ist umstritten, ob man höheren Tieren Intelligenz zubilligen kann. Aus meiner Sicht ist das bedenkenswert, denn Tiere können lernen, das Gelernte sinnvoll anwenden, sie gebrauchen Werkzeuge und können Kommunizieren. Das ist deutlich mehr Intelligenz, als von Menschen geschaffenen technischen Systeme heute aufweisen. Gerade hat die KI erklärt, dass das ca. 1960 gesteckte Ziel (blind communication with a computer) auf absehbare Zeit nicht erreichbar ist.

Allerdings kommen bei dieser von mir so willkürlich erweiterten Definition von Intelligenz die Naturvölker einschliesslich der Aboriginals nicht gut weg. Aber es ist eindeutig, warum es erst dem 'Weissen Mann' gelungen ist, in nur 200 Jahren die Erde global grundlegend zu verändern, die die Aboriginals mindestens 50.000 Jahre lang in der gleichen Sozialordnung bewohnt und kaum verändert haben: Der Weisse Mann hat die Naturgesetze erkannt und nutzt sie hemmungslos zu seinem Vorteil aus. Was für eine Eigenschaft steckt dahinter, wenn nicht Intelligenz?

Unstrittig ist, dass Intelligenz keine feste Grösse ist. Menschen sind unterschiedlich intelligent. Das Messen der Intelligenz ist problematisch, die Messverfahren umstritten. Entscheidend aber ist: Das Mass der Intelligenz ist nach oben offen. Es wird also nicht ausgeschlossen, dass es Lebewesen oder andere Systeme geben könnte, die intelligenter als die Menschen sind. Diese Option offen zu halten ist aus meiner Sicht absolut erforderlich.

Es ist davon auszugehen, dass im Universum andere Formen von Intelligenz existieren. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist hoch.

 

Ausserdem ist unklar, wer oder was eigentlich die 'Natur' ist. Die heutigen Menschen sind nicht intelligent genug, die gleichen Materialien, die die Natur benutzt, aus dem periodischen System der Elemente zu synthetisieren und damit lebende Systeme zu schaffen. Wo diese 'natürlichen' Systeme herkommen ist so unklar wie diese autonom agierenden Systeme selber. Das Leben ist so 'intelligent' konstruiert, dass wir das meiste davon nicht verstehen. Für eine Evolution ohne Intelligenz gibt es weder einen Beweis noch Parallelbeispiele. Es ist deshalb nicht auszuschliessen, dass höhere Formen von Intelligenz existieren (HIQ) und hinter der belebten Natur stehen. Das Wesen dieser höheren Intelligenz werden wir wahrscheinlich nie erfassen können, es liegt ausserhalb des menschlichen Aktionsradius, ausserhalb seiner 'Schicht'.

 

5. Denken, unabhängig von Menschen
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist bei Verwendung der Begriffe 'Denken' und 'Bewusstsein' immer menschliches Denken und menschliches Bewusstsein gemeint. Mit den oben angestellten Überlegungen werden folgende Möglichkeiten sichtbar, den menschlichen Aspekt zu eliminieren und zu fragen, was 'Denken' allgemein sein könnte:

# Denken ist ein informationsverarbeitender Prozess.
# Denken ist ein Steuerungsverfahren für autonom agierende Systeme. Im Spezialfall: Lebewesen auf unserer Erde.
# Intelligenz ist ein Qualitätskriterium des Denkens.
# Mit dem Denken wird ein Statusreport erzeugt und das sinnvolle Verhalten des Systems in seiner Umgebung gesteuert.
# Die Komplexität des Statusreports ist dem Aktionsradius des Systems proportional.
# Der Statusreport kann mehr Informationen enthalten, als zur Aufrechterhaltung der existentiellen Lebensprozesse erforderlich ist.
# Mit diesem Informationsüberschuss agieren die Systeme in ihrer Umwelt.
# Unter Agieren kann alles verstanden werden, was nicht unmittelbar zur Aufrechterhaltung der Lebensprozesse erforderlich ist. Also z.B. auch das Spielen mit einem Ball oder die Schaffung eines Universums.

Diese Aussagen gelten generell für autonom agierenden Systeme. Sie sind für natürliche Lebewesen genau so gültig wie für technische Systeme. Am Rande ist interessant, dass der Begriff Bewusstsein hier nicht mehr erforderlich ist.

Jürgen Albrecht, Coral Bay, WA, 08. März 2000

11. Oktober 2000

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