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50 Jahre Israel Seite 2/2

Abends am Lagerfeuer setze ich die Unterhaltung mit Carol von gestern fort. Sie isst nicht alles und es stellt sich heraus, dass sie Jüdin ist. Wir diskutieren die deutsche Vergangenheit, die Probleme der Juden in Australien und Deutschland und reden auch über Israel. Sie kommt aus Melbourne, wo es eine jüdische Gemeinde mit fast 5.000 Mitgliedern gibt. Fast alle sind während des II. Weltkrieges aus Osteuropa eingewandert. Nur wenige befolgen streng die religiösen Vorschriften. Carol bezeichnet sich selber als nicht religiös, aber am Sabbat gehört die Feier in der Familie dazu. Auf mehreren Reisen nach Europa hat sie Polen, die Tschechei, Ungarn und Kroatien besucht. Ihre Grosseltern stammen aus Kroatien, dem legendären 'Schtedel' der Ostjuden.. Den Israelischen Staat sieht sie natürlich nicht so kritisch wie ich und sie bringt ein sehr interessantes Argument ins Spiel, als ich die Art der Gründung dieses Staates kritisiere: Die Juden sind nicht in das Land ihrer Väter zurück gekehrt, sondern sie haben schon immer in Palästina gelebt. Auch so kann man Geschichte interpretieren. Aus meiner Sicht ist das eine sehr blauäugige Argumentation, aber am Feuer habe ich keine Fakten parat. Wir sind uns aber einig, dass die religiöse Intoleranz der Juden und Moslems die Wurzel allen Übels im Nahen Osten ist. 'Land gegen Frieden' scheint die einzig mögliche Variante der Entschärfung dieses Konflikts zu sein. Wie aber soll es weiter gehen, nachdem die durch internationale Bemühungen eingeleitete Friedenspolitik durch die Regierungen von Netanjahu und Barak zunichte gemacht wurde? Carol ist eine intelligente junge Frau. Würden alle Juden so denken und handeln wie sie, gäbe es im Nahen Osten wesentlich weniger Probleme.

Ein paar Tage später liefert mir die Encarta Enzyklopädie Fakten über die Bevölkerung in Palästina: Ende des 19. Jahrhunderts lebten dort höchstens 20.000 Juden als Minderheit, der grösste Teil der Bevölkerung bestand aus arabisch sprechenden Muslimen und Christen. Unter dem Einfluss der Zionistischen Bewegung erhöhte sich der Anteil der Juden durch Einwanderung bis 1914 auf ca. 85.000.

Auch noch im Jahre 1917, als England Palästina besetzte, bestand die palästinensische Bevölkerung aus arabisch sprechenden Muslimen und Christen, Juden waren deutlich in der Minderheit. In der Balfour Deklaration von 1917 unterstützt England die zionistische Bewegung, die 1897 von Herzel ins Leben gerufen, einen jüdischen Staat in Palästina fordert. Die Zionisten sahen in der Balfour Deklaration eine Rechtsgrundlage für die

 

Gründung eines jüdischen Staates. Zu Zeiten des Britischen Mandats (1917 bis 1947) wanderten viele Juden aus Europa und Amerika in Palästina mit dem Einverständnis Englands ein und gründeten dort Siedlungen. Durch diese Einwanderungen verzehnfachte sich die jüdische Bevölkerung, als England Palästina als Mandatsmacht kontrollierte. Durch mehrere Aufstände wehrten sich die arabischen Palästinenser gegen die jüdischen Siedler. Mit Hilfe der Britischen Mandatsmacht wurden sie blutig niedergeschlagen. In den 30-er Jahren versuchten viele Juden aus Deutschland und Osteuropa, der nationalsozialistischen Verfolgung durch die Flucht nach Palästina zu entkommen.

Im Jahr 1947 wurde das Britische Mandat nicht verlängert, sondern die UNO billigte einen Teilungsplan für Palästina. Die jüdische Bevölkerung von Palästina stimmte dem Plan zu, die arabische Bevölkerung lehnte die Teilung ab. Militante Palästinenser griffen jüdische Siedlungen an. Gleichzeitig zog sich England als Mandatsmacht zurück. In diesem Machtvakuum wurde am 14. Mai 1948 von David Ben Gurion, dem Präsidenten der Zionistischen Weltorganisation, der Staat Israel proklamiert. Einen Tag später brach der erste Arabisch-Israelische Krieg aus. Die arabischen Nachbarn waren aber weder politisch noch militärisch in der Lage, die Errichtung des israelischen Staates zu verhindern. Die Situation bei der Staatsgründung ist symptomatisch bis heute. Israel befindet sich ständig in einem latenten Kriegszustand mit seinen Nachbarn.

Heute hat Israel eine Bevölkerung von knapp 6 Millionen Menschen, ca. 82 % davon sind Juden, 17 % sind arabisch sprechende Palästinenser mit israelischer Staatsangehörigkeit. Die kulturelle und ethnische Vielfalt ist groß. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist in Israel geboren, aber ihre Vorfahren stammen aus mehr als 100 verschiedenen Ländern und sprechen insgesamt etwa 85 verschiedene Sprachen oder Dialekte. Die größten Gruppen sind die Aschkenasim, deren Vorfahren aus den mitteleuropäischen Ländern nach Israel eingewandert sind, und die Sephardim, deren Vorfahren von der Iberischen Halbinsel und aus Nordafrika nach Israel kamen. Andere Volksgruppen stammen aus dem Mittleren Osten oder aus Osteuropa. Letztere wanderten vor allem nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Zerfall des Ostblocks nach Israel aus.

Jürgen Albrecht, 25. Mai 2000, Mt. Barnett Station, Gibb River Road, Australia

Al / 17.12.00

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