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Computer am Jahresende 1998

 

Wie werden die Computer im Jahr 2025 aussehen?!? Wie problemlos kann man sie bedienen und modifizieren? Hier schreibe ich auf, welche Situation Ende 1998 alle Leute vorfinden, die den Mut haben, sich auf die Arbeit mit Computern einzulassen. Das sind mindestens 50% der arbeitenden Bevölkerung. Die Schüler, die in der 10. bis 12. Klasse sind, haben zu Hause zu 90% einen ordentlichen Computer stehen. Ganz im Gegensatz zu ihrer Schule. Nur ca. 6000 von 43.000 Schulen sind mit dem Internet verbunden. Die Ausstattung der meisten Schulen ist katastrophal oder gleich Null, die angebotenen Lehrveranstaltungen sind entsprechend. An den Hoch- und Fachschulen sieht es besser aus. Die Ausstattung ist gut bis hervorragend. Aber noch haben längst nicht alle Fachgebiete begriffen, dass die Studenten die digitalen Techniken beherrschen müssen, die sie dann in ihrem Berufsleben vorfinden. Das Hochschulrahmengesetzt behindert die Einführung der IT-Lehrinhalte. Die Freiheit von Forschung und Lehre wird grösser geschrieben, als die Notwendigkeiten, die die Praxis diktieren: Wenn ein Professor für Architektur z.B. der Meinung ist, dass er lieber mit der Hand zeichnet und deshalb das von seinen Studenten auch verlangt, so kann ihn keiner zu einer anderen Lehre zwingen.

Es gibt noch eine mächtige Akzeptanzbarriere gegen die Nutzung von Computern. Jeder, der nicht durch die Umstände gezwungen ist, sich mit Computern einzulassen, lässt die Finger davon. Warum eigentlich? Der Grund ist eindeutig und ganz einleuchtend: Diese Technik ist noch zu jung, zu wenig ausgereift, zu störanfällig und zu schlecht zu bedienen. Gleichzeitig aber ist sie so leistungsfähig, dass nur höchstens jeder 10. Nutzer seinen Computer voll ausfährt. Die gegenwärtige Computertechnik ist entscheidend durch den Widerspruch zwischen nicht benötigter, hoher Rechenleistung und schwerwiegenden Problemen bei der Installation und Bedienung von Software gekennzeichnet.

Der Standard-Volks-Rechner besitzt heute einen Intel-Prozessor 400 MHz und das Betriebssystem Windows 95. Solche Rechner kann man heute schon für 2000 DM bei ALDI und LIDEL kaufen, vorinstallierte Software für Büroarbeiten inklusive. Auch die Betriebssysteme Windows 98 und Windows NT 4.0 sind eingeführt. Im Jahr 1999 werden sie zum Betriebssystem Windows 2000 vereinigt. Es gibt schon 450 MHz Prozessoren, 1000 MHz Prozessoren sind für 1999 angekündigt. Aus meiner Sicht ist die weitere Erhöhung der Prozessorleistung völlig unnötig. Kaum einer benötigt für das, was er mit seinem Rechner macht, einen Prozessor mit 2000 MHz. Trotzdem wird es bald solche Prozessoren geben. Wo wird das für den ALDI-Kunden in 25 Jahren hingeführt haben?

 

Wenn man so einen Rechner anschaltet, dauert es 60 sec. bis er läuft, dazwischen muss man – völlig sinnlos – Strg+Alt+Entf drücken, sonst geht es nicht los. Das Programm, mit dem man Briefe schreiben kann, ist von Funktionen überfrachtet, die man beim Briefeschreiben nicht braucht (Tabellen, Formatieren, Bilder einfügen, Gliederung bearbeiten usw.) Das ist typisch. Alle Programme für andere Bereiche wie Grafik, Konstruktion, Statistik, Buchhaltung, sind genauso mit Funktionen vollgepackt, die man selten braucht. Aber auch ich bin davon überzeugt, man kann sie nicht weglassen, irgendwann braucht man sie eben doch. Damit aber wird die intuitive Bedienung sehr erschwert. ‚Intuitive Bedienung‘ ist das Stichwort für die Zukunft: Wie kann man solche hoch komplexen Werkzeuge ohne Lernaufwand und ohne Bedienungsanleitung bedienen ??! Heute ist für dieses Problem keine Lösung in Sicht. Einfache Bedienung und komplexe, multifunktionale Systeme schliessen sich aus. Wenn nicht ein völlig neues Prinzip auftaucht, wird man auch in 25 Jahren noch vor dem gleichen Problem stehen.

Will man neue Software installieren oder periphere Geräte an den vorhandenen Computer anschliessen, stellen sich Probleme einer völlig anderen Dimension: Man muss noch viel zu viel von den Internas des Computers verstehen, um z.B. einen Scanner an den Rechner zu hängen und die Software für diesen Scanner verfügbar zu machen. Ein Paradebeispiel: Ich habe versucht, PhotoImpact zu installieren, eine BildbearbeitungsSoftware. Obwohl ich mehrere Tage gebastelt habe ist es mir nicht gelungen, PhotoImpact 4.2 unter Windows NT auf meinem Rechner zu Laufen zu bekommen. Ich habe die Software zurück gegeben: Bananensoftware.

Hier wird sich in 25 Jahren viel ändern (hoffe ich) und Ansätze (Plug an Play, USB-Port) sind schon zu sehen. Das Ziel ist hier eindeutig zu formulieren: Software und periphere Geräte werden einfach an den Computer drangesteckt, so wie man einen Staubsauger ans Netz hängt.

Auch beim Internet gibt es entsetzliche Installationsprobleme. Zum Beispiel ist meine ISDN-Karte nicht dazu zu bewegen, mit der Software des Providers T-Online zusammen zu arbeiten (ein NT-Problem?). Aber die Hauptprobleme beim Internet sind die Geschwindigkeit und die Kosten. Ich habe z.Z. monatliche Telefonrechnungen in der Größenordnung von 160 bis 180 DM, das ist einfach unannehmbar und typisch deutsch. In den USA liegen die Kosten für vergleichbare Leistungen bei 10 % dieser Summe. Für die Geschwindigkeit sind Lösungen in Sicht.Derzeitig aber ist ISDN (64 Kb/s) das Maximum für HomeUser.

Jürgen Albrecht, 29. November 1998

 

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