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Schmarotzer im Internet

Schmarotzer gibt es in der Natur, Schmarotzer gibt es aber auch in der menschlichen Gesellschaft. In beiden Fällen gilt: Ein Schmarotzer ist der, der selber nichts produziert, vom Ertrag anderer aber sehr gut leben kann. Ein besonders schönes Beispiel habe ich in einem SPIEGEL-Artikel gefunden:

SEX ist das am meisten in Suchmaschinen eingegebene Suchwort. Jedenfalls war das noch so vor 2 bis 3 Jahren. Es wird sich nicht viel geändert haben. Sex ist ein animalisches Bedürfnis, es muß befriedigt werden. Der Bedarf ist riesengroß, also ist der Markt und der potentielle Gewinn ebenso groß. Im Internet gibt es jede Menge Sexanbieter. Alle haben ein ähnliches Angebot: Pornobilder und Pornofilme. Bei den Filmen hört es ganz schnell schon wieder auf, weil das Netzt derzeitig noch zu langsam ist, kann man die Filmchen nur kurz machen und sie auch nur im Briefmarkenformat sehen. Das Geschäft ist immer das gleiche: Gib mir Deine Creditkartennummer, ich buche 50 Dollar ab und gebe Dir dafür ein Paßwort. Das ist ein Jahr lang gültig, Du darfst Dir ein Jahr lang bei mir Bildchen und Filmchen ansehen, und sie auch kopieren. Soweit die Dienstleistung.

Der Schmarotzer setzt bei denen an, die zwar bezahlt haben, aber mit der Leistung des Anbieters nicht zufrieden sind. Er bietet ihnen nicht mehr als eine Racheaktion an: Gib mir Dein Paßwort, ich veröffentliche es im Internet auf meiner HomePage. Damit schadest Du Deinem Anbieter, der Dir nicht das geliefert hat, was Du Dir erhofft hast, denn jetzt können alle kostenlos mit Deinem Paßwort dort gucken gehen!

Was hat der Schmarotzer davon? Im ersten Moment nichts, denn für seinen Eigenbedarf kann er mit so vielen Paßwörtern nichts anfangen. Mit den Paßwörtern geht der Schmarotzer zu den Anbietern und schlägt Ihnen ein Geschäft vor: Du zahlst mir pro Monat 200 Dollar. Dafür kannst Du auf einer Fläche von 100x100 Pixel (fiktive Zahlen) auf meiner HomePage Werbung für Deine Pornos machen und ich veröffentliche keine Paßwörter, die von Deiner Firma stammen. Der Anbieter überlegt eine Weile, dann wird verhandelt, man wird sich einig und der Schmarotzer hat eine weitere Einnahmequelle angebohrt.

Das ist nicht etwa Science Fiction oder Zukunftsmusik. Nein, das ist die heutige Realität ... jedenfalls nach Aussage des SPIEGELS. Ich schäme mich ja fast – aber ich habe noch keine Zeit gefunden, nach dieser Page zu suchen und mir das mal anzusehen. Ich habe bisher auch noch nicht für Pornobilder im Internet bezahlt. Auch hier kann man mit mir kein Geschäft machen. Außerdem wäre das letzte, wo ich meine Creditkartennummer hinschicken würde. Aber ich verspreche es: Ich suche nach der Schmarotzer-Page und mache als Beweis eine Kopie dieser Seite. 'Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort! Ich wiederhole ....' (Barschel) Diese Kopie wird nachgeliefert !!

Große Enttäuschung! Auch nach intensiver Recherche in mehreren Suchmaschinen habe ich diese Page nicht gefunden. Leider war im SPIEGEL 45/1997, Seite 80, die WebAdresse nicht angegeben ... nur keine Werbung !!

 

 

Jürgen Albrecht, 16. November 1997

 

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