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Politiker in Deutschland

Es sind die Politiker, die für die überfälligen Reformen in Deutschland verantwortlich sind. Den SED-Leuten der DDR habe ich in der exemplarischen Person von Kuczinsky vorgeworfen, dilettantisch und ohne Sachverstand agiert zu haben. Genau das kann und muß man den heutigen Politikern der Bundesrepublik vorwerfen. Diese Leute sind weder Wirtschaftsbosse, Manager noch Philosophen. Es sind Exibitionisten, Showmaster und Machtmenschen mit übersteigertem Selbstbewußtsein. Sie haben die Macht schon so lange in den Händen (Kohl ist seit 25 Jahren CDU-Vorsitzender!), daß sie jeden Kontakt zum realen Leben von Otto Mustermann verloren haben. Für mich ist das unerträglichste Problem, daß diese Leute kein Fachwissen haben, sich nicht mit Fachberatern umgeben und sich (wie Kohl) auf ihren 'Instinkt' verlassen. Das war in der Eiszeit eine gute Methode, sie funktioniert aber nicht mehr im digitalen Zeitalter. Die Tatsache, daß Deutschlands Probleme nicht wenigstens angepackt werden und die Perspektivlosigkeit ist eine direkte Folge der Qualität dieser Leute.

Welche Eliten führen uns heute in die Zukunft Deutschlands? Der erste Mann ist Kohl, CDU. Ich weiß nicht, wann er Brandt abgelöst hat, ich denke, es ist 16 Jahre her. Seine bevorzugte Methode ist das 'Aussitzen'. Motto: 'Mache gar nichts, es ist nur eine Frage der Zeit und das Problem existiert nicht mehr'. Zwei Episoden charakterisieren Kohl: Vor zwei Jahren hat er den Slogan erfunden, daß die Arbeitslosigkeit in Deutschland bis zum Jahr 2000 halbiert wird. Gemacht dafür hat er in der Vergangenheit absolut nichts, aber er behauptet die Halbierung jetzt immer noch, obwohl Fachleute es für eher wahrscheinlich halten, daß aus den heute 4,5 Millionen Arbeitslosen dann 5 Millionen geworden sind. Der frühere Bundespräsidenten v. Weizsäcker (CDU) ist ein Mann von Format. Er kritisierte Kohl, auch seine Halbierungs-Utopie. Die beiden sind konträre Charaktere und mögen sich nicht. Die Parteimitgliedschaft von Weizsäcker ruht seit seiner Präsidentschaft. Kohl ließ ihn vor drei Wochen aus der Partei wegen formeller Gründe ausschließen. Großes Getöse in den Medien, daraufhin wurde der Ausschluß rückgängig gemacht. Das ist Kohl.

Die Opposition wird angeführt von Lafontaine (SPD). Sein Markenzeichen? Taktieren hinter den Kulissen, vage Reden, Gegnerschaft aus Prinzip ohne eigene Konzepte. Im vorigen Wahlkampf gab es eine SPD-Troika, dazu gehörte noch Scharping und Schröder. Scharping kann mit großem Pathos öffentlich reden, das war's aber auch schon. Schröder ist ein Medienmensch und hat als einziger einer Chance, Kohl abzulösen. Die SPD aber hat Angst vor ihm, traut ihm nicht, angeblich sind seine Kontakte zu Wirtschaftsbossen zu gut (!) und seine Politik nicht klassenkämpferisch genug.

Die schlimmste Partei ist für mich die FDP. Machtgeilheit ist das einzigste Kennzeichen. Diese Partei ist ständig von der 5%-Hürde bedroht aber seit 1945 mit wechselnden Partnern an der Macht!! Absolut profillose Leute. Der jüngste Coup dieser Partei: Sie hat gegen ihren Koalitionspartner CDU die Kürzung des Solidaritätszuschlages (Solidarität für Ostdeutschland) von 7,5 auf 5,5 % durchgesetzt. Politisch das falscheste Signal, was man sich vorstellen kann, weil der 'Soli' mit der Einheit erfunden wurde und auf die riesigen finanziellen Lasten der Einheit hinweist, die in den nächsten Jahren eher größer, als kleiner werden. Aber diese Partei will als 'Steuersenkungspartei' (30 DM monatlich für jeden!!) in die nächsten Wahlen (in einem Jahr) gehen weil sie nur so vielleicht eine Chance hat, die 5% zu überspringen.

Die Grünen sind inzwischen eine etablierte Partei mit mehr als 10% sicheren Stimmen. Aus Mangel an Alternativen habe ich sie gewählt. Sie haben aber auch keine charismatischen Leute (von denen die Politik lebt) und vor allen Dingen, sie haben auch kein alternatives, klar umrissenes Programm. Diese Partei hat nur ein Ziel: Rot-Grün, also die Machtübernahme mit der SPD. Man lebt nach der Devise: Wenn es tatsächlich soweit kommt, haben wir genug Zeit um zu entscheiden, was wir dann für eine Politik machen.

Die PDS, die offizielle Nachfolgepartei der SED ist für mich das rote Tuch. Gregor Gysi aber ist ein wirklich herausragender Redner, Schauspieler und Entertainer. Ohne seinen Unterhaltungswert gäbe es diese Partei schon längst nicht mehr. Ein Programm haben diese Leute auch nicht, auch sie wollen nur an die Fleischtöpfe. Aber (Gott sei Dank) haben sie keine Chance, über die 5 % zu kommen. Sie sind im Bundestag nur mit einem üblen Trick: Direktmandate aus Berlin-Ost.

Es gibt auch in diesem System die gesichts- und konturlosen Parteisoldaten und Apparatschiks, die ihren Führern bedingungslos, kompromißlos und vorbehaltlos folgen, jede kleinste Wendung mitmachen und ihnen ohne eigene Gedanken nach dem Munde reden. Hinze (ein Pfarrer !, CDU) ist für mich der abstoßendste dieser Riege. Er ist nichts außer der entsetzlich schlechte Abklatsch seines Herrn (Kohl). Ähnlich abstoßend und schleimig sind Solms (FDP), Scharping (SPD), Struck (SPD) und Klose (SPD). Schrecklich, wie man seine eigenen Überzeugungen so konsequent verleugnen, wenden und austauschen kann. Das geht wahrscheinlich nur, wenn man wirklich keine eigenen hat.

Jürgen Albrecht, 04. Oktober 1997

 

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