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Prof. Dr.- Ing. Jürgen Albrecht
dr.albrecht@t-online.de
Leipziger Straße 47/16.03

10117 BERLIN - MITTE

Herrn Eberhard Diepgen
Regierender Bürgermeister
Rotes Rathaus

10117 BERLIN

 

Berlin, 17. Mai 1998

 

Holocaust-Monument

 

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister,

zuerst möchte ich Ihnen Dank und Respekt dafür aussprechen, daß es durch Ihre Intervention bisher keinen Baubeginn für dieses strittige Mahnmal gibt. Ich denke, das ist aus vielen Gründen vernünftig. Als ich eine Diskussion hörte, wie schwierig ist sein würde, das geplante Feld von Stelen (Eisenmann) vor neonazistischen Graffiti's zu schützen, erinnerte ich mich wieder an meinen Vorschlag mit dem Rapsfeld. Vielleicht ist das die Idee die Ihnen hilft, die Realisierung eines 'Monuments' aufzuschieben:

Im Januar 1997 habe ich (zum Spaß und fast nur für mich) vorgeschlagen, statt eines Monuments einfach ein Rapsfeld auf der vorgesehenen Fläche anzulegen (s. Anlage v. 10.01. 1997). Jeder wird fragen, was soll das riesige Rapsfeld im Zentrum Berlins? Wenn es im Mai intensiv gelb blüht, wird man leicht einen Zusammenhang mit dem Judenstern herstellen können. Ist das Feld abgeblüht, haben die harten Stengel den Charakter von Stacheldraht. Am 9. Oktober kann man das Feld in der Nacht abbrennen – was für ein Event für die Medien! Und im nächsten April/Mail blüht es wieder gelb. Wenn überhaupt ein Mahnmal an dieser Stelle entstehen soll, dann muß es aus meiner Sicht erst auf Nachfrage, erst auf den zweiten Blick als solches erkennbar sein. Alles andere kann auf Dauer nur peinlich werden. Die sozialistischen Monumente beweisen es.

Jetzt sehe ich mit Überraschung, daß die Idee mit dem Rapsfeld vielleicht die ideale Übergangslösung ist: Dieses Feld kostet fast nichts, es kann mühelos ein Bezug zum Holocaust hergestellt werden, automatisch werden alle Rapsfelder der Welt (in Deutschland blühen sie jetzt gerade noch) zu Holocaust-Denkmälern (ein ungeanhnter Erfolg!) und das beste: Ein solches Mahnmal ist pflegeleicht und bietet Gegnern absolut keine Angriffsfläche.

Sehr geehrter Herr Diepgen, ich schenke Ihnen diese Idee, vielleicht können Sie damit was anfangen.

 

Mit freundlichen Grüßen
J. Albrecht

 

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