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Das Märchen von der Prinzessin ... Seite 3/3

Solange Dania in die Schlucht fiel – es schien ewig zu dauern – leuchtete sie ein letztes Mal, so hell wie nie. Die jungen Burschen sahen es alle und sie vergaßen es nimmermehr: Dania leuchtete wie eine große, helle Sternschnuppe. Und das seltsamste war, daß sie nicht nach unten, sondern nach oben zu fallen schien: Sie flog direkt in den Himmel.

Und ein letztes Mal versammelte sich das ganze Volk vor der Kathedrale von Pfefferminz, als sich der Tod der Prinzessin Dania wie ein Lauffeuer im Lande verbreitete. Aus den vielen dabei geweinten Tränen wurde ein neuer Fluß, den man Tränse nannte. An ihm liegt noch heute die Kathedrale von Pfefferminz inmitten der großen Stadt Donlon. Wer laufen konnte, eilte nach Pfefferminz, Kranke wurden mit Pferdewagen oder Eselskarren hingefahren und viele zogen sich Bußgewänder an. Alle wußten, ohne die leuchtende Dania wird es noch finsterer werden, in unserem dunklen Land. In der Kathedrale von Pfefferminz fand eine große Trauerfeier statt und sogar Könige und Königinnen aus anderen Ländern waren dazu nach Pfefferminz gekommen. Als der Sarg in die Gruft gesenkt wurde, fing er an zu strahlen und zu leuchten. Und als die Gruft mit einer dicken Granitplatte verschlossen wurde, leuchtete auch sie und sie leuchtet und strahlt noch heute. Da wußten alle, daß Dania nicht wirklich gestorben war. Sie lebt als gute Fee ewig weiter und beschützt uns vor allen Gefahren. Besonders aber behütet sie die Reisenden, die mit den schnellen Pferden aus dem Gestüt Dreistern unterwegs sind.

Die jungen Burschen aus dem Dorf Pipariza merkten am nächsten Morgen, daß alle ihre Taschen mit Gold gefüllt waren.

Sie freuten sich sehr, denn jetzt hatten sie keine Sorgen mehr. Sie ließen neben der Kathedrale von Pfefferminz ein weißes Kreuz errichten, das bis in den Himmel reicht. Ganz oben sieht man weit über das Land den Dreistern des Wunderhengstes Mercudus strahlen. Kaum war das Kreuz mit dem Dreistern fertig, da fing es ganz alleine zu leuchten an. Am Tage wie eine kleine Sonne und in der Nacht leuchtete der Dreistern heller, als alle anderen Sterne am Himmel.

So wurde die strahlend leuchtende Dania zur guten Fee des dunklen Landes und sogar der ganzen Welt. Alle Leute, die Dania lieben, lassen seit jener Zeit neunmal im Jahr für neun Tage, neun Stunden und neun Minuten die Arbeit ruhen und pilgern nach Pfefferminz, um den leuchtenden Dreistern und die strahlende Grabplatte zu sehen.

Alle sind sie glücklich, denn außer einer guten Fee haben sie jetzt endlich auch einen neuen König. Denn vor Gram, Ärger und gelbem Neid, daß ihre ungeliebte Schwiegertochter sogar noch nach ihrem Tode viel beliebter beim Volk wurde, als sie, ist die uralte, hartherzige Königin gestorben. Prinz Carlas wurde König und hat auch gleich danach – heimlich, ganz heimlich – die böse und alte Cimalla geheiratet. Immer noch glaubt er, daß sie ein junges und hübsches Mädchen ist.

Und wenn sie nicht gestorben sind, spielen sie - vielleicht sogar heute nacht - immer noch ganz heimlich die entsetzlich grausamen und gräßlich gruseligen Spiele und denken, keiner sieht und hört etwas davon ...

Jürgen Albrecht, 03. September 1997

 

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