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We are the greatest

Selten kommt es vor, aber gestern war ich (wirkunsvolle Reklame!) mit meinem Freund Conny wieder einmal im Kino: Independence Day. Die Story in Kurzfassung: Außerirdische Lebewesen wollen unseren Planeten erobern. Sie kommen mit vielen, großen Raumschiffen (30 km Durchmesser) und zerstören die größten Städte der Erde. Eine intakte Militärbasis der USA bleibt übrig. Von dort aus organisiert der amerikanische Präsident die 'größte Luftschlacht der menschlichen Geschichte'. Amerika siegt, die Amerikaner sind happy, ein paar andere auch noch. Wieder einmal wurde die Menschheit von Amerika gerettet.

Der Film lebt nicht von dieser Story, sondern von den 'Special Effects'. Hochhäuser und ganze Straßenzüge werden in Schutt und Asche gelegt. Raumschiffe und Flugzeuge explodieren, Autos und Wrackteile fliegen dem Kinobesucher um die Ohren. Hunderte von Flugzeugen sind in der Luft, riesenhafte, komplexe Raumschiffe verdunkeln die Erde ... Die heute verfügbare Tricktechnik wurde voll ausgereizt: Computer, virtueller und physischer Modellbau, Pyrotechnik, Stunts. Das ist so faszinierend und realistisch gemacht, daß man sich fragt, kann es nach diesem Film überhaupt noch eine Steigerung bei der Ballerei, beim Schlachtgetümmel und bei den Effekten geben?

So viel Action ist ganz nett, aber richtig reingezogen in die Story wird man nicht, jedenfalls nicht wir beide. Die Story ist einfach zu platt, zu durchsichtig und zu unrealistisch. Dafür aber ist sie typisch amerikanisch: We are the greatest! Egal wer kommt, wir ballern alle nieder! Und wenn uns die Araber, Russen und Chinesen helfen, dann ist das gut so. Aber natürlich würden wir es auch alleine schaffen. Das ist die erste Botschaft, die mit diesem Film dem Zuschauer ungeschminkt aufgedrängt wird.

Die zweite Botschaft lautet: Wir sind nicht allein, aber im Universum sind wir die Größten. Daß wir nicht allein sind, mag ja sogar stimmen. Aber bei den Außerirdischen fällt den Machern nur ein, daß sie wie Menschen aussehen und denken und daß sie vor allen Dingen Feinde der Menschen sind. Sie müssen bekämpft und natürlich besiegt werden. Überzeugend muß bewiesen werden, daß wir die besseren Waffen haben. Wir, die Amerikaner.

Dieser Beweis wird auf dem Niveau von Klein Mäxchen geführt. Jeder, der auch nur das technische Wissen eines Autofahrers besitzt muß erkennen, daß es so einfach nicht gehen kann: Der heroische, amerikanische Pilot kann ohne Training plötzlich ein Raumschiff der Außerirdischen fliegen. Der verkannte, aber geniale Wissenschaftler, programmiert mit seinem Laptop das Steuerungssystem der außerirdischen Feinde um. Einfach so, mit 'Upload virus' und natürlich existieren keinerlei Kompatibilitätsprobleme.

 

Jedem müssen sich alle Haare sträuben, der nur einmal versucht hat, aus dem Internet eine Software auf seinen heimischen PC 'down zu loaden' und sie dann auch noch zum Laufen zu bringen.

Die missionarische Glaubensbotschaft, die der Film allen vermittelt, die reinen Herzens sind und bar jeder technischen Ahnung: Hauptsache man steht auf der richtigen Seite und will das Gute, dann erreicht man es auch. Diese Plattheit amerikanischer Filme ist Methode. Jeder Filmgenuß verfliegt vor der Leinwand, wenn man nicht seinen Verstand an der Garderobe abgegeben hat.

Der Gipfel dieses Machwerkes aber ist, daß das Genie, das alle rettet, demonstrativ auch noch ein Jude ist. Als sein Kumpel, der Superpilot, zu erkennen gibt, daß er 'nicht jüdisch' ist, erwidert die Geistesgröße: 'Macht nichts, nobody ist perfect.' Was soll das? Wie soll man das nach dem Willen der Filmemacher verstehen? Ist das eine Botschaft nach dem jüdischen Muster: 'Wir sind das auserwählte Volk. Wir sind auch ausersehen, Euch alle zu erretten!' Oder ist es viel simpler. Ist hier einfach nur ein Geschäft abgelaufen: 'Wenn eine solche Szene im Film auftaucht, übernehmen wir 20% der Produktionskosten von 30 Millionen Dollar.' Die Kosten lagen in dieser Höhe. Beide Varianten sind für mich absolut unerträgliche Manipulation.

Welche Wirkung hat der Film? Uns haben die schön realisierten Tricks gefallen, deswegen sind wir ja auch hingegangen. Mein Problem, wenn ich den Verstand nicht ausschalten kann. Mehr als die Effekte hat Conny auch nicht interessiert, obwohl auch er nach dem Film große Zweifel an der Machbarkeit der Story hatte. Aber natürlich sieht ein 14-Jähriger das viel unkomplizierter als ich. Die jüdische Passage ist Conny überhaupt nicht bewußt geworden, genau das war ja auch gewollt.

Weltweit ist die Vermarktung dieses Films mit riesigem Reklameaufwand und unzähligen Fan Artikeln gerade erst angelaufen. Aber schon im Vorfeld zeigte die Reklame Wirkung: Die UFO-Gemeinde bekam Auftrieb durch diesen Film. Plötzlich wurden weltweit wieder überall UFO's gesichtet, vor allen Dingen in den USA. Eine nicht repräsentative Umfrage im FOCUS ergab: Auch in Deutschland sind die Hälfte aller Menschen der Meinung, daß es UFO's wirklich gibt. In den USA liegt der Anteil fast bei 90 Prozent. Diese Zahl scheint dem Bildungsniveau eines Volkes direkt proportional zu sein.

Das aber sind alles nur läppische Nebenwirkungen. Das Entscheidende ist: Der Film wird ein Riesengeschäft. Die Anfangsinvestition von 30 Millionen US$ wird eine dreistellige Rendite einspielen. Und nur darauf kommt es heute an.

Jürgen Albrecht, 28. September 1996

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