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Duosan Rapid - Unbesiegt

Achtung: Jetzt ist er da, der große Roman der Deutschen Wiedervereinigung! Endlich wieder ein Stück großer, deutscher Literatur.
Lange mußte Reich-Ranicki darauf warten:

Mindestens seit meiner Schulzeit in den 50-er Jahren habe ich Duosan Rapid in allen Fällen benutzt, in denen ein Klebstoff von Nöten war. Duosan Rapid war in der DDR konkurrenzlos, es gab nichts gleichwertiges, es gab nichts besseres. Neben Duosan Rapid konnte man 'Büroleim' kaufen. Da hatte man den Eindruck, es war Mehlkleister. Wenn man damit Papier klebte - im Büro der Normalfall - dann wellte sich die Klebestelle dauerhaft. Dafür konnte man sie aber leicht wieder lösen. In den letzten Jahren der DDR gab es weitere Spezialkleber. Das waren Zweikomponenten Kleber zum Verbinden von Metallteilen, Glas und Kunststoff. Also ausgesprochene Spezialanwendungen. Der Universalkleber für den Haushalt war und blieb: Duosan Rapid.

Duosan Rapid gab es nur in einer Variante. Zwei verschiedene Tubengrößen, beide in einem hellen Blau, das war die ganze Variation. Ich könnte es nicht beschwören, aber ich bin ziemlich sicher, die große Tube (50 g ?) hat vierzig Jahre lang 90 Pfennige gekostet. Es war ein Lösungsmittelkleber, bis ans Lebensende werden ich den Acetongeruch in der Nase haben. Duosan Rapid klebte alles, was im Haushalt und beim Basteln zur Debatte stand, in erster Linie Papier und Holz. Es ging schnell, es hielt, es war sparsam, das Papier verformte sich nicht und vor allen Dingen: Duosan Rapid zog keine Fäden !!

Dann kam die Wende. Kein Mensch dachte dabei an Duosan Rapid. Man hatte ja noch was. Aber spätestens nach einem Jahr wurde der Nachschub schwieriger und dann war es ganz aus: Duosan Rapid war nicht mehr auf dem Markt. Ich weiß nicht, wo der Kleber zu DDR Zeiten hergestellt wurde, ich weiß nicht, was aus der Produktion geworden ist, ich weiß nur, es gibt kein Duosan Rapid mehr. So ein Elend!

Ich suche nach einem gleichwertigen Ersatz. Die Suche ist einfach, denn in Deutschland gibt es nur einen Kleber: UHU ist Monopolist in diesem Lande. Geht man in ein entsprechendes Geschäft, sieht man ein ganzes Regal voll Klebstoff.

 

 

Nachtrag July 2002:
Vor zwei Jahren blieb mir das Herz fast stehen: Ich sah eine blaue Tube Duosan im Kleberegal !! 'Duosan Kraftkleber' für 3,99 DM. Das Blau der Tube ist zu dunkel, der Klebstoff riecht nach Aceton, aber er ist braun und (entsetzlich!) er zieht Fäden! Das kann auch gar nicht anders sein, denn er ist von ... UHU.

 

Nachtrag Mai 2003:
Neuigkeiten vom UHU-Kleberegal: DUOSAN RAPID Universalkleber, 42 g für 1,99 Euro. Das Blau der Tube und der Verpackung ist immer noch zu dunkel (s.u.). Der Klebstoff ist glasklar, er riecht (zu wenig) nach Aceton und ... er zieht Fäden; allerdings weniger als der Kraftkleber. Auch das ist nicht das Original.
Duosan fadenlos bleibt verschollen.

 

Große Flaschen, kleine und mittlere Flaschen, Plasteflaschen, Glasflaschen, Schraub-, Spritz- und Streichverschlüsse, mit und ohne Lösungsmittel. Eine ähnliche Galerie bei den Tuben, ein großes Sortiment von Klebestreifen und -Folien, alles in Gelb-Schwarz. Alles von UHU. Ich habe alles ausprobiert. Das Ergebnis ist depremierend, aber eineindeutig: Es gibt keinen gleichwertigen Klebstoff für Duosan Rapid in DIULA (diesem unseren Lande).

Der entscheidende Unterschied: Der glasklare Klebstoff von UHU zieht Fäden !! Entsetzlich, grauenvoll, lästig, unangenehm, störend, ärgerlich, belastend. Der UHU Kleber, der keine Fäden zieht, hat eine andere, pastöse Konsistenz. Er läßt sich schlechter verteilen, verstreichen, er neigt dazu, mit kleinen Klümpchen aus der Tube zu kommen. Grauenhaft, unangenehm, mühevoll, beschwerlich, schauderhaft. Ganz nebenbei, aber nicht unerheblich: Kein Kleber von UHU riecht nach Aceton.

Ich verstehe völlig, daß UHU, der klebende Gigant, mit der Wende alles daran gesetzt hat, seinen Konkurrenten VEB DUOSAN RAPID vom Markt zu fegen. Es ging nicht um Fairneß, um freien Wettbewerb, um Qualität. Es ging nur um das tägliche, millionenfache Kleben und - vor allen Dingen - es ging um die Fäden. Fäden oder nicht, das war hier die Frage! UHU, der Kleber wußte, daß er beim Kampf mit offenem Visier keine Chance gegen Duosan Rapid gehabt hätte: Kein Ossi wäre freiwillig zu UHU gewechselt. Natürlich war auch klar, wer diesen fiesen und völlig ungleichen Kampf gewinnen würde.

Was mir aber völlig unbegreiflich bleiben wird: Warum hat UHU nur den Konkurrenten geschluckt, nicht aber das Rezept erbeutet !? UHU ist eine Firma, die ich noch aus meiner Kindheit in Schlesien kenne. Ich nehme an, Firmengründung 1920 oder davor. Seit 75, vielleicht seit 100 Jahren ist es der Firma nicht gelungen, einen glasklar fließenden Klebstoff zu entwickeln, der keine Fäden zieht !! Mit der Wende bestand die Chance, auf diese revolutionäre (aber leider sozialistische) Erfindung umzusteigen. Die Chance zur Reform der stagnierenden bundesrepublikanischen Klebetechnologie wurde dilettantisch verspielt!

Die ganze Innovationskraft von UHU hat sich darin erschöpft, den Konkurrenten 'platt zu machen', wie man heute im Treuhanddeutsch sagt. Dabei aber war UHU in bester Gesellschaft, denn dieses Verfahren hatte sich nach der Wende schnell eingespielt.

Wo ist das Rezept für den klaren Kleber ohne Fäden ??! Sollte es dem VEB DUOSAN RAPID im Verein mit finsteren, aber 'Guten Genossen' gelungen sein, das avantgardistische Rezept vor dem Konkurrenten in Sicherheit zu bringen? Sind mit Duosan Rapid und der DDR auch die bahnbrechenden Erkenntnisse über die fadenlose, realsozialistische Klebtechnik untergegangen? Was für ein Verlust für diese Hochkultur !

Heute ist Feiertag. Dritter Oktober. Fünfter Jahrestag der Deutschen Einheit. Der schlimmste Umbruch, der über uns (bei-) getretene Ossi's hereingebrochen ist:

Ein Leben ohne Duosan Rapid.

Jürgen Albrecht, 03. Oktober 1995

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Duosan 2003