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Stippvisite im Heiligen Land

Jerusalem am 21. November 2011, 10:28 h
Jerusalem - 21. November 2011, 10:28 h


Bethlehem

Galiläa

Facit

 

   

Jerusalem
Jerusalem - Tempelberg mit El Axa-Moschee und Felsendom

 

Als Kreuzfahrer nach Jerusalem

Die Kreuzritter brauchten vier Jahre bis nach Jerusalem. Sie waren ständig in Gefechte verwickelt und viele verloren dabei ihr Leben - Durch Hunger, Krankheit oder im Kampf mit den „Ungläubigen“. Die modernen Ungläubigen kommen heute mit Kreuzfahrtschiffen und ohne Waffen. Sie werden von Israel auch gerne ins Heilige Land hereingelassen, denn sie bringen Geld mit. Allerdings müssen die Kreuzfahrer erst eine strenge Ausweis- und Gesichtskontrolle über sich ergehen lassen. Dazu kamen israelische Sicherheitsbeamte bereits in Katakolon an Bord und sie inspizierten alle knapp 4.000 Passagiere des Schiffes. Wer diese Kontrolle überstanden hat, bekommt ein Landing Permit, die Voraussetzung für Ausflüge in Israel.

Ob jemandem dieses Permit verweigert wurde, war nicht zu beobachten. Ich halte es für legitim, dass sich Israel absichert. Ich hätte mich auch nicht gewundert, wenn ich wegen meiner kritischen Haltung gegenüber dem Staat Israel – oft geäussert in diesem Web – kein Permit erhalten hätte. Aber – Gott sei Dank – so engstirnig ist Israel nicht. Was richte ich mit meiner Kritik schon gegen das mächtige, waffenstarrende Israel aus? Der kleine Kläffer, der den Mond anbellt.

Costa bietet eine Kreuzfahrt an, die auch israelische Häfen anläuft. Vorgesehen war der Aufenthalt in Haifa und Ashdod. Der Aufenthalt in Ashdod wurde kurzfristig gestrichen. Wahrscheinlich aus Sicherheitsgründen. In Ashdod waren wieder palästinensische Raketen eingeschlagen. Als Ausgleich wurde der Aufenthalt in Haifa von einem auf zwei Tage verlängert.

Die Organisation der Tagesausflüge nach Jerusalem, Galiläa und zum Toten Meer übernahmen israelische Unternehmen. Das Interesse der Kreuzfahrer war gross, mehr als 15 Busse standen an beiden Tagen vor dem Schiff auf dem Quai. Billig waren diese Touren nicht: 100 Euro für einen Tagesausflug mit einem engagierten Reiseleiter und einem guten Mittagessen sind aber durchaus noch akzeptabel. In Jerusalem hatten wir mit dem Guide grosses Glück, in Galiläa konnte man deutlich sehen was passiert, wenn man kein solches Glück hat. Auf der anderen Seite aber sind es ja gerade die Unterschiede, die eine solche Reise interessant machen.

Mit den Erfahrungen dieser Tour ist davon auszugehen, dass Israel als Reiseland relativ sicher ist. Man kann sich in dem Land frei bewegen und wird von den so unterschiedlichen Bewohnern Israels freundlich aufgenommen. Gerade wer religiös gebunden oder interessiert ist, sollte eine Reise in das Heilige Land erwägen. Es lohnt sich, denn touristisch dreht sich alles um die biblischen Geschichten und die dazugehörigen historischen Stätten, die der Christenheit heilig sind.

Der „Ungläubige“ aber stellt sich nach so einer Reise die Frage wie die Welt aussehen würde, wenn man Mystik, Transzendenz und Wunderglaube weglassen könnte und die Bibel nur als das ansehen würde, was sie ist: Die Beschreibung der Lebensweise und Gedanken der Bewohner dieser Gegend vor 2.000 Jahren. Es waren Viehzüchter, Bauern und Fischer. Ganz normale Leute, die versuchten, sich die Welt zu erklären. Was für sie nicht offensichtlich war, erklärten sie zum Wunder. So sehen Analphabeten noch heute die Welt. Wir können uns jetzt zwar etwas mehr erklären, aber für „Wunder“ bleibt noch jede Menge Raum. Die heutigen Wunder haben nur eine andere Dimension …

 

Jerusalem - Dungtor
Jerusalem - Zugang zum Sicherheitsbereich der Klagemauer durch das Dungtor - blauer Punkt

 

Jerusalem

Um 10:19 Uhr sehen wir das erste Mal die goldene Kuppel des Felsendoms! Wir sitzen auf der richtigen Seite des Busses und fahren bergauf. Ein paar Minuten später steigen wir auf dem Ölberg aus, in der Nähe des Hotels Interkontinental. Von hier aus blickt man in das Tal des jüdischen Friedhofs, unten läuft die Strasse nach Jericho und direkt gegenüber liegt die Altstadt Jerusalems in der besten Beleuchtung die man sich vorstellen kann: Ein klarer Morgen mit Sonne, hohe, dramatische Gewitterwolken, Sonnenflecken über der Stadt. Ein überwältigender Anblick!

Um 8 Uhr sind wir an diesem 21. November 2011 im Hafen von Haifa in den Bus Nummer 8 gestiegen. Der Ausflug nach Jerusalem und Bethlehem steht heute auf dem Programm. Dieser Ausflug war entscheidend dafür, dass wir diese Kreuzfahrt mit Costa gebucht haben. Mit dem Reiseleiter haben wir grosses Glück. Ein Israeli mit russischen Wurzeln, eine klare, sehr gut verständliche Stimme. Vor allen Dingen aber will uns Danny mit missionarischem Eifer über sein Land und über Jerusalem informieren, ohne dabei Israel als das gelobte Land in den Himmel zu heben. Ein Reiseleiter, wie man ihn sich nicht besser wünschen kann. Auf der zweistündigen Fahrt nach Jerusalem erhalten wir interessante Informationen über Land und Leute, über die Verkehrssituation, die Probleme mit Wasser und Energie und über die Städte und Dörfer, an denen wir vorbeifahren. Die Sonne scheint, Städte, Dörfer, Felder, Plantagen, Minarette. Ein dicht besiedeltes Land. Die Sonne scheint. Weite Sicht. Eine sich seltsam bewegende Wolke: Hunderte von Störchen kreisen ruhig in der Luft.

Psychologisch geschickt fährt Danny mit uns zuerst auf den Ölberg, wo man vom Anblick Jerusalems regelrecht erschlagen wird. Jerusalem - Mehr als 3.000 Jahre Geschichte! Wir haben Zeit hier oben - Herrliches Wetter. Sonne, warm. Strassenhändler, ein Eselskarren und ganz profan: Eine saubere, kostenfreie Toilette. Fast 76 Jahre musste ich erst alt werden und durch die ganze Welt bis nach Jerusalem reisen, um die erste (und bislang einzige!) vollständig ausgerüstete Herrentoilette zu erleben: Neben dem Pissoire hängt ein Papierspender an der Wand, damit man sich ordentlich die letzten Tropfen von seinem edelsten Teil abtupfen kann!

 

Jerusalem
Sicht auf Jerusalem vom Ölberg aus


Jerusalem Goldenes Tor
Jerusalem - Goldenes Tor, ganz rechts (Baustelle!)
In der Mitte über der Mauer die Antoniafestung

 

Jerusalem, Friedhof am Goldenen Tor
Jerusalem - Friedhof rechts vom Goldenen Tor
Im Hintergrund das Rockefeller Museum


Jerusalem, Felsendom
Felsendom

 

Danny auf dem Ölberg
Danny auf dem Ölberg

 

Kirche der Hl. Maria Magdalena
Kirche der Heiligen Maria Magdalena

 

Jetzt aber fotografiere ich erst einmal Jerusalem. Was für eine Stadt! Was für eine Historie! Was wurden hier für religiöse Kämpfe (um des Kaisers nicht vorhandenen Bart) ausgetragen! Die Stadt liegt vor uns in der Sonne und Danny informiert uns über die Stadtteile, die Hauptgebäude, die Sehenswürdigkeiten und über die riesige Platte, die Herodes planieren und befestigen liess, um darauf den Tempel zu errichten. Herodes der Grosse, geboren um 73 v. Chr.; gestorben 4 v. Chr., König über Judäa, Galiläa und Samaria. Das mit starken Mauern, Türmen und Toren befestigte Plateau ist wesentlich schwieriger zu zerstören, als ein Tempel. Deswegen stehen die Mauern heute noch. Sie wurden in drei Bauphasen in den letzten zweitausend Jahren rekonstruiert. Dabei ist unten immer noch die Basis sichtbar, die aus der Zeit des Herodes stammt. Mehr ist von dem legendären Tempel der Juden nicht übrig geblieben. Im Gegenteil: Dass die Moslems auf der Tempelplatte des Herodes die El Axa-Moschee und den Felsendom errichtet haben, wird für Juden und Christen ein Stachel in ihrem Fleisch sein und bleiben, solange diese Bauwerke stehen.

Von oben kann man das Dungtor (Dung, wie Abfall und Mist) schon sehr gut sehen (Blauer Punkt). Dort fahren wir jetzt hin, vorbei an Getsemani und dem Goldenen Tor. Gegenüber leuchten die goldenen Zwiebeltürme der russisch-orthodoxen Kirche der Heiligen Maria Magdalena. Rechts vom Dungtor befindet sich eine grosse Ausgrabungsstelle, die auch besichtigt werden kann. Hier wandelt man auf Treppen, die noch aus der Zeit des Herodes stammen. Die Umgebung der Klagemauer, die man durch das Dungtor erreicht, ist ein Sicherheitsbereich. Pass und Gepäckkontrolle, getrennt nach Frauen und Männern.

 

Jerusalem - Klagemauer

Die Klagemauer


Jerusalem - Klagemauer
Die Klagemauer

Jerusalem - Klagemauer, Seite der Frauen

Jerusalem - Klagemauer, Sicht von der Seite der Frauen
Klagemauer, Sicht von der Seite der Frauen


Prozession vor der Klagemauer
Prozession vor der Klagemauer

 

Die Frauen dürfen den Männern beim Beten zuschauen
Die Frauen dürfen den Männern beim Beten zuschauen


Disput an der Klagemauer
Disput an der Klagemauer

 

Betende im Gewölbe der Klagemauer
Betende im Gewölbe der Klagemauer

 

Beten an der Klagemauer
Beten an der Klagemauer

 

Um 11:30 Uhr führt uns Danny auf den grossen Platz vor der Klagemauer. Hier trennen sich unsere Wege: Die Juden haben hier das Sagen und sie fühlen sich vor der Klagemauer durch Frauen zu sehr abgelenkt. Frauen dürfen deshalb den betenden Männern über einen Zaun zuschauen, sie dürfen aber selber nicht in den linken Teil der Klagemauer. Der Platz vor der Klagemauer ist durch einen Zaun abgeteilt, über den die Frauen zuschauen dürfen, wenn sie sich auf einen Stuhl stellen. Der kleinere, rechte Teil der Klagemauer gehört ihnen.

Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich mich als "Ungläubiger" einmal vor der Klagemauer wiederfinden würde! Aber jeder Mann, der seinen Kopf mindestens mit einer Kippa bedeckt, darf an die Klagemauer. Für mich hat sie nur historische Bedeutung, die religiöse bleibt mir verschlossen. Deshalb beobachte ich hier nur die betenden Menschen und möchte sie durch meine Anwesenheit möglichst wenig stören. Aber sie lassen sich in ihrer Versenkung kaum durch die äusseren Umstände stören, denn auf diesem Platz ist viel los: Ein ständiges Kommen und Gehen. Direkt vor der Klagemauer sitzen oder stehen betende Juden, viele im weissen Tallit, mit Tefillin und Gebetsriemen. An den Seiten sind provisorische Altäre aufgebaut. Rabbiner stehen vor vielen Büchern und beten. Auf dem Platz mehrere Prozessionen gleichzeitig. Hier wird Bar Mitzwa gefeiert: Der 13-jährige Junge wird in die Gemeinschaft der Männer aufgenommen und darf jetzt auch aus der Thora vorlesen. Deswegen darf er sie bei dieser Prozession auch tragen (Video). Von der linken Ecke der Klagemauer aus führt ein grosses Tor unter das Tempelplateau. Hier geht die Klagemauer unterirdisch weiter. Männer sitzen betend in Dreierreihen davor. Die Prozessionen laufen durch die mit hohen Gewölben ausgestatteten Räume.

 

Kreuzung an der Via Dolorosa
Kreuzung an der Via Dolorosa


Via Dolorosa
In der Via Dolorosa

 

Via Dolorosa
Devotionalien in der Via Dolorosa

 

Via Dolorosa
Basar in der Via Dolorosa

 

Um 11:50 Uhr verlassen wir den Platz vor der Klagemauer. Die ersten Regentropfen fallen. Wir tauchen in den Basar ein und laufen auf der Al-Wad-Street in Richtung Norden durch das Moslemische Viertel. Basar. Hier kann man alles kaufen, was zum Leben notwendig oder unnötig ist. Danny hat uns aufgetragen, nichts zu kaufen, damit keiner von unserer Gruppe verloren geht und wir unser Programm schaffen. Er verspricht uns am Ende des Tages in einen Shop zu führen, wo man alles das auch kaufen kann, was man hier sieht - Allerdings zu stark überhöhten Preisen, wie sich später herausstellen wird.

Es ist 12:10 Uhr, als der Basar unvermittelt auf die Via Dolorosa stösst. Eine Kreuzung mit grossem Gedränge. Via Dolorosa, SIMONI CYRENAEO CRUX IMPONITUR, Station V. Eine Gruppe Afrikaner, fast alle mit dicken Wollmützen, drängen sich gleichzeitig mit unserer Gruppe 8 in die Via Dolorosa, währen die jeweiligen Führer zu erläutern versuchen, was Station V bedeutet. Jetzt laufen wir in der Via Dolorosa nach Westen. Vom Leidensweg Christi ist nichts zu spüren. Auch die Via Dolorosa ist heute ein ganz gewöhnlicher Basar im Moslemischen Viertel: Der Handel und das Geschäft dominieren das alltägliche Geschehen. Wasserpfeifen, Jerusalem Pottery, Schmuck, Souvenirs, Money Changer, eine Olivenpresse, Jeans für 49,99, Gitarren, getrocknete Früchte, Gebetsmäntel, Süssigkeiten. Drangvolle Enge. Ein T-Shirt mit der Aufschrift: DON’T WORRY AMERICA – ISRAEL IS BEHIND YOU. Wir kommen an einigen Stationen des Leidensweges Christi vorbei. Aber wenn man nicht darauf hingewiesen wird, kann man sie im blinkenden Kommerz kaum erkennen. Wir passieren den Alexandrowskoje Podworetz, auch heute noch im Besitz Russlands. Kurz vor der Grabeskirche: Stände voller Devotionalien.

 

Jerusalem - Grabeskirche, Golgatha
Grabeskirche - Maria und Johannes (rechts) - Golgatha


Grabeskirche, Aussenansicht
Grabeskirche, Aussenansicht

 

Grabeskirche, Mosaik der Kreuzabnahme
Mosaik der Kreuzabnahme und Grablegung


In der Grabeskirche In der Grabeskirche - Der Nabel der Welt

 

Grabeskirche - Nabel der Welt, Salbungsstein
Der Salbungsstein

 

Vorderseite der Aedicula über dem Heiligen Grab
Vorderseite der Aedicula über dem Heiligen Grab

 

Es regnet, als wir um 12:30 Uhr die Grabeskirche erreicht haben. Eine grosse Tür aus Zedernholz mit mehreren kleineren Türen und Klappen, angeblich eines der ältesten Relikte der Grabeskirche. Auf dem Vorplatz relativ wenig Menschen, aber in der Kirche wieder Himmel und Menschen, die sich an den verschiedenen Stationen im Ober- und Untergeschoss vorbeidrängen. Auch die Afrikaner mit ihren Pudelmützen sind wieder dabei und sie haben mit ihren massigen Gestalten grosse Mühe auf den schmalen Treppen.

Im Obergeschoss ein Altar mit Maria und Johannes (rechts). Davor viele brennende Kerzen. Menschen, die in diesem Gedränge versuchen, eine kurze Andacht zu halten. Dieser Altar birgt ein Loch im Steinboden, in dem angeblich das Kreuz gestanden hat – Golgatha.

Von oben hat man die beste Sicht auf den Salbungsstein im Untergeschoss. Hier steht unter der grossen Kuppel ein armierter Quader mit einem Altar an der Vorderseite: Das Zentrum der Grabeskirche: Die Aedicula über dem Heiligen Grab, umringt von vielen Menschen. Daneben befinden sich mehrere kleine Kapellen mit Reliquien. In Sichtweite der Aedicula davon und vor dem Salbungsstein, an der Wand ein riesiges Mosaik (neueren Datums), das die Kreuzabnahme und Grablegung Jesu zeigt.

Zitat: „Im Zentrum der Kirche, von der Rotunde her zugänglich, liegt das Mittelschiff mit Altar. Es wird als Katholikon bezeichnet und ist unter Kontrolle der griechisch-orthodoxen Kirche. An dieser Stelle befand sich nach mittelalterlicher christlicher Auffassung der Nabel der Welt.“

 

Vor dem Jaffator (links) - Blick nach Süden

Vor dem Jaffator (links) - Die Mauern der Zitadelle mit dem südlichen Turm


Das Jaffator - Innerhalb der Mauern
Das Jaffator - Innerhalb der Mauern

 

Nordturm der Zitadelle
Nordturm der Zitadelle


Das Jaffator
Das Jaffator

 

Pflastersteine des Herodes im Basar
Pflastersteine des Herodes im Basar

 

Omar Ibn Khatab-Platz
Der Omar Ibn Khatab-Platz

 

Um 13:15 verlassen wir die Grabeskirche. Es regnet. „Ein Schirm für fünf Euro!“ Auch für drei Euro würde man ihn bekommen. Aber es regnet nicht sehr und wir bewegen uns wieder in einem gedeckten Basar auf das Jaffator zu. Diesmal im Christlichen Viertel, aber es ist kein grosser Unterschied zum Basar im Moslemischen Viertel zu erkennen. Der Weg ist teilweise mit riesigen Kalksteinquadern gepflastert, die mit Sicherheit aus der Zeit des Herodes stammen. Sie haben ähnliche Dimensionen wie die Quader an der Klagemauer.

Der Basar öffnet sich zum Omar Ibn Khatab-Platz und wir stehen vor dem Nordturm der Zitadelle. Beeindruckende, hohe Befestigungsmauern. Auch hier stammen nur die unteren Teile noch aus der Zeit des Herodes. Vorbei an der Zitadelle verlassen wir durch das Jaffator die Altstadt Jerusalems. Vor den Mauern der Zitadelle steht unser Bus, der uns jetzt zum Hotel Rimonim, 24 Shachrai Street, bringt: Pause und Mittagessen.

Das Mittagessen findet in einem grossen Saal statt, in dem ein reichhaltiges Buffet aufgebaut ist. Das Essen schmeckt, der rote Wein ist gut, jeder wird satt. Draussen geht inzwischen ein Gewitter nieder. Es giesst wie aus Kübeln, Hagelkörner prasseln ans Fenster.

 

Teure Jerusalem Souveniers
Teure Jerusalem-Souvenirs

 

Teurer Jerusalem Kitsch
Teurer Jerusalem-Kitsch

 

Um 14:50 Uhr sitzen wir wieder im Bus und jetzt findet die israelische Variante des Besuchs bei einem Teppichhändler statt: Wir fahren lange irgendwohin und werden dann im Daimond Center Caprice, 1 Kefar Etzion Street (At Diplomat Hotel), ausgeladen. Ein riesiger Saal voller Schmuck und teure Klunkern! Geschulte Verkäufer nehmen sich die Frauen vor, die sich etwas intensiver als andere die Auslagen ansehen. Innerhalb von maximal einer Viertelstunde müssen sie diese Frau zur Ausgabe von mindestens 1000 Dollar verführen, möglichst das Zehnfache. Es muss vor allen Dingen schnell gehen, denn die Touristen, die hier in Busladungen durchgeschleust werden, haben alle keine Zeit. Hier siegt man nur mit einem Überraschungsangriff! Ich beobachte das Geschäftsgebaren mit grossem Interesse, denn ich bin immun: My Budget ist not Diamonds best friend! Hat erst einmal eine Dame einen Ring oder einen Anhänger in der Hand, gibt es kein Halten mehr. Der anfängliche Preis wird deutlich reduziert, wenn man zu handeln versteht. Kein Geld dabei oder keine Credit Card – Das ist überhaupt kein Hindernis! Eine Unterschrift und die Costa-Card genügen und das Schmuckstück wechselt den Besitzer!

In den Räumen vor dem Ausgang ist die Abteilung für den schmalen Geldbeutel angesiedelt. Devotionalien, Postkarten, Salz vom Toten Meer, Souvenirs. Alles billiger Kitsch. Meine Mutter hätte dazu vor 50 Jahren „Tinnef“ gesagt. Ein jüdischer Ausdruck, wahrscheinlich mit hebräischem Ursprung. Hier wird alles zu völlig überhöhten Preisen verkauft, das Drei- bis Fünffache gegenüber dem Basar. Ein Magnet-Sticker für den Kühlschrank beispielsweise kostet 8 Euro. Im Basar bekommt man zwei davon für einen Euro, wenn man es geschickt anstellt. Das ist der blanke Nepp. Auch ein Begriff mit jüdischen Wurzeln. Handeln mit beträchtlichem Gewinn – schon lange eine jüdische Domäne.

Durch diese Jerusalemer Kaffeefahrt verlieren wir mehr als eine wertvolle Stunde. Es ist kurz vor 16 Uhr, als sich Danny vor dem Check Point in Bethlehem verabschiedet. Eine offensichtliche Absprache, dass Palästinenser auf dem Gebiet die Führung einer Reisegruppe übernehmen, das unter palästinensischer Selbstverwaltung steht. Wir verlassen Israel und fahren in das „palästinensisch verwaltete Gebiet“, gegen das sich Israel hier bei Bethlehem mit einer hohen, gewalteinflössenden Mauer abgrenzt. Auf der anderen Seite - in Bethlehem - erwartet uns eine palästinensische Reiseführerin. Knapp zwei Stunden später nimmt uns Danny hinter dem  Check Point wieder in Empfang, als wir aus Bethlehem zurückkommen. Im Dunklen und bei Regen fahren wir nach Haifa zurück. Oft tauchen grüne Lichter in der Dunkelheit auf: Beleuchtete Minarette in arabischen Dörfern Israels.

Sperranlage vor Bethlehem
Sperranlage vor Bethlehem

Jürgen Albrecht, 23. November 2011
Fotos: Nikon Coolpix S9100
update: 21.12.2011

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