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Die verlorene Unschuld ... Seite 2/2

Wie unvernünftig solches Handeln ist, zeigt schlaglichtartig eine Grafik im heute druckfrischen SPIEGEL unter dem Titel 'Flüchtlingsdrama weltweit'.   Damit sind die Flüchtlingszahlen aus dem Kosovo zu relativieren. Sie waren eindeutig der Anlass für den Beginn dieses Krieges der NATO gegen Yugoslawien:

 

 

Die 'humanitäre Katastrophe' sollte verhindert werden. Wer aber weiss überhaupt etwas von der mehr als doppelten Anzahl der Flüchtlinge und Vertriebenen z.B. in Kolumbien, Angola und Afghanistan? Das Flüchtlingselend der Palästinenser ist seit Ende des II. Weltkriegs politischer Alltag. Wie beantworten mir die Grünen angesichts dieser Fakten zwei ganz einfache Fragen: Wer hilft den Vertriebenen weltweit?? Und warum 'hilft' dort nicht überall die NATO mit Bomben, Kampfhubschraubern und Bodentruppen? Sofort wird klar, dass es sich hier um unlösbare Konflikte handelt. Überträgt man das Kosovo-Problem auf die Palästinenser oder auf den Sudan wird klar, dass es die haarsträubendste Strategie ist, dieses Problem mit einem Luftkrieg zu 'klären' zu wollen.

Trotzdem wird aus zwei Gründen weiter Krieg geführt: Dieser Krieg ist eine Machtdemonstration der USA und er passt in die nationale und wirtschaftliche Interessenlage der Vereinigten Staaten. Ausserdem wird gerade am Kosovo-Krieg deutlich, dass Politik nicht nach analytischen, vernünftigen und berechenbaren Grundsätzen funktioniert. Wie bei allen sozialen Auseinandersetzung spielen auch in der Politik Emotionen die wichtigste Rolle: Es kommt entscheidend darauf an, 'nicht das Gesicht zu verlieren', 'Solidarität zu zeigen' und 'nicht tatenlos zuzusehen'.

Die Grünen haben einen höchst PR-wirksamen Zeitpunkt verpasst, ihre Unschuld wieder in die Opposition zu retten.

 

Sie haben sich als das geoutet was sie sind: Unglaubwürdige Politiker, die ihre Wertmassstäbe nach Belieben und nach politischer Opportunität wechseln. Wenn es nützlich ist, auch alle vier Wochen.

Es kam mir gleich schon sehr verdächtig vor, als Fischer seine Parteigenossen aufforderte, es käme entscheidend darauf an, 'kampagnefähig' zu werden. Wie bei gewöhnlichen Politikern ist es auch eine entscheidende Methode der Grünen, von einer Kampagne in die nächste zu taumeln. Es scheint längst überholt zu sein, bei jeder Kampagne (die ja durchaus notwendig sein kann) von den gleichen Wertvorstellungen und Handlungsregeln auszugehen.

Plötzlich haben wir wieder eine Situation wie im II. Weltkrieg und dem Gott sei Dank 'kalten' Krieg: Gegen jede Vernunft wird einer Ideologie weltweit mit Gewalt zum Durchbruch verholfen. Alle, die nicht so denken und so leben wollen wie wir, sind die Bösen und unsere Feinde. Mit der Gewalt unserer Kriegsmaschinerie aber bringen wir sie auf den Weg des 'rechten Glaubens'. Das kommt mir alles sehr alt und sehr bekannt vor ...

Ist das die 'Freie Welt', ist das Pluralismus in Aktion? Ist das die neue Weltordnung, auf die wir 40 Jahre lang hinter der Mauer gewartet haben ??!

Jürgen Albrecht, 26. März 1999

 

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