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Die Technik macht's ... Seite 3/3
 

Ein Beispiel für qualitativ neue Leistungen und Produkte sind WebCams, private HomePages und virtuelle Welten. Welche Quantitäten das Internet mobilisiert erkennt man, wenn man sich Software, Treiber oder Musik aus dem Netz downloadet oder innerhalb von Minuten den HTML-Quellcode seiner HomePage online kontrollieren und korrigieren lässt. Es ist nicht vorstellbar, was in 30 Jahren aus dem Internet geworden sein wird. Kein Fachmann wagt dazu eine Prognose. Aber alle sind sich einig, man kann die zukünftigen Wirkungen des Internets nicht überschätzen.

Gentechnik
Ein völlig anderer technischer Bereich ist die Gentechnik. Das Erbgut von Pflanzen und Tieren wird manipuliert, um bestimmte Zwecke zu erreichen, die für menschliche Bedürfnisse von Bedeutung sind. Letztendlich geht es, wie bei allen menschlichen Aktivitäten, um wirtschaftliche Interessen. Er geht um die Züchtung von resistenten Pflanzensorten, um die Optimierung von Tieren, die für die menschliche Ernährung von wesentlicher Bedeutung sind, um organische 'Ersatzteile' und es geht um die Produktion von Arzneimitteln und organischen Stoffen durch natürliche Systeme (technische sind zu teuer). Im Moment ist die Manipulation des menschlichen Erbgutes noch tabu. Aber auch dieses Tabu wird spätestens in 10 Jahren gefallen sein. Was die Gentechnik für die menschliche Gesellschaft für Folgen hat, ist nicht abzuschätzen. Unter wirtschaftlichen Erwägungen sind viele Erfolge nicht nur zu erwarten, sondern sogar schon eingetreten. In der Pharmaindustrie gibt es dafür bereits viele Beispiele. Aber auch die Genmanipulation ist sehr zweischneidig. Der Mensch beherrscht bisher keine natürlichen Verfahren und kann natürliche Materialien nicht aus dem periodischen System der Elemente synthetisieren. Das heisst, er versteht diese Verfahren und Materialien nicht. Bisher können nur Manipulationen an vorhandenen Verfahren und Materialien vorgenommen werden. Die Manipulatoren aber wissen nicht vollständig, welche Wirkung ihre Eingriffe auf das natürliche System haben. Die Menge der Einflussfaktoren ist zu gross und ihre Vernetzung zu komplex. Durch diese Situation ist ein globaler 'Gen-Unfall' nicht auszuschliessen. Aus meiner Sicht wird es auch in den nächsten 30 Jahren keine wesentlichen Fortschritte bei der Synthese von Leben und bei der künstlichen Intelligenz geben. Der Grund dafür ist einfach: Heute sind absolut keine neuen Ansätze in dieser Richtung erkennbar. Der Mensch besitzt z.B. heute keine geschlossene Modellvorstellung von seinem eigenen Gehirn. Aber auch ohne Fortschritte auf diesen Gebieten besitzt die Gentechnik, zu der man besser Genmanipulation sagen sollte, ein hohes Entwicklungspotential.

Lebensmittelchemie
Ein letzter, auf den ersten Blick völlig unspektakulärer Aspekt der Technik, betrifft die Lebensmittelchemie. Vor noch nicht allzu langer Zeit ernährte man sich vom Feld und aus dem Stall. Jeder wusste, woher das kam, was er sich in den Mund steckte. Heute ist das absolut unklar und in den meisten Fällen sind die Herkunft eines Lebensmittels und die Prozesse, denen es unterworfen war, nicht mehr zurück zu verfolgen. Man kann aber in den meisten Fällen davon ausgehen, dass es sich noch um natürliche Lebensmittel handelt, die 'nur' behandelt wurden, um die Farbe, den Geschmack und die Haltbarkeit zu verbessern. Inzwischen aber hat die Lebensmittelchemie solche Fortschritte gemacht, dass sie mit Zellstoff und Kasein, Farbe und chemischen 'Geschmacksverstärkern' jedes beliebige, natürliche Lebensmittel 'simulieren' kann. Da man schon heute den Herstellungsweg der meisten Nahrungsmittel nicht mehr rekonstruieren kann, wird die Lebensmittelindustrie nicht mehr lange der Versuchung widerstehen können, chemische Wurst, Yoghurt, Brot und Milch aus der Retorte auf den Markt zu bringen. Das hat nichts mit der Tatsache zu tun, dass die meisten Menschen auf dieser Welt hungern. Dieser Hunger wird mit künstlichen Lebensmitteln nicht beseitigt werden, dazu sind sie zu teuer. Gerade die Menschen in der zweiten und Dritten Welt sind von der Lebensmittelmanipulation weniger bedroht, als gerade die Menschen in den am höchsten industrialisierten Ländern.

 

Das sind nur einige technische Entwicklungen, die heute bereits klar erkennbar sind. Ihr Veränderungspotential für die nächste Generation aber ist kaum abzuschätzen. Die Grundlage neuer Techniken sind immer neue naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, mit denen neuartige Basistechnologien verfügbar gemacht werden. Die Wirkung solcher Basistechnologien ist sehr unterschiedlich. Einige aber besitzen das Potential, die Welt global zu verändern. Die Induktion (Elektromotor) und das duale Zahlensystem (Computer) sind Beispiele dafür, welche globalen Wirkungen die Menschheit durch das bessere Verständnis der Naturwissenschaften verursachen kann.

Vergleicht man das tägliche Leben von Herrn Mustermann und Frau Durchschnitt im Jahr 1999 mit dem von 1899, dann bekommt man eine Vorstellung davon, in welchem Ausmass die Welt unserer Enkel sich von unserem Leben unterscheiden wird. Fast ausschliesslich die Entwicklung der Technik ist für diese Veränderungen verantwortlich.

Jürgen Albrecht, 03. Juli 1999


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