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Unterwegs mit dem fliegenden Postboten


Nach der Landung in Kintone

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Elf Starts und Landungen in zehn Stunden - Alltag für den Postboten, mit dem ich heute unterwegs war. Mir brummt der Schädel. Der Tag mit dem Post Man war hoch interessant, aber sein Arbeitsplatz ist schrecklich laut. Sieben verschiedene Stationen westlich von Alice Springs waren anzufliegen, aber nicht überall sind wir auch auf dem Rückflug noch einmal gelandet. Ausnahmslos wurden Aboriginal Communitys besucht. Die am weitesten entfernte Community ist Kiwirrkurra, sie liegt 639 Kilometer westlich von Alice Springs in der Gibson Dessert, West Australia.

Das Flugzeug ist ein Hochdecker, ein Motor mit Propeller, starres Fahrwerk, zwei Pilotensitzen und 12 Sitzplätze die nicht von den übrigen Sitzen abgetrennt sind: Vier Reihen mit je drei Sitzplätzen. Dazwischen kein Gang, sondern ein Schlitz und beim Einsteigen muss man sich bücken, denn der Innenraum ist sehr niedrig. Für solche Leute wie mich, die diesen Postflug just for fun mitmachen, ist der Sitz hinter dem Piloten reserviert. Von dort aus hat man eine gute Sicht nach vorne, grosse Fenster auf beiden Seiten. Wenn der Pilot nach der Landung aussteigt, sitzt man an der offenen Tür und kann ihm bei seinen Geschäften zusehen. Der Pilot hat am Boden mehr mit der Post, den Passagieren und dem Papierkram zu tun, als in der Luft mit dem Flugzeug. Natürlich kann ich ihm dabei nicht helfen, aber er tut mir leid, er hat einen wirklich stressigen Job!

Ich verstehe nichts vom Fliegen, aber ich kann beobachten, was der Pilot vor mir macht. Er übernimmt das Steuer nur beim Start und kurz vor der Landung. Während des Fluges kontrolliert ein Computer den Kurs, hält die Geschwindigkeit konstant und er regelt auch den Steig- und Sinkflug. Der Pilot wählt nach dem Start nur die Datei mit dem richtigen Ziel aus und übergibt an den Autopiloten. Wenn er selber wieder eingreifen muss, gibt der Autopilot unangenehme Töne von sich. Wir fliegen in Höhen zwischen 800 und 2000 Meter. Einen Druckausgleich gibt es nicht, deswegen arbeitet hier meine BarometerHöhenmesserUhr auch hervorragend. Die Geschwindigkeit liegt zwischen 260 und 330 Km/h, abhängig vom Gegenwind. Das kann ich mit meinem GPS sehr schön verfolgen, dass auch in diesem Flugzeug funktioniert. Auf dem Rückflug, wo ich schon einige GPS Wegepunkte eingegeben hatte, konnte ich sehr schön sehen, wie schnell wir sind und wie weit weg das Ziel noch ist. Ein wirklich schönes Spielzeug, dieses GPS und erstaunlich schnell: Jede Sekunde ein Refresh!

Um 6:10 Uhr werde ich bei meinem Caravan Park abgeholt. In einem grossen Bus sitzt ausser dem

 

Fahrer nur eine Frau. Ich nahm an, sie fährt zur Frühschicht der Reinigungskräfte auf den Flugplatz. Von meinem Caravan Park aus fahren wir zu einem Hostel, eine Aboriginal Frau steigt ein. Rotes T-Shirt, dunkler Rock, barfuss, ein kleines Bündel, in ein Tuch eingebunden. Ihr Alter ist nicht zu schätzen. Sie muss noch sehr jung sein, aber sie ist völlig abgemagert und kaputt. Sie macht den Eindruck, als wäre sie mit Faustan für diesen Flug ruhig gestellt worden. Anschliessend fahren wir in eine Aboriginal Siedlung am Todd River. Eine grosse, schwere Frau mit einem gut genährten, einjährigen Baby schält sich aus ein paar Schlafmatten und Decken vor einem Haus und steigt grusslos in den Bus. Dann eine Villensiedlung am Stadtrand. Ein englischer Lord steigt ein: 45 Jahre, Schnauzbart, stabil gebaut, kurzärmliges Hemd, kurze, dunkle Hose mit Gürtel, helle Kniestrümpfe, ordentlich geputzte Schuhe. Er schnauft und stöhnt, offensichtlich stört ihn die unchristliche Zeit so früh am Morgen. Koffer und Aktentasche überlässt er dem Busfahrer.

Wir sind komplett und es geht zum Flugplatz. Dort sehen wir das Abfertigungsgebäude für die internationalen Flüge nur von Ferne. Wir steigen bei einem Gebäude aus, das etwas mehr als ein Schuppen ist: Ngurratjuta Aboriginals Air Service. Das Gepäck kommt auf die Waage, auf die auch alle Menschen steigen müssen. Dann werden wir vertröstet: Es geht bald los. Die Verbindung zu fünfzehn der um Alice Springs herum existierenden Aboriginal Communitys wird mit dieser speziellen Fluggesellschaft aufrecht erhalten. Sie befördert Post, Luftfracht und auch Passagiere. Das hat den Vorteil, dass Weisse nicht mit Aboriginal zusammen in einem Flugzeug sitzen müssen. Auch hier, wo das nicht zu umgehen ist, wird eine strenge Sitzordnung eingehalten: Alle Weissen vorne und alle Schwarzen hinten.

Aber noch warten wir darauf, dass wir in das Flugzeug einsteigen können. Rosa, in der ich eine Reinemachefrau vermutet hatte, ist linksseitig gelähmt. Wir kommen ins Gespräch. Sie ist eine Sonderschullehrerin und heute ist ein Meeting in Kintone. Auch in den Aboriginal Communitys gibt es behinderte Kinder. Das ist ihr Job. Sie besucht und beschult diese Kinder und die Kinder kommen zu Lehrgängen nach Alice Springs. Da haben wir ja gleich ein Gesprächsthema. Ich versuche auch zaghaft, mit den Aboriginals Kontakt aufzunehmen. Ohne Erfolg. Sogar das Baby ist nicht bereit zu lächeln und die Mutter traut dem Frieden nicht. Der Lord hält sich abseits, würdigt alle anderen keines Blickes und schon gar nicht eines Wortes.

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