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Biker, Lee's Ferry und der Colorado 2/4


Vermilion Cliffs
In der Nacht habe ich wunderbar im Wald bei Jacob Lake geschlafen. Klarer Sternenhimmel war durch die Baumwipfel zu sehen. Stockfinster Nacht, nur Licht durch die Sterne. Beeindruckend! Deshalb schlief ich auch gut, wie lange nicht mehr und bis um 9:30 Uhr. Dann Frühstück und eine Stunde später machte ich den Tank in Jacob Lake voll: 1,98 US$ per Gallone, ein stolzer Preis, nur in Valdez/Alaska war es noch 10 Cent teurer !!

Von dort aus fahre ich den HWY 89 in Richtung Flagstaff, Arizona. Es geht abwärts. Nicht mehr als 6 Prozent, aber stetig. Nach. 25 Kilometern kommt das erste Cliff der Vermilion Cliffs in Sicht. Hier beginnt ein Nebenfluss des Colorado River, sich in die 2.000 Meter dicke Sandsteinplatte einzusägen. Man fährt hinunter in das noch sehr breite Tal. Unten im Tal wird es dann schnell dramatisch: Die Strasse führt immer näher an die Cliffs heran und von der anderen Seite rückt jetzt auch die 'Steilküste' näher.

Der Ausdruck 'Steilküste', den ich in Australien für die Cliffs erfunden habe, ist genau passend. Der Brockhaus sagt: Kliff, durch die Abrasion geschaffener Steilhang der Küste. Abrasion, die abtragende Wirkung der Meeresbrandung (Abrasionsküste) schafft das Kliff. Die Cliffs sehen exakt wie Steilküsten aus, aber weit und breit ist keine See zu sehen. Ein Fluss, in der meisten Zeit des Jahres schmal und harmlos, hat die kolossale Landschaft im verein mit Sonne und Wind geschaffen.

Alles ist rot und waagerecht geschichtet. Herrliche Bilder, weil weisse Wolken im strahlend blauen Himmel stehen. Bei Cliff Dwellers Restaurant ist die Strasse direkt an den steil aufragenden Sandstein wänden angekommen. Hier halte ich zwischen grossen Marbels an. Hier muss ich jetzt erst mal in diese roten Wände steigen!

 

Im trockenen Flussbett laufe ich in einen Seitencanyon, steige 150 Meter hoch in die Wand und klettere in dieser Höhe wieder zurück in Richtung meines Autos. Am meisten faszinieren mich die Erosionsformen. Jeder Schicht hat ihre spezielle Erosionsmechanismus, der abhängig von der Grösse und Konsistenz des Sandsteins ist. Dazwischen liegen riesige, teilweise rund geschliffene Felsbrocken, die von oben herunter gestürzt sind. Es gibt auch hier wieder Schichten, in denen viele rund geschliffene Steine in Sandstein eingeschlossen sind. Also versteinerter, vorzeitlicher Schlamm mit Geröll. Ich sammele ein paar solche Steine auf, einen 'pflücke' ich direkt aus einem Felsblock. Hier liegt auch kristallines Silikat herum. Kalk, in Wasser gelöst, ist im Verlauf von Jahrtausenden auskristallisiert: Tropfsteine. Hier sind es tausende runder Murmeln, mit Kristallen besetzt, gross wie Kirschen.

Was sehe ich plötzlich auf dem Rückweg? Ein grosses Stück versteinerter Meereswellen! Ich dokumentiere, wo ich das Stück gefunden habe und gucke mich um: Es ist klar, aus welcher Schicht das stammt, in dieser dunklen, sich deutlich abzeichnenden Schicht mit der groben Struktur findet man noch mehr solche Stücke. Ich bin begeistert. Das ist die Zeitmaschine, die mich so fasziniert!

Mit den heutigen Methoden kann man ziemlich exakt bestimmen, wann diese Sandwellen auf einem Meeresgrund entstanden sind. Eine Faustformel zur groben Schätzung: 700 Meter Sandstein liegen über der Schicht mit den Meereswellen: 5 Zentimeter entstehen in 10.000 Jahren. Ein Meter Sandstein wird in 2 Millionen Jahren produziert: Was kommt da raus: Rund 350 Millionen Jahre ist es her, seit Wasser diese versteinerten Sandwellen erzeugt hat. Devon, Karbon, von höherem Leben war noch lange nichts zu sehen. Leben gab es praktisch nur im Wasser, Kopffüssler, Schachtelhalme und Farne ... Das sind die Events, die mich begeistern !!

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