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San Andreas, Plattentektonik und Erdbeben 3/3

Bild 7 . Das San Andreas Fault System

Das San Andreas Fault System ist eines der am besten untersuchten, tektonischen Plattensysteme. Man findet sehr viel Material, wenn man im Internet unter diesem Stichwort sucht. Entscheidend neue Einsichten in dieses System hat die Aufdeckung und Lokalisierung des 'Antriebsmechanismus' ermöglicht. Die Kräfte, die zur Verschiebung der Platten an der Oberfläche führen, werden durch 'Spreading Center' hervorgerufen (Spreizen).

Bild 6 . Prinzip der Spreading Center

In geraden Linien wird an diesen Stellen flüssiges Gestein an die Oberfläche gedrückt und erzeugt Schubkräfte. Diese führen zu Scherkräften in den Platten und zu Bruchlinien (transform fault) senkrecht zur Linie des Spreading Center (Bild 6). An diesen Faults reiben sich die Platten und verschieben sich gegeneinander. Die San Andreas Fault ist nur eine von mehr als 30 Bruchlinien des San Andreas Fault Systems, in dem mindestens 12 grosse Spreading Center wirken (Bild 7). Sie liegen bis auf eine Ausnahme (südöstlich von San Diego) alle unter Wasser.

Inzwischen existieren auch Computermodelle, die die Bewegung dieses Plattensystems über 20 Millionen Jahre zurück und voraus zeigen. Voraussetzung für diese Simulation waren Erkenntnisse über die Antriebskräfte und die Messung von Bewegung und Kräften an möglichst vielen Stellen im Gelände. Das ist nicht einfach, denn das System ist - wie könnte es anders sein -

 

hoch komplex, dreidimensional und es umfasst die gesamte Westküste Nordamerikas von Vancouver Island in Canada, über San Francisco, Los Angeles bis weit nach Mexico. Die gesamte Baja California ist Bestandteil der pazifischen Platte.

Die Bewegungen der Platten kann man inzwischen recht genau nachvollziehen. Ähnlich grosse Fortschritte konnten aber bei der Erdbebenvorhersage nicht gemacht werden. Erdbeben entstehen, wenn sich aufgebaute Spannungen an den Reibungsflächen der Platten ruckartig durch Plattenverschiebungen entladen. Dieser Vorgang ist sehr schwierig zu simulieren, weil man die Lage und die Beschaffenheit der Reibungsflächen und die unterschiedlichen Reibungskoeffizienten nicht ausreichend kennt. An dieser Situation wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern. Kurzzeitige, sichere Voraussagen sind nicht möglich. Langfristig kann man aus der Historie auf die Wahrscheinlichkeit von Erdbeben schliessen. Danach ist ein Erdbeben der Stärke 7 im Bereich der San Francisco Bay innerhalb den nächsten dreissig Jahre zu erwarten. Ein Beben gleicher Stärke ist im Raum Los Angeles aber schon in den nächsten 5 Jahren wahrscheinlich. Im Dreieck um Los Angeles, Bakersfield und San Bernardino ist die Erdkruste sehr unruhig und gleichzeitig dicht besiedelt. Dort trifft die San Andreas Fault auf mehrere andere Fault Systeme beider Platten!

The clock keeps ticking und Wahrscheinlichkeitsrechnungen sind tückisch. Denn genau so wahrscheinlich wie dreissig Jahre ist, dass dieses Beben schon am nächsten Montag die Golden Gate Bridge erschüttert. Sie wird es (hoffentlich) aushalten, denn sie steht mit beiden Pfeilern auf der nordamerikanischen Platte.

Die Bilder ausser Nr. 1, 3 und 5 stammen aus:
Michael Collier, A Land in Motion
(1999) Golden Gate National Park Association
ISBN 0-520-21897-3

Jürgen Albrecht, 14. Oktober 2001, Fort Bragg, CA, USA

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