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Auf dem Stirling HWY nach Homer

Weiter nach Südosten geht es kaum noch, nach vielleicht 300 Metern falle ich ins Meer. Ich stehe auf einem Parkplatz gegenüber dem Smal Boat Harbour in Homer Spit: No Camping. Hier darf ich leider nicht übernachten, obwohl es eine herrliche Stelle mit berauschender Rundumsicht ist. Links von mir die Kachemak Bay, umgeben von den schon üblichen hohen, weissen Bergen. Dahinter liegt das Harding Icefield. Rechts von mir das Cook Inlet mit dem Anchor Point, es reicht hoch bis Anchorage.

Dieser Meeresarm ist nach Captain Cook benannt, der mir also auch hier wieder begegnet! Nach seiner Australienreise hat er 1778 nach einer nördlichen Durchfahrt zum Atlantik gesucht. Er hat grosse Teile der Küste Alaskas erkundet, ist dort an Land gegangen, wo heute Anchorage liegt, er segelte durch die Beringstrasse (!!) und am 15. August 1778 wurde er bei 70º 41' nördlicher Breite durch Packeis zur Umkehr gezwungen. Man muss sich das auf der Karte ansehen um zu begreifen, was das bedeutet. Captain Cook war ein wirklich aussergewöhnlicher Entdecker!

Die Lage von Homer ist wirklich traumhaft. Besonders Spit ist interessant, eine flache Landzunge in die See 'gespuckt'. Den ganzen Tag herrlicher Sonnenschein, kaum eine Wolke am Himmel. Auch jetzt Wolken nur über den Bergen. Strahlende Sonne und trotzdem kalt, nur 12 Grad und sobald ein bisschen Wind weht, ist das empfindlich kalt.

Die Fahrt von Seward nach Homer ist wirklich nicht berauschend. Man fährt durch eine Landschaft, die es auch im Harzvorland geben könnte. Die See liegt immer auf der rechten Seite, aber man sieht auf der ganzen Strecke nur wenig von ihr. Dichter Wald versperrt die Sicht. Je näher man Homer kommt, desto mehr sieht man von der Gegenseite des Cook Inlet. Der Mt. Redoubt (3048 m) beherrscht da drüben die Szene. Ein beeindruckender, weisser Kegel, ein schlafender Vulkan. Er ist das letzte Mal 1989 ausgebrochen. Hier und in der Gegend des Katmai National Park gibt es mehrere latent aktive Vulkane. Aber die Schönheit der Landschaft ist nur aus der Ferne zu bewundern. Auf der ganzen Strecke von Soldotna bis Homer sind alle Grundstücke an der Küste bebaut. Viele Datschen stehen hier und mit dem Wald zwischen Strasse und der Steilküste wird nicht zimperlich umgegangen. Aber es gibt noch viel Natur - und es wird Frühling!

Ich fahre auch nach Kenai, weil es fast an der Strecke liegt. Von einer hohen Uferböschung sieht man unten die Mündung des Kenai River und dahinter liegt der imposante Mt. Redoubt. Im Vordergrund auf einem Baum: Ein Weisskopfadler. Adler sind hier wirklich nicht selten, man sieht immer mal einen dieser imposanten Vögel. Kenai ist eine typisch amerikanische Stadt, flach, planlos-chaotische Holz-Blech-Plastik-Architektur, lang gestreckt, breite Strassen, reizlos. Das erste Mal im Leben gehe ich in einem amerikanischen Einkaufs Center spazieren. Waren auf einer Fläche von 400 x 400 Meter, Hochregale! Alles ist hier zu haben, von Möbeln über Socken bis zu Hundefutter und Autoteilen. Nur die kaputte Glühbirne für meine Tischlampe (gekauft in Canada), die gibt es hier nicht.

In Soldotna tanke ich zu einem vernünftigen Preis und fahre dann weiter nach Homer.

 

Unterwegs sehe ich, dass auf den 30 Meter breiten Radstreifen der Strasse Moto Cross Rennen gefahren werden. Mit zwei- und vierrädrigen Motorrädern braust man durch den Staub der Gravelroad. Das scheint ein beliebtes Freizeitvergnügen der Amerikaner zu sein. Auch hier am Strand in Spit fahren diese vierrädrigen Funmobile herum.

Plötzlich und unerwartet hat man dann zehn Kilometer vor Homer eine wirklich berauschende Sicht hinunter auf die Kachemak Bay (s.o.). So ein prächtiges Bild! Kaum eine Wolke am strahlend blauen Himmel, phantastische Sicht. Das kann man nicht fotografieren. Ich tue es natürlich doch, aber der visuelle Eindruck ist wirklich gewaltig. An dieser Stelle der Strasse liegt ein herrlicher Aussichtspunkt (No Camping!) und auch einen RV-Park. Vielleicht übernachte ich morgen hier.

Heute aber fahre ich runter bis Homer Spit, stelle mein Auto ab und gehe an den Holzhäusern am Hafen spazieren. Gerade wird das Ergebnis eines Fishing Trips an grossen Haken präsentiert: Hier kann man tatsächlich riesige Heilbutts fangen. Ich habe nicht gewusst, dass es von diesem Fisch eine so riesige Sorte gibt (bis 150 Kilo schwer!).

Bei einer sehr netten, noch gut erhaltenen Dame erkundige ich mich nach möglichen Aktivitäten: Am meisten würde mich eine Wandertour im Kachemak Bay State Park auf der gegenüberliegenden Seite interessieren. Man wird mit dem Wassertaxi übergesetzt und zu einer vereinbarten Zeit wieder abgeholt. Das Problem ist: Dort drüben ist nichts als wilde Natur und die 'Wanderwege' sind wegen der vielen umgestürzten Bäume jetzt im Frühling nur für Eingeweihte zu finden. Der Trip würde 55 $ kosten, das wäre erschwinglich. Aber ich werde nicht übersetzen, weil die Umstände dort völlig unklar sind (keine Karte, kalt, Schnee, unwegsam, Bären ..?). Ausserdem ist mir sehr unsympathisch, dass es vom Wassertaxi abhängig ist, wann ich diese Tour beenden kann.

Eine andere Tour funktioniert nur mit dem Flugzeug: Katmai National Park, Landschaft nach einem Vulkanausbruch, Bären beim Fangen von Lachsen (zwei Monate später). Ein Acht-Stunden-Trip, davon drei Stunden in der Luft, der Pilot ist auch der Guide. 540,75 Dollar ist rasend teuer, in DM ist es einfach Wahnsinn. Das kann ich mir nicht leisten. Billiger ist ein Flug über das Harding Icefield, 189 $. Aber das bringt nicht viel. Um diese Zeit ist ausser weissem Schnee kaum etwas zu sehen. Ein Tag Fishing 169 $, ein Tag Kayaking 142 $. 'Billig' ist nur eine 2,5 Stunden Bootstour in der Kachemak Bay für 44 Dollar (immer noch 100 DM!).

Alaska ist eine teure Gegend. Hier in Homer Spit bekommt man nicht mal einen Parkplatz zum Übernachten umsonst. 10 Dollar kostet das, einschliesslich Aussicht. Oben im RV-Park kostet es das Dreifache. Pro Nacht, nicht etwa pro Woche!

Ich weiss noch nicht, was ich hier unternehmen werde. Wahrscheinlich werde ich nur am Strand eine ausgedehnte Wanderung machen und mich ansonsten am Sonntag im Liegestuhl an der irren Aussicht freuen. Zur Feier des Tages habe ich mir Fish & Chips geleistet (8,5 $). Gerillter Halibut. Hervorragend! Ich habe sogar alles geschafft, denn so gross war das Stück Heilbutt nicht.

Jürgen Albrecht, Homer Spit, 19. Mai 2001

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Der Mt. Redoubt und das Cook Inlet im Abendlicht