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Auf dem Alaska Highway nach Norden 4/4

Angekommen in Alaska
Seit 14 Uhr habe ich Alaska erreicht! Alle meine (digitalen) Kalender besagen, dass heute der 13. Mai 2001 ist. Aber in meinem Reisepass steht, dass ich am 12. Mai in die USA eingereist bin und ein Visum erhalten habe, das am 11. August 2001 abläuft. Die Welt ist voller Rätsel. Aber das Datum ist nicht entscheidend, wichtig ist, dass ich Alaska erreicht habe und dass mich die US-Regierung in ihr Land hineingelassen hat. So selbstverständlich ist das nicht … mit meiner Vergangenheit als Kommunist hinter dem Eisernen Vorhang!

Die letzte Ortschaft auf dem Alaska Highway in Canada ist Beaver Creek. Dort gibt es nicht viel mehr als zwei Tankstellen. Dann steht ein Schild am Strassenrand: US Zollabfertigung in 30 km! Diese Kilometer fährt man, dann kommt man an die juristische Grenzlinie zwischen den USA und Canada. Eine schnurgerade Schneise ist auf beiden Seiten der Strasse in den Wald gehackt worden. Das sieht wie ein Todesstreifen aus, aber es ist keiner. Offenbar kann man auch über die grüne Grenze gehen, wenn einem das Spass macht.

Schilder heissen den Ankömmling in Alaska willkommen. Erst nach einem weiteren Kilometer ist die Passkontrolle erreicht. Davor steht noch ein grosses Plakat mit dem Bild eines Sheriffs vor 100 Jahren und ein zweites zeigt den aktuellen Sheriff. Der Text besagt nüchtern aber eindeutig: ‚Halte Dich an die Regeln, sonst wirst Du gegriffen!' Da weiss man gleich, wo man ist.

Ein Stoppschild und gleich noch ein zweites: !! Bleiben Sie im Auto sitzen !! Zwei Beamte in Schwarz, Black Sheriffs, winken mich heran. 'Reisen Sie allein?' 'Ja, ich bin allein.' 'Waren Sie schon mal in den USA?' No but I'm happy, dass es jetzt soweit ist!' Haben Sie Dollars bei sich?' 'Ja, als Traveller Cheques.' Er fragt den zweiten Beamten: 'Traveller Cheques??' der nickt. Dann erklärt er mir, dass die Einreise sechs Dollar kostet. Ich soll mein Fahrzeug da hinten parken und einen Zettel ausfüllen.

Das mache ich. Der grüne Zettel ist in Deutsch, aber der sehr freundliche Hauptsheriff erklärt mir noch einmal in English und im Detail, wie dieser Zettel auszufüllen ist. Das sollte auch ein Analphabet verstehen. Dann bezahle ich mit einem Traveller Cheque 6 Dollar und der freundliche Sheriff wünscht mir einen angenehmen Tag. So einfach ist das, (mit dem richtigen Pass) in die USA einzureisen. Keine Fragen nach der kommunistischen Vergangenheit, nach den Fahrzeugpapieren, nach Benzintanks im Camper, nach Tieren, Impfungen, Drogen, Waffen und der Vermögenslage. Ich mache ein paar Fotos von diesem historischen Geschehen und dann bin ich tatsächlich in Alaska und in den USA.

Wie weiter in Alaska ?
Jetzt geht es eigentlich nur geradeaus, denn der Alaska Highway führt geradewegs nach Fairbanks. Aber erst muss ich bis zur nächsten grösseren Ansiedlung fahren, um zu tanken. Das ist Tok Junction, 60 km weit weg.

Na, das haben wir ja in einer Stunde geschafft. Aber als die 60 Kilometer gefahren sind und sich nichts tut, dämmert mir, das nicht nur die Geschwindigkeitsbegrenzung in Meilen angezeigt wird, sondern auch die Distanzen. Also alles mal 1,609344.

 

Inzwischen ist es 14:30 Uhr und ich bin müde. Nach einiger Zeit kommt auch ein schöner Lookout, dort stelle ich mich hin und schlafe herrlich eine ganze Stunde. Gestern war ich wohl zu lange auf. Noch gegen Mitternacht habe ich Salat gemacht, weil es noch so lange hell war.

Als ich wieder wach bin beschliesse ich, vor dem Losfahren doch noch mal auf die Karte zu gucken. Jetzt muss ich mich entscheiden, wo ich eigentlich in Alaska hin will. Fairbanks ist klar, aber wann und was noch? Ich habe auch auf dieser Reise keine fest geplante Route. Es hat sich in Australien gezeigt, dass man wesentlich entspannter unterwegs ist, wenn man beim Frühstück entscheidet, ob und wohin man an diesem Tag fährt.

Als ich die Karte sehe wird mir schnell klar, dass ich erst mal nach Süden und später nach Fairbanks fahren werde. Erstens muss ich natürlich die Bering See sehen und dann will ich so weit wie möglich in den Norden. In den Norden aber möglichst spät, denn am 21. Juno (da bin ich sicher schon auf der Rückreise) ist der längste Tag des Jahres.

So beschliesse ich in wenigen Minuten, als ich schon am Steuer meines schönen Autos sitze: Zuerst fahre ich nicht nach Fairbanks, sondern jetzt fahre ich in Richtung Süden. Zuerst geht es nach Valdez am Prince William Sound und dann nach Anchorage. Was ich dort unternehme, weiss ich noch nicht. Das eilt jetzt auch nicht, denn jetzt bin ich in Alaska und habe 4 Wochen Zeit. Herrlich !!

Um 17:30 Uhr bin ich in Tok Junction. Das ist die typische 'Wild North' Siedlung: Tankstellen und Hotels an einer Kreuzung. Alles zieht sich ein paar hundert Meter hin, aber das war's dann auch schon. Einen Supermarkt gibt es sicher, aber mir fällt nur der Schnapsladen auf. Ich suche einen Kaffeefilter, den bekomme ich hier nicht.

Aber das erste mal tanke ich in den USA: 22,349 Gallonen a 2.079 US$, das macht 84,6 Liter, der Liter für 0,5492 US$, beim Dollarkurs von 2,2 macht das 1,21 DM pro Liter. Das ist auszuhalten, oder?

Tok Junction gefällt mir nicht, ich fahre weiter. Und nach einer guten Stunde: Wieder so eine tolle Aussicht heute Abend. Aber nur auf einer Seite. Ich sehe auf nicht ganz so schroffe, aber auch schneebedeckte Berge wie gestern, geradeaus ein Tal und darüber höhere Berge mit mehr Schnee. Die Wrangel Mountains sind das noch nicht, aber es ist ein nördlicher Ausläufer. Zwischen den Bergen und meinem Standort liegt ein kleiner Fluss und an ihm führt auch der Highway Nr. 1 entlang.

Unten am Fluss ein 'Parkplatz' für den Strassenbau. Hier kann man sich gut für eine Übernachtung hinstellen. Feuer machen ist kein Problem, Holz gibt es genug. Aber auf diesen Schlafplatz bin ich nur hinunter gefahren, weil ich seit gestern weiss, dass mich der 4x4 aus solchem losen Schotter bei Bedarf auch wieder heraus schleppt!


71 Km nach Tok Junction, Richtung Valdez, Alaska, 13. Mai 2001, 11.12.02

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