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Alaskas Natives in Anchorage 4/4

Alaska Native Heritage Center
Am Mittag, als ich Anchorage hinter mir lasse, am Stadtausgang das gesuchte Alaska Native Heritage Center. Das muss ich sehen, denn was mich an der Historie von Alaska am meisten interessiert, ist die Geschichte der Ureinwohner. Auch hier kostet alles Geld, viel Geld: 20 Dollar Eintritt und ein Kaffee (kleinste Variante) 2,20 Dollar. Den Kaffee verkneife ich mir. Die zwanzig Dollar aber bezahle ich, denn sie kommen mit hoher Wahrscheinlichkeit tatsächlich den Natives zugute. Ich frage, ja, das Center wird von Natives betrieben. Die meisten Angestellten sind deutlich sichtbar solche Natives. Natürlich die Nachfahren der Natives, denn wie in Australien gibt es auch in Alaska keine Natives mehr, die noch so leben, wie ihre Vorfahren.

Dieses Center ist sehr interessant, denn es kombiniert Ausstellungen, Workshops, Vorführungen und eine Freiluftausstellung von rekonstruierten Wohnhäusern der unterschiedlichen Natives. Die Ausstellungen sind nicht so interessant, wie die im Museum of History and Art. Bei den Workshops basteln Natives (meistens kitschige) Souvenirs aus Fell, Knochen und Holz. Eine Tanzgruppe vom Alexander Archipelago tanzt und singt. Auch zwei höchstens dreijährige Kinder machen schon mit, das kommt natürlich bei den Zuschauern gut an. Der Singsang ist sehr eintönig, ganz im Gegensatz zu den traditionellen Motiven, mit denen Kleidung, Geräte, Haus und Totem Pfähle verziert sind.

Sehr informativ sind die Rekonstruktionen der Wohnhäuser, die um einen kleinen See angeordnet sind. Nur die Haida hatten Holzhäuser mit Flachdach. Alle anderen Volksgruppen haben zwar auch Häuser aus Holz gebaut, aber sie haben sie mit Erde bedeckt, um die Isolation zu verbessern. Die Häuser hatten teilweise auch Zugänge über Tunnel. Das ist für die Erhaltung der wenigen Wärme im Haus deutlich geschickter als eine Tür, die mit Fellen zugehängt wird.

 

Sehr interessiert mich die Sozialstruktur, in der diese Völker gelebt haben. Bei den Yup'ik & Cup'ik spielte die Sozialstruktur schon beim Bau der Häuser eine Rolle, denn sie lebten (wie bei den Aboriginals !) in zwei Gruppen und in verschiedenen Häusern zusammen: Männer und ältere Knaben in einem Haus. Frauen, Kinder, Mädchen und sogar 'verheiratete' Frauen in einem anderen Haus.

Was das konkret bedeutet, und wie dieses Familienleben aussah, ist hier leider nicht exakt zu erfahren: 'Die Frauen bereiteten das Essen für die Männer und die Boys zu, die in ihrem eigenen Haus leben und arbeiten. Männer bauen das Haus der Frauen und halten es instand und am Abend besuchen sie dort ihre Frauen und Mütter.'

Aber entscheidend ist auch hier: Die natürlichste Form des menschlichen Sozialsystems scheint die Gemeinschaft zu sein, die aus diesen zwei Gruppen besteht. Diese Sozialstruktur basiert nicht auf Information oder Nachahmung. Die Eskimos hatten mit Sicherheit keine Informationen von den Aboriginals und umgekehrt. Ausserdem waren ihre Lebensumstände extrem verschieden. Interessant ist auch, dass die Yupik ihre Werte explizit formuliert und aufgeschrieben haben (siehe Bild links).

Es ist schon 15:30 Uhr, als ich das Heritage Center verlasse. Ich tanke und dann fahre ich wirklich nach Norden. Die Fahrt ist nur in der Gegend des Knik River, der vom Knik Glacier kommt, sehr interessant. Da gibt es wieder imposante Berge auf der rechten Seite vor Palmer. Ich mache Bilder von der Brücke über den Knik River. Alle Bilder werden heute ziemlich dramatisch aussehen, denn trotz Sonne hing der Himmel voller blauschwarzer Wolken. Kein Flugwetter morgen für den Mt. McKinley!?

Wie an jedem Abend suche ich wieder einen 'Schlafplatz mit Aussicht'. Im zweiten Anlauf klappt es. Ich stehe über einem kleinen See mit Ausblick auf flache Berge, die dem Mt. McKinley gegenüber liegen. Es sind noch keine 10 Minuten vergangen, da klopft es an meine Tür. Ein Mann (35) steht da und erklärt mir, dass ich auf seinem Grund und Boden stehe. Grosszügig erlaubt er mir, hier zu übernachten, fordert mich aber dringend auf, keinen 'Trash' zu hinterlassen. Ich bedanke mich, akzeptiere seine Bedingungen und beglückwünsche ihn zu seinem Anwesen.

Aber wie kann man Eigentümer von so einem herrlichen Stück Natur sein? Geht das überhaupt dass man sagt, dieser See gehört mir? Wie kann ein tausende Jahre alter See jemandem gehören, der nur eine Lebensspanne von maximal 100 Jahren hat? Der See wird ihn und alle seine Nachkommen überleben. Die 'Eigentümer' können den See mit ihren Abwässern vergiften und zur Not auch zuschütten. Trotzdem existiert dieses Stück Erde weiter und schert sich absolut nicht darum, was wir Menschen in unserer ultra kurzen Lebensspanne alles anrichten. Für die Natur existiert kein Individuum.

Jürgen Albrecht, See mit Aussicht (s.u.), 10 km vor Talkeetna, 25. Mai 2001

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