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Kraterseen in Sumatra

 

 

 

 

 

 

 

 

FAHRT NACH
BRASTAGI

19. Februar 1996

 

 

Morgen heißt es um 6 Uhr aufstehen, Treck auf den Vulkan, also muß es jetzt schnell gehen:

Brastagi, Danau Toba, 190296, 21:33 h

 

 

 

 

 

 

 

DRITTER
DSCHUNGELTRIP

20. Februar 1996, Brastagi

 

 

Um 6 Uhr müssen wir aufstehen, das Hotel weckt 6:08 Uhr, aber immerhin, es funktioniert. Waschen, Anziehen, Rucksack. 6:30 Uhr Frühstück. Wir sind die einzigen im großen Saal. Es dauert .... und ist dann mäßig. Draußen nur dunkle Wolken. 7:15 Uhr gehen wir los zum Treffpunkt Tourist Information am Monument (Stadtmitte).

Die Guides sind da, unserer lacht breit und laut, als ich nach der Wetterprognose frage! Salomonisch: 'Später wird das Wetter besser werden!' Wir zwängen uns um 8 Uhr in einen kleinen public bus, in dem schon ca. 38 Personen drin sind. So dick war es noch nie. Ich hänge auf dem eingeknickten, rechten Bein in gebückter Stellung. Stefan wird zwischen Mensch + Sitz + Tür eingeklemmt. Es dauert Gott sei Dank nur ¼ Stunde, dann steigen wir auf offener Straße aus und es geht in den Dschungel.

Naß, neblig, ca. 22 Grad, kein Wind, glitschig. Es geht recht steil nach oben. Die erste halbe Stunde ist am schlimmsten. Aufstieg ist meine Schwachstelle, es ist einfach zu wenig Leistung da. Man fragt sich, während man völlig naß von außen und von innen wird: Warum machst Du das eigentlich? Muß so eine Schinderei sein und wofür? Ich habe da immer die Vision (muß aus Österreich stammen!): Los, durchhalten, es ist ja bald vorbei und oben ist ein Café, da gibt es Kaffee und Schwarzwälder-Kirsch-Torte mit Schlagsahne!! Eine andere visionäre Vorstellung ist, sich das Ausziehen der Bergstiefel und das Duschen vorzustellen!

Nach 30 Minuten legen sich diese Halluzinationen. Man ist naß, hat sich akklimatisiert, bewundert den Dschungel, die Bäume, Blumen, Lianen, Geräusche. Hier ist es anders als in Maninjau. Das hier ist Regenwald. Es regnet aber (noch) nicht. Der Guide ist klein, stämmig und dunkel (indianischer Einschlag). Stefan geht hinter ihm. Ich folge. Es sind noch zwei andere Guides auf der Strecke. Ein 'Auslandsmonteur', wohnt in Marzahn (!), arbeitet in Sumatra, ist 55 und hat die Kündigung in der Tasche. Das dritte Team ist das schwächste. Frau mit dickem Hintern und ein sehr ungelenkiger Mann. Es werden einige Pausen gemacht. Abgesehen von schier endlosen 'Treppen' bergauf ist es wirklich auszuhalten. Der Nebel im Regenwald und die vielen Lianen sind sehr interessant. Es gibt aber nur noch wenige große Bäume.

Der Guide und Stefan sehen einen jungen Orang Utan in den Bäumen. Ich glaube es nicht: 'Es wird wohl ein Tourist vom letzten Jahr gewesen sein!' Aber es war wirklich ein Orang Utan, 'WaldMensch' heißt das auf indonesisch. Gegen 10 Uhr wird der Bewuchs kleiner, Drachenbäume dominieren und drei Meter hohes Gestrüpp. Entsetzliche 'Wege', ausgetretene Schluchten, kaum 1,2 Meter hoch - Stefan ist schwer benachteiligt. Es gibt Aussichtspunkte: Nebel ist zu besichtigen. Gegen 11 Uhr sind wir in der Nähe des Kraters, keine Pflanzen mehr, nur Asche, Felsbrocken, Bims. Ein schmaler Pfad führt an einem steilen Hang entlang. Etwas später ein Grat: Nebel, links geht es unabsehbar runter, rechts auch. Von rechts kommt ein lautes, pfeifendes Geräusch, als wenn Preßluft abgelassen wird: Dort ist der Krater. Wir machen Pause: Umziehen, es weht ein starker Wind, das nasse Hemd (T-Shirt) ist eiskalt. Pullover an, Anorak. Kaum habe ich den an, fängt es an zu regnen. Schirm raus! Nebel, Regen, Sicht 20 Meter, maximal. Scheiße. Ich bin mit allem einverstanden, aber regnen muß es doch wirklich nicht! Was tun? Warten? Wie lange?

 

 

Wir gehen runter, auf das Geräusch zu. Der Guide weist einen Weg in weiße Asche und gelben Schwefel. Stinkende Nebelschwaden ziehen von unten aus dem Krater hoch. Plötzlich sehe ich: Da unten laufen ja Menschen herum! Für Sekunden reißt der Nebel auf. Wir steigen mit Regenschirm und Foto in den Krater und haben riesiges Glück: Wir sehen die Umrisse des riesigen Kraters. An zwei Stellen gelbe Flecken in den Kraterwänden: Schwefel tritt aus. Ein eingeborenes Paar schöpft flüssigen Schwefel in 1,5-Liter-Wasserflaschen ab. Das bringt pro Flasche 1.000 Rp. = ½ US$ ... in Medan. Also bis dahin (80km) muß es noch transportiert werden. Der Kraterboden besteht aus Lava und flachem Wasser. { Ich stelle mir vor, wie sich der Boden hebt, auf dem wir stehen, und der Vulkan ausbricht ... } Tolle Bilder! Unklar, ob auch tolle Fotos daraus werden! Wir steigen wieder hoch zum Kraterrand. Jetzt geht der Regen erst richtig los. Ich merke erst später, daß die eine Seite der Jeanshose völlig naß wird. Wir können jetzt auch nichts mehr sehen: Der Nebel hat alles wieder verschluckt.

 

 

Gegen 12 Uhr steigen wir ab zu den Hot Springs. 3000 Stufen sind hier vor Jahren gelegt worden. Jetzt sind es noch Rudimente, aber sie helfen. Weiter unten wieder Büsche, dann Bäume. Es wird entsetzlich schlammig, ich habe mit den Schuhen kein Problem. Stefan und der 'Auslandsmonteur' rutschen öfters aus: 'Staircase Driving!' Als wir unten sind, ist es hell, die Sonne scheint. Ich sage zu Stefan: 'Dreh' Dich nicht um!' Oben auf dem Krater scheint die Sonne ...

Wir sind in den Hot Springs. Hier eine (von Chinesen) überfüllte Badeanstalt mit vielen Becken. Die schamhaften Frauen gehen mit Kleidern und Unterwäsche baden. Die Schuhe ziehen sie vorher sogar aus. Große Familien mit Omas und vielen Kindern. Wir gehen in eine Gaststätte, es ist gegen 13:30 Uhr. Trinken, Essen (Schlecht + fettig, die Indonesier verstehen nichts vom Essen - oder ist das nur in Sumatra so?). Ich gehe in der Badeanstalt spazieren, mache Fotos von der tollen Aussicht auf den in der Sonne liegenden Vulkan.

Gegen 15 Uhr fahren wir mit Minibus und acht gackernden jungen Chinesinnen (Neujahrsfest!) runter nach Brastagi. Zum Travel-Service wegen der Schiffskarten: Zu. Heute Ende des Ramadan! Geldwechsel. Spaziergang über den Markt. Reichliches Angebot an Früchten, Gemüse, Blumen, Souvenirs. Ein Händler guckt auf unsere Schuhe und Hosen: 'Ihr kommt wohl gerade vom Vulkan?' 'Ja, genau!' So sehen wir aus.

 

 

Um 16 Uhr sind wir zurück in unserer komfortablen Bleibe! Schuhe aus - welche Wonne! Duschen - was für ein Genuß! Alle Sachen zum Trocknen im Garten auf Büschen und Steinen verteilt. Eine irre Sicht ins sonnige Land und auf den wolkenfreien Vulkan! Fotos, wir sonnen uns, lecken die Wunden (keine neuen, noch der Sonnenbrand auf den Füßen!), schlafen, Stefan liest. Dann fange ich an zu schreiben. Heute abend gehen wir noch einmal in die Stadt: Essen, Fax absetzen: 5,50 US$ bei Travel Agency.

Danau Toba, 200296, 19:07 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

GEBURTSTAG
IN BRASTAGI

21. Februar 1996

 

 

Informationen über Indonesien, aus Gesprächen mit Leuten in den Gaststätten:

Um 8:30 Uhr wache ich auf. Stefan ist schon wach, gratuliert mir im Bett zu den heutigen sechzig Jahren! Mein Facit: 60 Jahre Schwein gehabt! Wir machen die Tür zum Garten auf, genießen den Blick in die Landschaft. Heute allerdings bewölkt, die Vulkane in den Wolken. Wir gehen zum Frühstück. Stefan Mi Goreng, ich gebratene Bananen und europäisches Frühstück. Nach langem Warten kommt Goreng und die Bananen. Das europäische Breakfast bleibt aus. Die Bedienung im teuren Hotel spricht kein English! Stefan bezahlt mit VISA.

Brastagi, an den Hot Springs, Coffee Shop Sitepu mit Sicht auf den Vulkan:
Wolken, Regen, 21.0296, 16:20 Uhr

 

Dann packen wir unsere Sachen zusammen: Wir können wegen der vielen Festivitäten in diesem Hotel nur zwei Nächte bleiben. Um 10:30 Uhr Check-Out und mit Minibus für 600 Rp. zum Monument. Einzug in das Hotel Toron Inn, direkt am Denkmal. Zwei Zimmer besichtigt. Wir nehmen Zimmer 16. Ein großes Bett, zwei Ratan-Stühle, ein runder Tisch, Asia-WC, keine Dusche, wenigstens keine europäische: Wenn man sich auf das WC stellt und sich die Schöpfkelle über den Kopf gießt (so wird das gemacht), hat das Zimmer Bad mit WC. Das Bett hat dicke Latten mit einer Futon-Auflage: Hart. Keine Bettwäsche, nur ein Laken und Kopfkissen. Wir haben Laken und Sleepy mit - das geht. Keine Heizung natürlich, Schloß in der Tür, vor den Fenstern Gardinen, die vor 10 Jahren neu und gewaschen waren. Ich wundere mich, daß nicht mehr Ungeziefer zu sehen ist. Stefan meint, daß wir nur nicht sehen, mit wem wir hier zusammen wohnen! Er hat gestern im Superhotel mit kühnem Schwung und seinem Schuh eine einheimische Kakerlake erschlagen. Tolle Leistung!

Gegen 11 Uhr gehen wir ins Travel-Büro gegenüber und erkundigen uns nach der Fährverbindung nach Malaysia. Wer werden erst in Medan (morgen) buchen. Dann chartern wir für 7.000 Rp. einen Minibus nach den Hot Springs am Sibayak. Wir handeln schlecht, die Schmerzgrenze liegt bei 4 bis 5.000 Rp., aber das wird uns zu spät klar. Um 12 Uhr sind wir bei den Hot Springs. Es ist eine große Badeanstalt, gefüllt mit vielen Chinesen. Hier gibt es ca. acht Becken, jeweils 30 bis 40 Quadratmeter. Alle sind voller Chinesen, von alten Oma bis zum Baby. Das Wasser ist heiß - wir haben ein Thermometer mit: Bis zu 48 Grad wird gemessen!

Brastagi, Asia Restaurant, 210296, 20:40 Uhr

 

 

Es ist bedeckt, die Sonne kommt nur manchmal durch. Gute Sicht auf den Vulkan und seinen Krater. Wir bleiben ca. 1 ½ Stunden im Wasser uns sind die Attraktion in unserm Becken. Scharen von Kindern umringen uns, hin- und hergerissen zwischen brennender Neugier und Scheuheit von den fremden weißen Riesen. Ein keckes Mädchen (10) wagt sich vor und fragt unsere Daten ab: Woher, wie ist der Name, wie alt. Nachdem die Mutter der 10 Kinder aus der Ferne schon mehrere Fotos von uns gemacht hat, schickt sie die Tochter vor: 'Können wir ein Foto alle zusammen machen?' Aber natürlich. ½ Stunde später hat Stefan plötzlich ein Baby im Arm und wir sind von vielen Kindern und Erwachsenen umringt: Attraction!

Es wird immer voller. Busse voller Chinesen rollen an. Durch die Badeanstalt läuft ein heißes Flüßchen. Rohre, unter die man sich setzen kann. Auf der Suche nach Ruhe und Sicht auf den Vulkan sehe ich, daß die Toiletten in diesem Flüßchen enden. Ich beschließe, draußen im Dorf ein ruhiges Plätzchen zu suchen. Stefan hat auch keine Lust mehr, er kommt mit. Wir sitzen gegen 14 Uhr im Coffee Shop Sitepu. Plastikstühle, Bretterbude, Well-Asbest, herrliche Sicht auf den Vulkan. Endlich Ruhe. Da kommt der Boy dieses Ladens in fließendem English auf uns zu und fragt nach Woher und Wohin und ob wir den Fußballverein SC Freiburg auch so lieben, wie er. Es entspinnt sich eine rege Diskussion. Inzwischen fängt es an leicht zu regnen, nach ein paar Minuten ist es ein tropischer Wolkenbruch. Wir müssen von der Veranda ins Innere der Hütte flüchten. Ein lauter Fernseher, rauchende Männer, durchsichtige Bretterwände. Nach einer guten ½ Stunde ist alles vorbei. Wir können wieder raus und werden jetzt auch in Ruhe gelassen. Es regnet, Vulkan in Wolkenfetzen. Einige Touri's kommen völlig durchnäßt aus dem Dschungel. Ich schreibe und gucke, Stefan liest sein Buch.

Gegen 16:30 Uhr beschließen wir zu gehen, weil wir Bedenken haben, wie lange noch Minibusse fahren. Im leichten Regen zur Haltestelle. Bedenken unbegründet. In der Badeanstalt ist noch jede Menge los. Mit Minibus für 2 x 600 Rp. nach Brastagi. Um 17:30 Uhr im Hotelzimmer: Kalt, ungemütlich, immer noch Regen. 20 Grad ist saukalt, wo sind meine dicken Socken? Wir machen erst mal einen Mittagsschlaf.

Um 19 Uhr zündet Stefan eine aus Germany mitgebrachte dicke Kerze an: Ein rotes Dauerlicht bringt Stimmung in die Szene. Das Zimmer wird richtig gemütlich und wir diskutieren über den Unterschied im Lebensstandard und wieviel bei uns entbehrlich wäre, wenn es sein müßte. Z.B. gibt es hier in der Regel offensichtlich keine Küchenausstattung in den 'Gaststätten'. Auf einem Kocher mit Gasflasche wird Padang-Food zubereitet und irgendwo wird auch mal abgewaschen. Man guckt lieber nicht genau hin! Gestern z.B. haben wir gemerkt, daß das Essen, was von den Gästen nicht gegessen wurde, aus den Tellern wieder in die Padang-Vorratstöpfe und -schüsseln zurück gefüllt wird, die hinter einer Glasscheibe zur Ansicht ausgestellt sind. Im Prinzip ein völlig richtiges Recycling, aber für mitteleuropäisches Verständnis eben völlig unannehmbar, wie vieles hier. Z.B. könnte ich mir nicht vorstellen, daß auch nur 10 % der public busses durch den TÜV kommen würden! Ähnlich würde die Staatliche Bauaufsicht bei allen Häusern hier reagieren. Die Treppe in unserem jetzigen Hotel ist ein Paradebeispiel: Ca. 10 Stufen, 10 x andere Maße!

Um 19:30 Uhr beschließen wir, zur Feier des Tages KEIN Padang-Food zu essen, sondern in das ASIA-Restaurant nebenan zu gehen. Nach unserem schlauen Buch 'Der teuerste Laden am Ort'. Ein riesiger Schuppen mit Minimalausstattung. Riesige runde Tische, an denen mehr als 10 Personen Platz haben. Leuchtstoffröhren an der nackten Wand. Stefan meint, das wäre wohl ursprünglich mal als Parkhaus gebaut worden. Unübersichtlich das Ende der Räume oben im Hintergrund. Wir sitzen oben am Fenster (dunkel natürlich) und merken erst später: Tisch Nr. 36 - Stefan meint, ein sehr gutes Omen. Dafür ist das Essen teuer und mäßig. Padang-Food hätten wir zu einem Drittel des Preises bekommen. Das Interessanteste sind die anderen Gäste: Vorwiegend Chinesen in Massen. An keinem der Tische sitzen wie bei uns nur zwei Personen. Vor uns ein Clan an zwei Tischen mit mehr als 20 Personen! Wer bezahlt das? Wir machen Fotos, essen, bezahlen und gehen.

 

 

In unserem Hotel mit Padang-Gaststätte nehmen wir noch Bier und Ginger-Tea. { Wir diskutieren mit dem Wirt, schäkern mit den Mädchen, die hier arbeiten. Sie wollen unbedingt mit uns fotografiert werden. Sie und wir fotografieren: Schöne Bilder von Vater und Sohn! } Inzwischen ist es Zeit, ins Bett zu gehen. Also machen wir es!

Brastagi, Toron Inn, 210296, 22:03

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EIN TAG
IN MEDAN

22. Februar 1996

 

 

Beim Tee im Toron Inn haben wir gestern abend wieder über Religion diskutiert. Ein junger Mann, ganz gut spricht er Deutsch, will uns eine Taxe nach Medan vermitteln. Wir fragen, woher die deutsche Sprache, was machst Du? Er sagt: 'Ich habe drei Träume: 1. Eine tolle Frau o.ä., 2. Reich zu werden und 3. Missionar zu werden!' Wir gucken erstaunt und die Diskussion ist eröffnet. Jesus ist sein Lord und keiner ist wie ER. Unser Einwand, daß man tolerant sein sollte und jede Religion für sich in Anspruch nimmt, die Wahrheit zu verkünden, wird nur zögernd akzeptiert. Mit solchen Leuten ist genau so wenig zu diskutieren wie z.B. mit Katholiken oder Juden in Deutschland. Sie sehen nur sich und nicht mehr, daß sie nicht allein auf dieser Welt sind. Was mich so beeindruckt ist, wie ungeheuer wichtig es für Leute ohne Bildung ist, einen Jenseits-Vision zu haben. Sie brauchen die Religion offensichtlich existentiell, um die Realität ertragen zu können. Der Sozialismus/Kommunismus ist zu rational, um diese Funktion zu übernehmen. Ihm fehlt die mystische Komponente und der Traum von Leben nach dem Tode. Was für gebildete Menschen seine größte Stärke ist - Die Vernunft des dialektische Materialismus - ist für das ungebildete Volk völlig ohne Wert!! Ein Aspekt der von Marx nicht erkannt wurde. Eine gesellschaftliche Utopie muß in erster Linie die Emotionen ansprechen, nicht den Verstand! Es lebe die Religion, je geheimnisvoller, unvernünftiger und exotischer, desto größer ist der Zulauf der Massen!

Jetzt ist Donnerstag, der 22. Februar 1996, es ist 16:25 Uhr und wir sitzen am Pool des Hotels Danau Toba in Medan. Palmen, gepflegte Anlagen, Staffs servieren Drinks in Coconuts, as you like, Hängematte, Badespaß, viele Kinder, dicke Chinesen, schöne Frauen. Ich habe eine Stunde Mittagsschlaf in den feinen Betten hinter mir. Stefan ist zum Pool in den Garten gegangen. Als ich runter kam, war er von drei Mädchen umringt, von denen zwei wirklich ausnehmend hübsch waren. Über ihre Profession war nichts zu erfahren, sie wohnen in Medan und nicht in diesem Hotel. Zwei von den dreien konnten English. Als klar war, daß wir sie nicht für einen oder mehrere Tage einladen wollten, verließen sie uns wieder. Gerade ist eine etwas ältere Dame bemüht, ihre junge und attraktive Mannschaft vom Regen in Sicherheit zu bringen.

Gegen 8 Uhr sind wir heute morgen vom Knüppeldamm mit Futon aufgestanden. Auf dem Laken bildete sich der Unterbau deutlich ab! Aber wir haben beide sehr gut geschlafen. Stefan hat keine Lust auf Frühstück, ich gehe ¼ Stunde auf dem Markt spazieren, esse drei Bananen. { In einem staatlichen Shop sehe ich eine 20 cm hohen Budda-Kopf aus schwarzem Holz. Herrlich, aber 220.000 Rp. = gute 100 US$, heute noch ärgere ich mich, daß ich dieses Stück nicht gekauft habe!! } Dann wird unser Zeug gepackt, wir gehen die Nacht bezahlen: 25.000 Rp. Zu teuer, aber wir hatten vorher keinen Preis ausgehandelt. Die Hälfte wäre angemessen gewesen. Aber mit unendlicher Freundlichkeit wir Dir hier das Geld abgenommen!

Wir stellen uns auf die Straße, nehmen nicht den ersten Bus nach Medan, sondern einen, wo auf der Rückbank noch zwei Plätze frei sind. 2.600 Rp. kostet die Fahrt. 40.000 Rp. wollte der Mann mit der Taxe. Diese Fahrt ist angenehm, denn unterwegs steigt kaum noch einer zu. Die Fahrt geht nur bergab (ca. 1000 m Höhendifferenz), vorbei an stark ausgeholztem Dschungel, Bananen, Palmen, wenig Reisfelder. Mir fällt wieder auf, wie entsetzlich die Häuser, die aus Brettern und Wellblech gebaut sind, die Landschaft verschandeln. Nur wenige Häuser haben noch Bambus-Wände und ein Dach aus Palmblättern. Gegen 10:30 Uhr steigen wir aus. Eh' wir es gemerkt haben, daß das noch nicht die Endstelle des Busses ist, ist er schon weiter gefahren. Mit Geld kein Problem: Viele wollen uns mit der Taxe oder dem Minibus hinfahren, wohin wir wollen! Erst sollten es 20.000 Rp. zur Ship-Company kosten (Taxe). Nach langer, zäher Verhandlung fahren wir fast 30 Minuten mit Minibus für 7.000 Rp. Alle freuen sich wie die Schneider und finden uns toll, als wir unser letztes Angebot von 6.000 auf 7.000 Rp aufstocken! Mit AMEX kaufen wir eine Schiffspassage nach Penang (George Town). Morgen um 7 Uhr müssen wir wieder hier sein, dann geht der Transferbus zum Hafen hier ab.

Wo ist das nächste, beste und billigste Hotel? Unser schlaues Buch verzeichnet nur Bruchbuden. Deshalb entscheiden wir uns für Danau Toba, es liegt in der Nähe. Wir chartern eine Motor-Rikscha und fahren für 2.000 Rp. mit unserem Gepäck direkt vor das Hotel. Ein wilder Verkehr in Medan, mehr oder weniger links! Im Hotel nehmen wir ein Standard-Double: 86.000 Rp, Badewanne, zwei herrliche Betten, TV, Videoplayer, Klima, ein pompöser Schreibtisch auf einem Podest - wie in Arabien. Duschen und Rasieren - welche Wonne! Dann Orientierung: Es ist 12 Uhr. Was machen wir mit diesem Tag? Mittagsschlaf und am Pool, am Abend in die Stadt. Vorher aber muß das Frühstück nachgeholt werden. Wir gehen in die 'Café Terrassen' und essen sehr gut indonesisch (ich Fisch, sehr 'hot', viel Curry) für 45.000 Rp. - das teuerste Mittagessen bisher - 15 DM pro Person! Jetzt ist es 17:40 Uhr und ich habe ein großes Erlebnis hinter mir: Schwarzwälder-Kirsch-Torte mit einem ordentlichen, sehr starken Kaffee - und das unter Palmen mit tropischem Sturm und Regen auf einer überdachten Terrasse mit Sicht auf den immer noch belebten Pool. Manche Visionen werden eben doch Reality!! Stefan genießt einen riesigen Eisbecher und ist in sein Buch vertieft und nicht in die Mädchen, die im Hintergrund immer noch auf einen Wink von uns warten.

Medan, Danau Toba, 220296, 17:45 Uhr

 

Gegen 18 Uhr wollen wir einen Rundgang durch die Stadt machen. Wir gehen zu Fuß zur Jl.J.A.Yani. Starker Verkehr in der Dämmerung, lebensgefährlich, die Straße zu überqueren. Fast alle Läden haben schon geschlossen um diese Zeit! Wir haben uns schon gewundert, im Hotel war um 17 Uhr keine Briefmarke mehr aufzutreiben: 'Tomorrow, Mister!' Die Hauptstraßen der Stadt voller Verkehr, aber alle Läden zu. Die Gaststätten haben auf. Wir gehen in einen der wenigen offen Läden, um nach einer Briefmarke zu fragen. Es ist eine Apotheke. Ein freundlicher Herr zieht uns sofort in ein Gespräch, sein Sohn (gerade 12. Klasse) soll in Deutschland Architektur oder Chemie studieren. Wir diskutieren die Modalitäten, tauschen die Visitenkarten und erhalten die erforderlichen 600 Rp. in Briefmarken: Geschenkt. Wirklich freundliche Leute. Aber auf der Straße, auf der es jetzt dunkel ist: Finstere Gestalten, Obdachlose, die aussehen, wie man sich indische Fakire vor 50 Jahren vorgestellt hat. Wir gehen in unser Hotel zurück und lassen in Brastagi nachfragen, ob ein Fax aus Germany angekommen ist: Nein.

Im Zimmer sehen wir CNN News - außer Schnee nicht los in Europa. Wir entscheiden uns, mit Mietauto an die Ostküste von Malaysia zu fahren. Erst mal eine Durchquerung von West nach Ost und dann Bade- und Schnorchelurlaub auf einer der Inseln vor der Ostküste, { die Westküste ist durch Industrialisierung wesentlich stärker betroffen, als die Ostküste } . Morgen geht's los! Jetzt machen wir noch einen Rundgang durch die Bars und Diskotheken des Hotels, dann müssen wir ins Bett, denn um 5:30 Uhr haben wir den Weckruf bestellt.

Medan, Danau Toba, 220296, 21 Uhr

 

 

 

Jürgen Albrecht
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